Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmtheit der Betriebskostenüberwälzung bei Gewerberaummiete
Leitsatz (amtlich)
Auch in einem Gewerberaummietverhältnis bedarf die Umlage von Betriebskosten auf den Mieter einer inhaltlich bestimmten und eindeutigen Vereinbarung, wobei Unklarheiten zu Lasten des Vermieters gehen.
Normenkette
BGB §§ 133, 157; BVO 2 § 27; MietHöReglG § 4; BetrKV § 2
Verfahrensgang
LG Kiel (Urteil vom 05.01.2011; Aktenzeichen 11 O 259/10) |
Tenor
1) Unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin wird das am 5.1.2011 verkündete Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des LG Kiel auf die Berufung der Beklagten hin geändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2) Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die klagende Vermieterin begehrt von der beklagten Mieterin für das Jahr 2009 die Bezahlung von Grundsteuer, Sturmschadenversicherung und Haftpflichtversicherung aus ihrer Nebenkostenabrechnung vom 12.1.2010 (Bl. 30 d.A.). Die Parteien sind durch ein Gewerbemietverhältnis ... verbunden, in dem die Beklagte einen Supermarkt betreibt. In dem zwischen den Parteien geltenden Mietvertrag ... heißt es u.a.:
" 6. Nebenkosten
6.1 Nebenabgaben und Kosten, die mit dem Betrieb des Mietgegenstandes zusammenhängen, trägt die Mieterin und führt sie direkt ab. Es sind dies insbesondere
- Stromkosten
- Heizungskosten einschließlich Wartung
- Wasserversorgung
- Müllabfuhr
- Straßenreinigung
- Entwässerung
- Gartenpflege
- Schornsteinreinigung
- Hausmeister
- Räum-, Streu- und Sicherungspflicht sowie deren Kosten
- Wartungskosten für Feuerlöscher und Sicherheitsbeleuchtung
(sofern diese erforderlich wird) und die sonstige Haustechnik.
Die Mieterin schließt eine Betriebshaftpflichtversicherung auf eigene Rechnung ab. Der Abschluss ist der Vermieterin nachzuweisen ..."
Die Beklagte beglich die Nebenkostenabrechnung der Klägerin vom 12.1.2010 (Bl. 30 d.A., Bl. 38 d.A.) für das Jahr 2009 bis auf einen Betrag von 8.867,06 EUR, der für ... gezahlte Grundsteuer zzgl. 19 % Mehrwertsteuer, Sturmschadenversicherung und Haftpflichtversicherung verlangt wird. Für diese Positionen werden Betriebskosten gegenüber der Beklagten erstmals mit der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2009 geltend gemacht. Das LG hat die Beklagte unter Abweisung der weiter gehenden Klage zur Zahlung von 4.099,40 EUR verurteilt und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die zulässige Klage habe zum Teil Erfolg. Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch i.H.v. 4.099,40 EUR für die Kosten der Sturmschaden- und Feuerversicherung zu. Zwar sei diese Position unter den Nebenkosten in Ziff. 6.1 des Mietvertrages nicht ausdrücklich erwähnt. Die Aufzählung in Ziff. 6.1 des Mietvertrages sei jedoch nicht abschließend, wie sich aus der Formulierung "insbesondere" ergebe. Die Sturmschaden- und Feuerversicherung sei eine Nebenabgabe, die mit dem Betrieb des Mietgegenstandes zusammenhänge. Zum einen sei das Feuerrisiko durch den Betrieb des Marktes deutlich erhöht, zum anderen sei eine Sturmschaden- und Feuerversicherung auch im Interesse der Beklagten, um im Falle eines Sturm- oder Feuerschadens die Fortführung des Betriebes durch eine schnelle Reparatur zu gewährleisten.
Soweit die Klägerin darüber hinaus Grundsteuer und die Kosten für eine Haftpflichtversicherung verlange, stehe ihr kein Anspruch zu. Eine eventuelle Haftpflichtversicherung, soweit sie mit dem Betrieb des Mietgegenstandes zusammenhänge, sei auf Seiten der Klägerin nicht erforderlich, da ausweislich des Mietvertrages die Beklagte selbst für den Abschluss einer Betriebshaftpflicht zu sorgen habe und dieser Verpflichtung auch nachgekommen sei. Bei der Grundsteuer handele es sich um Kosten, die ebenfalls nicht mit dem Betrieb des Mietgegenstandes zusammenhingen.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit im Wesentlichen den folgenden Berufungsangriffen:
Rechtsirrig habe das LG angenommen, dass der Klägerin ein Zahlungsanspruch i.H.v. 4.099,40 EUR für die Kosten der Sturmschaden- und Feuerversicherung zustehe.
Zur wirksamen Übertragung der Nebenkosten auf den Mieter sei nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Abrede erforderlich, aus der ausdrücklich, unmissverständlich und eindeutig zu entnehmen sei, welche Nebenkosten dem Mieter überbürdet würden, wobei entsprechende Vereinbarungen eng auszulegen seien. Es könne gerade nicht wie hier vom LG Kiel argumentiert werden, die Sturmschadenversicherung hänge mit dem Betrieb des Mietgegenstandes zusammen und sei auch im Interesse der Beklagten, um hiermit eine wirksame Umlagevereinbarung zu begründen. Heiße es im Mietvertrag, dass der Mieter "sämtliche" Nebenkosten zu tragen habe und seien nur einige Nebenkosten hinter dem Wort "insbesondere" oder vor dem Wort "etc." oder u.a." beispielhaft genannt, so seien nach der zutreffenden Rechtsprechung nur die genannten Positionen umlagefähig ... Verkannt habe das LG auch die jahrelange Übung der Parteien seit Beginn des Mietverhältnisses im Jahr 1978, wonach die Umla...