Verfahrensgang
LG Itzehoe (Aktenzeichen 5 HKO 73/18) |
Tenor
Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 21.12.2018, Az. 5 HKO 73/18, teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst:
I. Der Verfügungsbeklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 2 Jahren verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs das Produkt mit dem Handelsnamen GeloMyrtol forte mit den folgenden Aussagen zu bewerben und/oder bewerben zu lassen:
1. "Schnell wieder Luft bei Husten, Schnupfen, Druckkopfschmerz",
sofern dies geschieht wie aus den Anlagen ASt 8, ASt 9 und Ast 10 (angefügt, wie auch alle anderen in Bezug genommenen Anlagen, am Ende des Tenors) ersichtlich
und/oder
2. "GeloMyrtol forte ist die effektive pflanzliche Hilfe bei Schnupfen, Sinusitis, Husten und Bronchitis",
sofern dies geschieht wie aus der Anlage ASt 11 ersichtlich
und/oder
3. "Die Ursache von Schnupfen, nämlich die Infektion mit Viren, lässt sich nicht beheben. Die Behandlung dient in erster Linie dazu, die Symptome zu lindern und so den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Hierbei hat sich das Phytoharmakon (pflanzliches Arzneimittel) GeloMyrtol forte bewährt",
sofern dies geschieht wie aus Anlage ASt 12 ersichtlich
und/oder
4. "Es bekämpft die Entzündung und die häufigsten bakteriellen Krankheitserreger in den Atemwegen",
sofern dies geschieht wie aus der Anlage ASt 22 ersichtlich
und/oder
5. "Spasmolytisch - wirkt krampflösend auf die feine Muskulatur der Bronchien",
sofern dies geschieht wie aus der Anlage ASt 31 ersichtlich
und/oder
6. "Löst den Schleim in den Bronchien, wirkt krampflösend und wirkt entzündungshemmend",
sofern dies geschieht wie aus der Anlage ASt 32 ersichtlich
und/oder
7. "Antioxidativ - fängt freie Radikale und schützt so das Gewebe",
sofern dies geschieht wie aus der Anlage ASt 33 ersichtlich
und/oder
8. "Seine umfangreiche Wirkung sorgt schnell und zuverlässig für freie Bronchien und Nasennebenhöhlen, weniger Husten und eine deutliche Verbesserung des Allgemeinbefindens",
sofern dies geschieht wie aus der Anlage ASt 34 ersichtlich
und/oder
9. "Bei Bronchitis und Sinusitis sorgt der pflanzliche Schleimlöser GeloMyrtol forte für eine schnelle Symptomlinderung",
sofern dies geschieht wie aus der Anlage ASt 35 ersichtlich
und/oder
10. "GeloMyrtol forte befreit die Atemwege spürbar ab der ersten Kapsel",
sofern dies geschieht wie aus der Anlage ASt 43 ersichtlich
und/oder
11. "Schon ab der ersten Kapsel entfaltet sich die Wirkung des Spezialdestillats ätherischer Öle",
sofern dies geschieht wie aus der Anlage ASt 44 ersichtlich.
Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Verfügungskläger 30 % und die Verfügungsbeklagte 70 %.
III. Das Urteil ist vollstreckbar.
Gründe
I. Der Verfügungskläger ist ein Verein, dessen Zweck es unter anderem ist, den unlauteren Wettbewerb in allen Erscheinungsformen im Zusammenwirken mit Behörden und Gerichten zu bekämpfen. Die Verfügungsbeklagte stellt Arzneimittel her und vertreibt diese. Gegenstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens sind 30 Werbeaussagen der Verfügungsbeklagten bezüglich des Arzneimittels "GeloMyrtol forte", die diese auf Ihrer Firmenhomepage, auf einer extra dafür eingerichteten Produkte-Homepage ("Microsite") und in Zeitungen/Zeitschriften geschaltet hat.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat das Landgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, 3, 3 a und 5 UWG i. V. m. § 3, 3a HWG bestehe nicht. Der Verfügungskläger habe nicht gegen das Werbeverbot des § 3 a HWG verstoßen. Bei den beanstandeten Werbeaussagen "entzündungshemmend", "antibakterielle/antimikrobielle Wirkung", "spasmolytische/krampflösende Wirkung", "antioxidative Wirkung", "schnelle Wirkung" und "spürbar ab der ersten Kapsel" handele es sich nicht um Anwendungsgebiete, sondern um Wirkungen des Arzneimittels, sodass der Schutzbereich von § 3 a HWG nicht eröffnet sei. Die Werbeaussage "Schnupfen" entspreche der in der Fachinformation genannten Rhinosinusitis, sodass mit einem behördlich zugelassenen Anwendungsgebiet geworben werde. Der nicht näher spezifizierte Terminus "Sinusitis" umfasse ausdrücklich alle Formen, also auch die chronische Sinusitis. Es läge auch kein Verstoß gegen das Irreführungsverbot des § 3 HWG vor. Ohne Erfolg rüge der Verfügungskläger, dass die beanstandeten Werbeaussagen nicht hinreichend wissenschaftlich gesichert seien. Die vom Verfügungskläger angegriffenen Werbeaussagen entsprächen dem Wortsinn nach inhaltlich den in der Zulassung und der Fachinformation des Arzneimittels festgehaltenen Angaben. "Schnupfen" sei keine Wirkung eines Arzneimittels, sodass ein Verstoß gegen § 3 HWG von vornherein nicht in Betracht komme. ...