Entscheidungsstichwort (Thema)
Hälftiger Regress bei LKW-Gespannunfall in Deutschland, auch wenn der ausländische (hier dänische) Versicherungsvertrag für den Anhänger nur eine subsidiäre Haftung vorsieht
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Unfällen eines Fahrzeuggespanns haben die beiden Versicherer im Innenverhältnis je zur Hälfte den Schaden zu tragen, wenn Zugmaschine und Auflieger bei zwei unterschiedlichen deutschen Versicherungen haftpflichtversichert sind.
2. Dieser Innenausgleich kann nach deutschem Recht nicht durch eine Subsidiaritätsvereinbarung des einen Haftpflichtversicherers mit seinem Versicherungsnehmer ausgeschlossen werden, da ein solcher Ausschluss auf einen unzulässigen Vertrag zulasten Dritter hinauslaufen würde. Eine Abbedingung wäre grundsätzlich nur im Verhältnis zwischen den Versicherern möglich.
3. Der Innenregress ist auch dann möglich, wenn ein dänischer Versicherer mit seinem Versicherungsnehmer hinsichtlich des Anhängers/Aufliegers eine nach dänischem Recht wirksame Subsidiaritätsklausel vereinbart hat. Denn der Versicherungspflicht nach deutschem Recht kommt bei einem Unfall in Deutschland nach Art. 7 Abs. 4 lit. a Rom I-VO Vorrang zu. Ein im EU-Ausland geführtes Fahrzeug erhält damit den am Nutzungsort gesetzlich erforderlichen, ggf. erweiterten vertraglichen Versicherungsschutz.
Normenkette
BGB § 426 Abs. 1 S. 1; PflVG § 1; StVG § 7 Abs. 1 Alt. 2; VVG § 78 Abs. 1-2
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 29. Juli 2019 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe wird zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Itzehoe ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Berufungsstreitwert: 5.681,75 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt als Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung der Sattelzugmaschine mit dem amtlichen Kennzeichen ... von der Beklagten, einer dänischen Versicherung, den hälftigen Ersatz der von ihr aufgrund eines Verkehrsunfalles geleisteten Zahlungen.
Die Versicherungsverträge der Beklagten sehen bei der Versicherung von Sattelaufliegern lediglich eine subsidiäre Haftung vor, für den Fall, dass die Zugmaschine nicht auffindbar ist oder der Sattelauflieger zum Zeitpunkt des Unfalls nicht an eine Zugmaschine gekoppelt war.
Am 25. September 2015 übersah der Fahrer der Sattelzugmaschine, an welcher der vorgenannte Sattelauflieger angespannt war, auf einer Windradbaustelle bei G. beim Rückwärtsfahren das hinter ihm stehende Baustellenfahrzeug der Firma K. und beschädigte dieses mit dem Sattelauflieger an der rechten Seite.
Die Klägerin regulierte den bei der Geschädigten entstandenen Schaden in Höhe von 11.363,51 EUR vollständig.
Sie nimmt die Beklagte nunmehr als Versicherin des Sattelaufliegers auf hälftigen Schadensersatz in Anspruch.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.681,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die hälftige Haftung der Beklagten ergebe sich aus einer Doppelversicherung. Es gelte deutsches Recht, da sich der Unfall in Deutschland ereignet habe. Das dänische Recht müsse nach Art. 7 Abs. 4 lit. a Rom I VO dem deutschen Haftpflichtversicherungsrecht weichen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen. Dass die Beklagte Versicherin des Sattelaufliegers zum Unfallzeitpunkt war, hat sie erstinstanzlich zugestanden.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageabweisung weiter. Sie behauptet, es bestehe schon kein Versicherungsvertrag über den unfallbeteiligten Sattelauflieger. Sie vertritt die Auffassung, es bestehe kein Direktanspruch der Klägerin gegen die Beklagte. Darüber hinaus habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass zwischen den Versicherern kein deliktisches, sondern ein vertragliches Verhältnis bestehe. Die nur subsidiäre Haftung im Versicherungsvertrag über den Sattelauflieger sei nach dänischem Recht zulässig, weshalb eine Doppelversicherung gar nicht vorliege. Ein dänisches Versicherungsverhältnis könne nicht erweitert werden, da der deutsche Gesetzgeber und die deutsche Justiz kein Recht hätten, in ausländische Versicherungsverträge einzugreifen. Eine Harmonisierung müsse derart gelöst werden, dass lediglich die Garantiefonds der anderen Mitgliedstaaten eintrittspflichtig sein sollten. Dies ergebe sich insbesondere aus Ar...