Leitsatz (amtlich)
Verweigert der Auftraggeber nach Gestellung einer Bürgschaft als Austauschsicherheit gemäss § 17 VOB/B vertragswidrig die alsbaldige Barauszahlung eines Sicherheitseinbehalts, so befreit ihn dies nicht von seiner Zahlungsverpflichtung. Der Auftragnehmer kann weiter Zahlung und nicht nur Herausgabe der Bürgschaftsurkunde verlangen.
Orientierungssatz
Gestellung einer Bürgschaft als Austauschsicherheit; Zahlungsweigerung des Auftraggebers.
Normenkette
VOB/B § 17 Nr. 3
Beteiligte
Rechtsanwälte Dr. Tischler, Dr. Carstensen, Dr. Schulz und Dr. Punke |
Rechtsanwälte Dr. Elsner, Zarnekow, Soblik, Dr. Wolter, Rüping und Dr. Hansen |
Verfahrensgang
LG Kiel (Aktenzeichen 4 O 94/99) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 25. November 1999 verkündete Teil-Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Zahlung von 18.050,96 DM nebst 4 % Jahreszinsen seit dem 26. August 1999 zu erfolgen hat auf das in den Bürgschaftsurkunden vom 19. Februar 1999 erwähnte Konto Nr. bei der K (BLZ), lautend auf die Firma, Heikendorf.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird gestattet, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 22.000,00 DM abzuwenden, es sei denn, der Kläger leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.
Der Wert der Beschwer des Beklagten beträgt 18.050,96 DM.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger, Inhaber eines Fachbetriebes für Dachdeckerei, Bauklempnerei und Fassadenbau, macht aus sechs Schlussrechnungen Zahlungsansprüche aus Werkverträgen geltend. Ferner begehrt er Auszahlung eines vom Beklagten vorgenommenen Gewährleistungseinbehalts von insgesamt 18.050,96 DM. Dieser Anspruch ist Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens gegen das Teil-Urteil des Landgerichts vom 25. November 1999.
Nach Ziffer 3 Abs. 2 der zwischen den Parteien geschlossenen Verträge kann „nach mängelfreier Abnahme bzw. nach Beseitigung der Mängel die Gewährleistungssumme durch eine unbefristete Bankbürgschaft abgelöst werden.” In den Verträgen ist die Geltung der VOB vereinbart worden. – Am 13. August 1999 ließ der Kläger dem Beklagten zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten über sämtliche Gewährleistungseinbehalte Bürgschaftsurkunden aushändigen unter Fristsetzung zur Auszahlung der einbehaltenen Beträge bis zum 25. August 1999. Mit Schreiben vom 27. September 1999 lehnte der Beklagte die Auszahlung ab.
Der Kläger hat behauptet, seine Arbeiten „mängelfrei” erbracht zu haben.
Er hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 90.619,90 DM nebst 4 % Zinsen auf 72.640,94 DM seit dem 23. Januar 1999 und auf weitere 18.050,96 DM seit dem 26. August 1999 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat hinsichtlich einzelner Bauvorhaben eine Auftragserteilung bestritten und im übrigen geltend gemacht, die Arbeiten des Klägers seien mängelbehaftet. Wegen dieser Mängel, deren Beseitigung mindestens 25.000,00 DM kosten werde, mache er ein Zurückbehaltungsrecht geltend. Er sei lediglich zur Rückgabe der Bürgschaften, nicht aber zur Auszahlung der Gewährleistungseinbehalte bereit.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Teil-Urteils einschließlich der darin enthaltenen Verweisungen Bezug genommen.
Das Landgericht hat durch das angefochtene Teil-Urteil den Beklagten zur Auszahlung der einbehaltenen Gewährleistungsbeträge verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Anspruch ergebe sich aus § 631 Abs. 1 BGB und aus Ziffer 3 Abs. 2 der zwischen den Parteien schriftlich getroffenen Vereinbarungen, und zwar hinsichtlich des ersten und dritten Bauabschnitts des Bauvorhabens Rendsburger Landstraße unmittelbar, da der Beklagte selbst diese Verträge unterzeichnet habe, hinsichtlich der Arbeiten an dem Bauvorhaben A i.V. mit § 164 BGB, da die unterzeichnenden Architekten ausdrücklich zum Vertragsabschluss bevollmächtigt gewesen seien und eventuell entgegenstehende Weisungen des Beklagten lediglich dessen Innenverhältnis zu den Architekten beträfen. Die Forderungen des Klägers aus seinen Schlussrechnungen vom 09. November 1998 seien auch sämtlich fällig, denn entgegen der Ansicht des Beklagten seien die Leistungen für beide Bauvorhaben abgenommen worden. Die Voraussetzungen für den Austausch der Gewährleistungssumme gegen Bankbürgschaften gemäß Ziff. 3 Abs. 2 der abgeschlossenen Verträge lägen demnach vor. Der Auftraggeber sei „nach mängelfreier Abnahme bzw. nach Beseitigung der Mängel” zur Ablösung des Gewährleistungsbetrages berechtigt, wobei „Beseitigung der Mängel” nur die Behebung derbei Abnahme festgestellten Mängel bedeuten könne, da ein Auftreten von Mängel „nach mängelfreier Abnahme” die Austauschmöglichkeit nach dem Wortlaut der Bestimmung nicht hindere. Vorliegend stehe zudem nur ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten wegen von ihm selbst geschätzter Mängelbeseitigungskosten von ca. 25.000...