Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerbsobliegenheit einer drei Kindern unterhaltspflichtigen Frau

 

Leitsatz (amtlich)

Die gesteigerte Erwerbsobliegenheit einer Frau, die ihren drei bei dem geschiedenen Ehemann lebenden Kindern unterhaltspflichtig ist, begründet für sie keine Verpflichtung, ihren krisensicheren Arbeitsplatz als Verwaltungsangestellte, den sie seit 1982 innehat, aufzugeben, auch wenn sie nur mit 25 Stunden bei einem Nettoeinkommen von rund 1.300 EUR beschäftigt ist. Das berufliche Risiko, bei einem anderen Arbeitgeber im Falle vollschichtiger Tätigkeit geringere Einkünfte zu erzielen überwiegt, so dass die Aufgabe des Arbeitsplatzes unzumutbar erscheint. Zu berücksichtigen ist aber, dass sie bei hinreichenden Bewerbungsbemühungen eine Nebentätigkeit hätte finden können.

 

Normenkette

BGB § 1603 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Eckernförde (Urteil vom 21.04.2006; Aktenzeichen 8 F 346/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - Eckernförde vom 21.4.2006 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt,

1. an den Kläger zu 1) für den Unterhaltszeitraum Juli 2003 bis einschließlich Juli 2004 rückständigen Kindesunterhalt für die Kinder A und B i.H.v. insgesamt 1.311,39 EUR zu zahlen.

2. zu Händen des Klägers zu 1) für die beiden Kinder A und B folgenden monatlichen Kindesunterhalt zu zahlen:

für A

8-12/2004 234,22 EUR

1-6/2005 234,24 EUR

7-8/2005 210,92 EUR

9-12/2005 248,08 EUR

1-12/2006 252,76 EUR

ab 1/2007 218,22 EUR

für B

8-12/2004 234,22 EUR

1-6/2005 234,24 EUR

7-8/2005 210,92 EUR

9-12/2005 248,08 EUR

1-12/2006 252,76 EUR

ab 1/2007 218,22 EUR

III. an den Kläger zu 2) für den Unterhaltszeitraum Juli 2003 bis einschließlich Juli 2004 rückständigen Kindesunterhalt i.H.v. insgesamt 1.542,73 EUR zu zahlen.

IV. an den Kläger zu 2) folgenden monatlichen Unterhalt zu zahlen:

8-12/2004 234,22 EUR

1-6/2005 234,24 EUR

7-8/2005 210,92 EUR

ab 9/2005 161 EUR

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug tragen die Kläger 17 % und die Beklagte 83 %.

Von den Kosten des Berufungsrechtszugs tragen die Kläger 32 %

und die Beklagte 68 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger zu 1) und die Beklagte haben am 11.4.1987 geheiratet. Aus der Ehe sind die Kinder C, geboren am 11.9.1987, A, geboren am 8.5.1990, und B, geboren am 8.8.1991, hervorgegangen. Der Kläger zu 1) und die Beklagte haben sich im Dezember 2002 getrennt. Seitdem leben die Kinder beim Kläger zu 1).

Der Kläger zu 1) und der seit September 2005 volljährige Kläger zu 2) nehmen die Beklagte für die Zeit ab Juli 2003 auf Kindesunterhalt in Anspruch. Mit Schreiben vom 10.7.2003 ist die Beklagte zur Auskunft über ihre Einkünfte aufgefordert worden. Die Beklagte arbeitet 25 Wochenstunden bei der K. Sie ist dort seit 1982 beschäftigt. Bedingt durch die Geburten der Kinder ist eine Arbeitsunterbrechung mit Erziehungsurlaub ohne Bezüge bis 31.1.2003 eingelegt worden. Seitdem arbeitet sie wieder in ihrer alten Arbeitsstelle mit 25 Wochenstunden. Die Arbeitgeberin der Beklagten lehnte eine Erhöhung der Wochenstundenzahl mit Schreiben vom 17.11.2004 ab. Im Jahr 2005 leistete die Beklagte in der Zeit vom 1.2. bis zum 30.4.2005 Mehrarbeitsstunden und ist entsprechend einer Vollzeitarbeitskraft mit 38 Wochenstunden vergütet worden. Die erhöhte Vergütung ist in die Jahresverdienstbescheinigung für 2005 eingeflossen. Seit April 2005 ist die Beklagte arbeitssuchend beim Arbeitsamt gemeldet. Bewerbungen hat sie gemäß ihrer Aufstellung (Bl. 160 d.A.) vorgenommen. Neben ihrer Tätigkeit bei der K hat sie Nebenarbeiten ausgeführt. In 2004 belaufen sich diese Nebeneinkünfte auf insgesamt 1.280 EUR.

Bislang zahlte die Beklagte aus ihren Einkünften 4,44 EUR Haftpflichtversicherung und 31,46 EUR Unfallversicherung für die Kinder.

Auf Grund der Bewilligung der K mit Schreiben vom 19.12.2006 (Bl. 245 d.A.) nimmt die Beklagte an einem kombinierten Fernunterricht für eine berufliche Weiterbildung teilt. Der kombinierte Fernunterricht begann am 1.11.2006 und endet voraussichtlich im Sommer 2009 mit einer Abschlussprüfung. Nach der Einschätzung der Arbeitgeberin beträgt der wöchentlich durchschnittliche Arbeitsaufwand 7 bis 8 Stunden. Zusätzlich erfolgen 9 einwöchige Seminare, die in einem Bildungszentrum der Arbeitgeberin durchgeführt werden.

Das AG - FamG - hat die Beklagte antragsgemäß zu folgenden Unterhaltszahlungen verurteilt: an den Kläger zu 1) für die Kinder A und B Rückstände i.H.v. 1.311,39 EUR sowie ab August 2004 monatlich jeweils 284 EUR und ab Juli 2005 monatlich jeweils 291 EUR.

An den Kläger zu 2) Rückstände i.H.v. 2.606,39 EUR sowie ab August 2004 monatlich 284 EUR, ab Juli 2005 monatlich 291 EUR und ab September 2005 monatlich 161 EUR.

Auf den Inhalt der Entscheidung wird Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, im angegriffenen Urteil sei ihre Leistungsfähigkeit nicht richtig bewertet worden. Nach den Jahresverd...

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