Normenkette

HGB § 171

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Urteil vom 18.11.2022; Aktenzeichen 7 O 31/22)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 18. November 2022 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.500 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Mai 2021 zu zahlen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der X GmbH & Co. Containerschiff KG (im Folgenden: Schuldnerin) den Beklagten als Kommanditisten wegen der Herabminderung seines Kapitalkontos unter die Hafteinlage auf Rückzahlung von Ausschüttungen in Anspruch.

Die Schuldnerin wurde im Jahr 2002 errichtet. Geschäftsgegenstand waren der Erwerb und Betrieb eines Containerschiffs. Der Beklagte ist als Kommanditist der Schuldnerin mit einer Einlage von 50.000 EUR im Handelsregister eingetragen.

In den Jahren 2004 bis 2008 erhielt der Beklagte von der Schuldnerin auf sein Kapitalkonto verrechnete Entnahmen in Höhe von insgesamt 28.000 EUR. Auf die erhaltenen Ausschüttungen leistete der Beklagte Wiedereinlagen in Gestalt eines Sanierungsbetrages in Höhe von 17.500 EUR.

Nach den zu den Gerichtsakten in Auszügen gereichten Jahresabschlüssen schrieb die Schuldnerin in den Jahren 2002 bis 2005 Verluste:

- 500 EUR (2002), - 3.038.093,41 EUR (2003), - 1.545.688,30 EUR (2004), - 319.303,51 EUR (2005);

in den Jahren 2006 bis 2009 Gewinne:

308.883,60 EUR (2006), 1.544.437,19 EUR (2007), 411.928,01 EUR (2008), 150.626,39 EUR (2009);

und in den Jahren 2010 bis 2016 durchgehend Verluste:

- 459.031,46 EUR (2010), - 1.372.265,74 EUR (2011), - 2.535.961,27 EUR (2012), - 2.927.473,76 EUR (2013), - 1.865.434,85 EUR (2014), - 1.365.498,76 EUR (2015), - 352.082,68 EUR (2016).

Die Schuldnerin hatte ihren Sitz zunächst in Hamburg. Durch Gesellschafterbeschluss vom 30. Dezember 2015 verlegte sie den Sitz nach Quickborn.

Am 10. April 2017 eröffnete das Amtsgericht Pinneberg das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter.

Zu den weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 10.500 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29. Mai 2021 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Itzehoe gerügt. Örtlich zuständig sei nach § 12 ZPO das Landgericht Kassel am allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten. Er hat mit Nichtwissen bestritten, dass die Schuldnerin in den Jahren 2002 bis 2005 Verluste in der vom Kläger behaupteten Höhe erlitten habe und sein Kapitalanteil aufgrund dessen zum jeweiligen Zeitpunkt der Ausschüttungen unter den Betrag der Haftsumme herabgemindert gewesen sei. Er hat weiterhin bestritten, dass Insolvenzforderungen gegen die Kommanditgesellschaft in einer Höhe bestehen würden, die angesichts der Rückzahlungen durch die weiteren Kommanditisten seine Inanspruchnahme noch erforderlich machen würden. Zudem hafte er nicht für gesellschaftsinterne Forderungen wie eine Beiratsvergütung, eine Treuhandvergütung und ein Bereederungsentgelt einer ehemaligen Mitgesellschafterin. Auch hafte er nicht für Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 InsO wie den Gewerbesteuerforderungen und den hierauf zu zahlenden Säumniszuschlägen. Es sei eine Rückforderung der Ausschüttungsbeträge wegen des Gutglaubensschutzes nach § 172 Abs. 5 HGB ausgeschlossen. Er sei aufgrund der Informationen durch die Schuldnerin davon ausgegangen, dass jedenfalls die Ausschüttungen in den Jahren 2006 bis 2008 auf einem positiven betrieblichen Ergebnis beruhen würden. Er ist der Auffassung, nicht für Masseverbindlichkeiten zu haften.

Mit Urteil vom 18. November 2022 hat das Landgericht Itzehoe die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass zwar für einen Teil der Insolvenzforderungen eine örtliche Zuständigkeit nach § 29 Abs. 1 ZPO beim Landgericht Itzehoe bestehe, im Übrigen bestehe aber keine örtliche Zuständigkeit. Der Insolvenzverwalter habe daher für eine hinreichende Bestimmtheit des Streitgegenstandes konkret anzugeben, welche Teile der Forderungsgesamtheit, auf die er sich stütze, in welcher Reihenfolge streitgegenständlich und damit dem angerufenen Gericht zur Prüfung unterbreitet sein sollen. Denn der Kläger mache prozessual als Prozessstandschafter sämtlicher Insolvenz- und einzelner Massegläubiger eine Vielzahl von Ansprüchen im Wege ob...

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