Entscheidungsstichwort (Thema)
Ein Verbraucher hat wegen einer im Zahlungsplan eines BGB-Bauvertrags nicht vorgesehenen Sicherheitenleistung gem. § 632 a Abs. 3 BGB a.F. einen Schadensersatzanspruch gegen den Bauunternehmer in Form einer nachträglichen Sicherheitengestellung in Höhe von 5% der vereinbarten Werkvergütung.
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Verbraucher, in dessen BGB-Bauvertrag im Rahmen allgemeiner Geschäftsbedingungen (vorzeitige) Abschlagszahlungen vereinbart werden sollten, hatte gem. § 632 a Abs. 3 BGB a.F. bzw. hat heute gem. § 650 m Abs. 2 BGB einen gesetzlichen Anspruch auf eine Vertragserfüllungssicherheit in Höhe von 5 % der gesamten vereinbarten Vergütung.
2. Sieht ein Zahlungsplan in einem BGB-Bauvertrag Abschlagszahlungen nach Baufortschritt, aber keine Sicherheitengestellung vor, ist ein solcher Zahlungsplan gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam (BGH, Urteil v. 08.11.2012 - VII ZR 191/12).
3. Die Klausel ist darüber hinaus auch nach § 309 Nr. 3 BGB unwirksam, da sie dem Verbraucher auch die Befugnis nimmt, mit einer ihm zustehenden Forderung gegenüber dem Bauunternehmer aufzurechnen und damit den Restvergütungsanspruch zum Erlöschen zu bringen. Außerdem werden auch seine Leistungsverweigerungsrechte aus § 320 BGB unterlaufen, so dass die Klausel auch gem. § 309 Nr. 2 BGB unwirksam ist.
4. Dem Vortrag des Bauunternehmers, dass die wegen nachträglicher Eigenleistungen erfolgte vertragliche Abänderung im Hinblick auf die Höhe der Abschlagszahlungen eine individuelle Vereinbarung darstelle, ist nicht zu folgen, da die "alte" Regelung lediglich rechnerisch abwandelt wurde. Insbesondere wurde die in § 632a Abs. 3 BGB a.F. zwingend vorgesehene Sicherheitengestellung zwischen den Parteien auch im Rahmen der nachträglichen Änderung weder vorgesehen noch individuell abbedungen (vgl. zum "Kerngehalt" einer AGB-Klausel: BGH, Urteil v. 07.03.2013 (VII ZR 162/12).
5. Die in der Vereinbarung einer unwirksamen AGB-Klausel über Abschlagszahlungen liegende Pflichtverletzung iSv § 241 Abs. 2 BGB hat der Bauunternehmer gegenüber dem Verbraucher auch zu vertreten, sei es in Form von Fahrlässigkeit oder Vorsatz.
6. In der Rechtsfolge ist ein Unternehmer, der seinen Kunden Bedingungen stellt, die diese im Sinne der §§ 305ff. BGB unangemessen benachteiligen, gem. § 280 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Der Schaden für den Verbraucher liegt hier darin, dass er durch die vorzeitige vollständige Zahlung der gesamten Werkvergütung entgegen § 632 a Abs. 3 BGB a.F. ohne Sicherheitsleistung seitens des Bauunternehmers aufgrund der unwirksamen Zahlungsregelung im BGB-Bauvertrag ein Druckmittel verloren hat, mit dem er noch auf den Bauunternehmer einwirken könnte, fehlende oder nicht ordnungsgemäße Leistungen zügig und vollständig zu erbringen.
7. Die gesetzliche Wertung des § 632 a Abs. 3 BGB a.F. führt aber nicht dazu, dass der Verbraucher seine ohne Erfüllungssicherheit geleisteten Abschlagszahlungen in Höhe von 5 % direkt als Zahlung(en) zurückverlangen kann. Denn dann würde er mehr erhalten, als ihm nach § 632 a Abs. 3 BGB a.F. zusteht, der lediglich eine Sicherheitenleistung des Unternehmers vorsieht. In welcher Form die Sicherheit zu stellen ist, obliegt allein der Auswahl des Unternehmers (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 80. Aufl., § 650 m Rdnr. 3). Die Sicherheit kann nach Wahl des Unternehmers entweder gem. § 232 BGB, durch Einbehalt des Verbrauchers oder durch Garantie oder ein sonstiges Zahlungsversprechen eines in Deutschland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder Kreditversicherers geleistet werden (vgl. § 632 a Abs. 3 und 4 BGB a.F.). Dieses Wahlrecht, wie die Sicherheit zu leisten ist, muss der Beklagten auch bei einer nachträglichen Sicherheitengewährung erhalten bleiben. Damit kann der Verbraucher im Zuge der Rückabwicklung der Leistungen maximal eine Verurteilung des Bauunternehmers erlangen, wie ihn die Klägerin hier in ihrem Hilfsantrag zu 1) geltend gemacht hat, nämlich in Form einer Sicherheitengestellung in Höhe von 5 % der vereinbarten Werkvergütung.
Normenkette
BGB §§ 232, 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, §§ 305, 307 Abs. 1
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 06.11.2020, Az. 2 O 88/17, - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - dahin abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, der Klägerin für die rechtzeitige Herstellung des Einfamilienhauses in S. ohne wesentliche Mängel eine Sicherheit in Höhe von 19.900,00 EUR zu leisten, und zwar nach Wahl der Beklagten gem. den §§ 232 ff. BGB, gem. § 632a Abs. 4 BGB a.F., oder durch Einbehalt dergestalt, dass die Klägerin den Betrag aus den geleisteten Abschlagszahlungen zurückerhält.
Die Beklagte wird außerdem verurteilt, der Klägerin eine Nebenforderung in Höhe von 1.171,67 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf bis zu 22.000,00 EUR (19.900,00 EU...