Verfahrensgang
LG Kiel (Urteil vom 22.12.2015; Aktenzeichen 13 O 93/15) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin vom 22.12.2015 gegen das am 18. November verkündete Urteil der Einzelrichterin der 13. Zivilkammer des LG Kiel wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beklagten für den Teilvergleich vom 14.3.2016.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistungen in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Gründe
I. Die Klägerin beansprucht von der Beklagten die Zahlung von Stromrechnungen für behauptete Lieferungen in dem Zeitraum vom 2.5.2005 bis 31.12.2012.
Die Klägerin ist ein bundesweit tätiger Stromlieferant. Die Beklagte betrieb in G1, S1 1, einen Frisörsalon, den sie - nach entsprechenden Umbau durch den Eigentümer - im Mai 2005 eröffnet hatte. Mit Vertrag vom 11. Mai/17.5.2005 schlossen die Parteien einen Vertrag über die "Stromlieferung für Geschäftskunden". Gemäß Ziffer 1 des Vertrages wurde als Ort und Umfang der Leistung folgendes vereinbart: Adresse des Zählers (Standort): Friseur S1 1 ——- G1, Zählernummer ——-. Die Beklagte gab einen geschätzten Jahresverbrauch von 12.000 kWh an.
Tatsächlich wurde bei den Umbauarbeiten jedoch die Zählernummer vertauscht. Der Zähler Nr. ——- maß tatsächlich den Stromverbrauch der Gemeinde G1 für eine von der Gemeinde G1 (Amt Dänischer Wohld) betriebene öffentliche Toilette. Die Gemeinde G1 hatte ihrerseits einen Stromlieferungsvertrag mit dem Grundversorger E. ON Hanse (bzw. SH-Netz AG) mit der Nummer ——- geschlossen. Tatsächlich lief der Strom für den Frisörsalon der Beklagten jedoch über den Zähler mit der Nummer ——-. Dieser Stromverbrauch wurde auch von der Gemeinde G1 an ihren vertraglichen Versorger gezahlt in der Annahme, dass damit der Strom für den Betrieb der öffentlichen Toilette abgegolten wird. Die Beklagte erhielt hingegen von der Klägerin immer nur geringe Abschlagsrechnungen von mtl. rd. 20 EUR.
Erst im Jahr 2012 bemerkte die Gemeinde G1 den für eine öffentliche Toilette viel zu hohen Stromverbrauch und stellte den Sachverhalt richtig. Die Verantwortlichkeit der Gemeinde G1 für den Zähler mit der Endnummer 61 endete mit dem 19.12.2012, seitdem ist dieser Zähler auf den Namen des Eigentümers, der Christian J1 Holding GmbH & Co. KG gemeldet. Die Gemeinde G1 hatte noch bis einschließlich 31.12.2012 die Stromrechnungen für den Zähler ——- an ihren Versorger (E. ON Hanse/SH-Netz Ag) gezahlt. Auf Grund eines Vergleichsangebotes der Gemeinde G1 (Amt Dänischer Wohld) vom 5.2.2013 (Anlage B1, Bl. 46 und 50 GA) einigte sich die Beklagte mit der Gemeinde G1 wegen der Stromlieferungen in dem Zeitraum 1.1.2008 bis zum 31.12.2012 vergleichsweise auf einen Betrag in Höhe 12.000,00 EUR, der in monatlichen Raten in Höhe von 250,00 EUR von der Beklagten abgezahlt wird. Für den davor liegenden Zeitraum war -nach Ansicht der Beklagten- Verjährung eingetreten.
Im März 2013 teilte die Beklagte die Verwechslung des Zählers der Klägerin mit. Daraufhin stellte die Klägerin am 12.8.2013 und am 11.10.2013 (Anlagen K4) entsprechende Stromkostennachforderungen für den Zeitraum vom 2.5.2005 bis zum 13.5.2005 in Höhe von 23.949,54 EUR in Rechnung stellte. Unstreitig ist der Stromlieferungsvertrag der Klägerin mit der Beklagten zum 13.5.2013 beendet worden.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das LG die Klage vollumfänglich abgewiesen. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, dass die Beklagte auf Grund des Stromlieferungsvertrages nur die Bezahlung der Stromlieferung schuldete, die über den Zähler mit der Endziffer 61 lief. Diese Kosten hat die Beklagte unstreitig gezahlt. Darüber hinaus sei - so das LG - bezüglich des Zählers mit der Endziffer 60 kein Stromlieferungsvertrag zustande gekommen. Zwar sei in dem Leistungsangebot der Klägerin eine sog. Realofferte zum Abschluss eines Versorgungsvertrages zu sehen, das gelte aber dann nicht, wenn - wie hier - zwischen dem Versorgungsunternehmen und einem Dritten schon eine Energieliefervereinbarung bestünde. Um unterschiedliche Versorgungsverträge für dieselbe Abnahmestelle zu vermeiden, sei grundsätzlich von dem Vorrang des durch ausdrückliche Vereinbarung begründeten Vertragsverhältnisses gegenüber einem Vertragsschluss durch schlüssiges Verhalten auszugehen. Im Hinblick auf den über die Zählernummer ——- gelieferten Strom habe tatsächlich die Gemeinde G1 mit der E. ON Hanse (SH Netz AG) einen Versorgungsvertrag unterhalten. Deshalb bestehe zu Gunsten der Klägerin kein Anspruch aus die nachberechneten Stromlieferungen.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Zur Begründung führt sie aus, dass der Stromzähler nur der Abrechnung diene und es für den Stromverbrauch tatsächlich auf die Abnahmestelle, nämlich den von der Beklagten betriebenen Frisörsalon ankomme. Die an die Beklagte gelieferte...