Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbares Recht bei einem Verkehrsunfall im Kosovo im Jahr 2007
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall.
Der Kläger war selbständig im Baunebengewerbe tätig. Am 15. August 2007 erlitt er als Fahrzeugführer im Kosovo einen Verkehrsunfall, an dem das bei der Beklagten (einer Versicherung mit Sitz in Wien) haftpflichtversicherte Kraftfahrzeug Toyota Runner (VRN "EU xxx") beteiligt war. Die alleinige Haftung des Unfallgegners des Klägers steht nicht im Streit. Der PKW-Sachschaden wurde von der Beklagten bereits vorgerichtlich reguliert.
Der Kläger wurde bei dem Unfall verletzt. Er erlitt eine leichte Zerrung der Halswirbelsäule, eine Prellung der rechten Schulter, Knieprellungen auf beiden Seiten und eine Schädelprellung. Ob weitere unfallbedingte (Dauer-)Schäden körperlicher und psychischer Art vorliegen (insbesondere die von dem Kläger behauptete posttraumatische Belastungsstörung PTBS), ist streitig.
Der vom Kläger beauftragte Streithelfer forderte die Beklagte mit vorgerichtlichem Schreiben vom 27. August 2007 zur Begleichung des Schadens als "Teilschadensersatz" auf und wies auf erlittene Verletzungen des Klägers hin. Mit Schreiben vom 2. Januar 2008 führte der Streithelfer aus, dass der Kläger aufgrund der unfallbedingten Verletzungen nicht in der Lage sei, die von ihm bisher ausgeübte selbständige Tätigkeit als Dienstleister auszuführen und schlug vor, die weitere Regulierung des Schadens telefonisch zu besprechen. Seinen Schmerzensgeldanspruch machte der Kläger bereits im September 2009 mittels Klage in Österreich geltend. Am 6. März 2014 verurteilte das Landesgericht ZRS Wien (Berufungsgericht) die Beklagte zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 4.200 Euro an den Kläger.
Mit der Teilklage vom 18.9.2012 beansprucht der Kläger Ersatz des Verdienstausfalls bis zum 31. Dezember 2012 in Höhe von 120.000,- EUR und die Feststellung der Verpflichtung, dass die Beklagte ihm seinen aus dem Unfall zukünftig entstehenden materiellen Schaden zu 100 % zu ersetzen habe. Er hat behauptet, er sei unfallbedingt arbeitsunfähig, was zu einem Schaden in Höhe von mindestens 170.000 Euro geführt habe. Hierauf lässt er sich ein Krankentagegeld in Höhe von 13.815,84 Euro anrechnen. Dies führe mindestens zu einem Schaden in geltend gemachter Höhe.
Die Beklagte hat sich auf die Einrede der Verjährung berufen.
Das Landgericht hat auf die am 19. September 2012 erhobene und am 30. Oktober 2012 zugestellte Klage durch Teil-Grund- und Endurteil den Zahlungsantrag dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und den Feststellungsantrag als verjährt abgewiesen.
Hiergegen wenden sich beide Parteien mit ihren jeweiligen Berufungen, mit der sie ihre erstinstanzlichen Begehren weiterverfolgen, der Kläger mit dem Ziel, seinem Feststellungsbegehren stattzugeben, die Beklagte, eine Klagabweisung zu erreichen.
Der Senat hat mit am 2. Oktober 2014 verkündeten Urteil die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und auf die Berufung des Klägers das erstinstanzliche Urteil im Hinblick auf die Abweisung des Feststellungsantrags aufgehoben und zurückverwiesen.
Auf die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision der Beklagten (VI ZR 437/14) hat der VI. Zivilsenat in seinem Urteil vom 1. März 2016 das Urteil des Senats aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, zurückverwiesen. Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof im Wesentlichen ausgeführt, der Senat habe für den Zahlungsantrag das anwendbare Recht fehlerhaft bestimmt und die Sache rechtsfehlerhaft an das Landgericht zurückverwiesen.
Ein - hier verfolgter - Direktanspruch gegen den Versicherer könne nach der nationalen Kollisionsvorschrift des Art. 40 Abs. 4 EGBGB geltend gemacht werden, wenn das auf die unerlaubte Handlung oder das Recht, dem der Versicherungsvertrag unterliegt, dies vorsehe. Die anzuwendende Kollisionsvorschrift des Art. 40 Abs. 1 Satz 1 EGBGB verweise auf das im Kosovo als Tatort geltende Recht. Der Senat habe aber nicht geprüft, ob das im Unfallzeitpunkt geltende Recht im Kosovo diese Verweisung annehme oder eine Rück- oder Weiterverweisung ausspreche. Auch die vom Senat angenommene Hemmung der Verjährung gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 KHVG (österreichisches Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz) und die Herleitung des Direktanspruchs aus § 26 Satz 1 KHVG begegne durchgreifenden Bedenken. Denn es stehe nicht fest, ob der Versicherungsvertrag österreichischem Recht unterliege. Es sei eine Prüfung vorzunehmen, ob entweder das für die unerlaubte Handlung einschlägige Recht oder das Recht des Versicherungsvertrags im konkreten Einzelfall für den Geschädigten günstiger sei. Dazu müsse das Berufungsgericht feststellen, in welchem Land das versicherte Risiko belegen sei.
Nach Aufhebung des Senatsurteils durch den Bundesgerichtshof hat der Senat gemäß Beschluss vom 27. Oktober 2016 Beweis erhoben durch Einholung eines Rechtsgutachtens über das kosovarische internationale...