Leitsatz (amtlich)
Leistungsausschluss aufgrund grober Fahrlässigkeit nach § 61 VVG a.F. bei der Verwendung eines Gasbrenners zu Bauarbeiten im privaten Bereich.
Normenkette
VVG a.F. § 61
Verfahrensgang
LG Flensburg (Urteil vom 29.02.2008; Aktenzeichen 4 O 204/06) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 29.2.2008 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Flensburg wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsrechtszuges trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der jetzt 71-jährige Kläger wollte zusammen mit seinem Schwiegersohn in spe am Samstag, den 2.7.2005 das rückwärtig seines Gaststätten- und Wohngebäudes gelegene Flachdach mit Bitumenbahnen neu abdichten. Dabei verwendeten sie zum Erhitzen der Klebeschicht der Bahnen einen im Baumarkt neu erworbenen, 88 cm langen Gasbrenner "..." (Lichtbilder Anlage B9, Bl. 156 ff.). Die Gebrauchsanweisung (Bl. 159 ff.), aus der sich ergibt, dass der Brenner Flammentemperaturen bis 2000 ± °C zu erzeugen vermag, der Betrieb nur weit entfernt von brennbaren Stoffen oder fettigen Materialien erfolgen solle und fettfreie Schutzkleidung zu tragen sei, hatte er sich nicht durchgelesen und war ihm eingeräumtermaßen auch nicht etwa aus anderen Gründen geläufig. Als die beiden - streitig, ob bereits während der Bearbeitung der zweiten Bitumenbahn oder (so der Kläger) fünfzehn Minuten nach Abschluss der Arbeiten für diesen Tag - Brandgeruch bemerkten, war ein Löschen des unterdes ausgebrochenen Brandes schon nicht mehr möglich, da sich das Feuer in den unter dem angrenzenden Dachstuhl gelegenen Räumlichkeiten der Tochter bereits zu weit ausgebreitet hatte. Das Gebäude brannte weitgehend ab.
Der Beklagte, bei dem das Gebäude unter Einschluss der VGB 98 versichert war, ging nach Einholung eines Gutachtens zur Brandursache des Herrn P vom 10.7.2005 (Anlage K 1, Bl. 17 ff., das offen lässt, ob der Brand auf einer Entzündung einer Bitumenbahn oder der ungeschützten Holzlatten des Dachstuhls beruhte) von einer grob fahrlässigen Herbeiführung aus. Er zahlte in der Folgezeit an die Realkreditgeberin des Klägers, die F-Bank e. G., gegen Abtretung der Realrechte eine Entschädigung von 183.505,70 EUR.
Das LG hat die Klage auf Zahlung von 240.944,79 EUR (angeblicher Zeitwertschaden abzgl. Leistung des Beklagten an die Realkreditgeberin) und Feststellung der Leistungspflicht auf die Neuwertspitze im Wiederherstellungsfall (angeblich 147.856,76 EUR) sowie Feststellung der Leistungspflicht auf Mietausfallentschädigung i.H.v. monatlichen 2.197,92 EUR bis zum Zeitpunkt der Zahlung von Zeitwertschaden und Neuwertspitze abgewiesen und der Widerklage auf Erstattung des von dem Beklagten an die Realkreditgeberin geleisteten Entschädigungsbetrags stattgegeben. Es hat gemeint, der Kläger habe den Versicherungsfall i.S.v. § 61 VVG grob fahrlässig herbeigeführt. Es könne dahin stehen, ob der Kläger zunächst das Bitumenmaterial oder die Holzlatten entflammt habe. Jedenfalls sei er zu nahe an das - am Flachdachrand montierte - Blech und an den Dachstuhl gekommen. Er habe allenfalls 60 cm von den Latten entfernt gearbeitet und dabei nach seiner Einlassung im Termin den Brenner geschwenkt, ohne sich ungeachtet seiner Unerfahrenheit vorher mit der Gebrauchsanleitung vertraut zu machen. Auch ohnedies habe sich ihm aufdrängen müssen, dass er brennbare Materialien, von denen er als Gebäudeeigentümer Kenntnis gehabt haben müsse, hätte abdecken oder jedenfalls die leichtentzündlichen Bereiche hätte überprüfen müssen.
Die Berufung rügt, das LG habe den genauen Hergang des Brandes nicht offen lassen dürfen. Da Leistungsfreiheit nur infolge grob fahrlässiger Risikoverwirklichung entstehe, müsse geklärt werden, welche konkret vorzuwerfende Verhaltensweise dazu geführt habe. Daher habe das LG auch feststellen müssen, bei welcher Temperatur sich Bitumen entzünde; die Annahme, der Brenner sei 1000 bis 2000 Grad Celsius heiß gewesen, sei ungedeckt; für das Erwärmen des Bitumens hätten auch 70 Grad ausgereicht. Auch zum Abstand der Flamme zum Blech habe das LG keine Feststellungen getroffen. Unrichtig sei das LG davon ausgegangen, dass die Bitumenbahnen bis zum oberen Rand des Blechs geklebt worden seien. Die Dachlatte sei von dem Blech mindestens 80 cm entfernt gewesen. Insgesamt lasse sich daher nicht positiv feststellen, dass eine zu große Nähe zum Dachstuhl den Brand ausgelöst habe.
Die mangelnde Lektüre der Gebrauchsanweisung könne dem Kläger nicht ohne weiteres vorgehalten werden. Soweit sich daraus eine hohe Temperatur ergebe, komme es darauf nicht an, wenn, wie hier, nicht in unmittelbarer Nähe zu Brennbarem gearbeitet werde.
Das LG habe nicht gebührend berücksichtigt, dass der Sorgfaltsmaßstab nach dem konkreten Verkehrskr...