Leitsatz (amtlich)
1. Wird urheberrechtlicher Schutz in Deutschland in Anspruch genommen, so ist deutsches Urheberrecht anwendbar.
2. Das Format für eine Fernsehshowreihe ist grundsätzlich nicht urherrechtlich schutzfähig. Die bloße Nachahmung eines nicht unter Sonderrechtsschutz stehenden Fernsehformats ist grundsätzlich auch nicht wettbewerbswidrig.
Normenkette
UrhG §§ 2, 31, 88, 97; UWG § 1
Verfahrensgang
LG Kiel (Urteil vom 18.07.2000; Aktenzeichen 12 O 168/99) |
Nachgehend
Tenor
Das Versäumnisurteil des Senats vom 18.7.2000 wird aufrechterhalten.
Die Klägerin trägt auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 10.000 DM abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Streithelferin ebenfalls durch Sicherheitsleistung i.H.v. 10.000 DM abwenden, sofern nicht die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Klägerin kann die jeweiligen Sicherheiten auch in Form einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse leisten.
Die Beschwer beträgt für die Klägerin 100.000 DM.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Ausstrahlung der Sendung „Kinderquatsch mit Michael” im Deutschen Fernsehen (SWR).
Der französische Fernsehsender „Antenne 2” begann am 7.2.1977 mit der wöchentlichen Ausstrahlung der Sendung „L'école des fans”. Ab dem 22.6.1998 wurde die Sendung vom Sender „France 2” (F 2) ausgestrahlt.
Es handelt sich dabei um eine Fernsehshow, in welcher Kinder im Alter von 4 bis 6 Jahren Lieder vorsingen. Der Verlauf der Sendung gestaltet sich dabei wie folgt: Die insgesamt vier Kinder sitzen zu Beginn und während der Sendung im hinteren Teil der Bühne. Nach der Vorstellung der Kinder und eines bekannten Sängers oder einer bekannten Sängerin als Gast der Sendung führt der männliche Moderator Jacques Martin das erste Kind zu einem kleinen Podest, vor dem ein Mikrofon aufgebaut ist und beginnt ein kleines Interview mit Fragen wie „Was macht Vati, was macht Mutti, wo kommst du her, wie seid ihr hergekommen, wer ist gefahren, wer ist noch mitgekommen?” usw. Es folgt dann ein Gesangsbeitrag des Kindes, wobei es sich um ein Lied des eingeladenen Künstlers handelt, das dieser für das Kind ausgewählt hat. Der Gesangsvortrag wird am Flügel begleitet mit zusätzlicher Unterstützung durch einen Kontrabass. Während des Auftritts schwenkt die Kamera u.a. zu den jeweiligen Eltern im Publikum. Der Beitrag wird später benotet. In einem Showblock hat der prominente Gast seinen Gesangsauftritt. Am Ende der Sendung verteilt der Gastsänger dann an die Kinder Geschenke.
Dieses Sendeformat bot die Klägerin im Jahre 1990 dem SWF, dessen Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, an. Mit Schreiben vom 23.10.1990 lehnte der SWF durch den Zeugen Günter K. das Angebot ab.
Nach entspr. Vorbereitung strahlte der SWF ab 6.3.1993 zum ersten Mal die Sendung „Kinderquatsch mit Michael” mit Michael Schanze als Moderator aus. Verantwortlicher Redakteur der Sendung war und ist heute immer noch der Zeuge K.. Bereits im Jahre 1989 hatte der WDR schon damit begonnen, die Sendereihe – zunächst für ein Jahr – eigenständig zu produzieren und auszustrahlen. Danach entstand ein Coproduktionsverhältnis zwischen WDR und SWF. Nachdem der Hauptmoderator Michael Schanze vom WDR zum SWF überwechselte, ging die Sendung auf den SWF als Alleinproduzenten über. Beides geschah jeweils in Coproduktion mit der Streithelferin. Seit März 1993 erfolgte und erfolgt die Ausstrahlung der Sendung regelmäßig wöchentlich in der ARD. Sie wird auch weiterhin von der Streithelferin produziert, die sich ggü. der Beklagten mit Vertrag vom 18.10.1998 verpflichtete, sie von allen Ansprüchen freizustellen, die von Dritten in Bezug auf das Sendeformat geltend gemacht werden, und die ggü. der Beklagten die Garantie übernommen hat, bei Erfüllung der vertragsgemäßen Leistungspflichten keine fremden Urheberrechte zu verletzen.
Das Konzept der deutschsprachigen Sendung stellt sich im Einzelnen wie folgt dar:
In jeder Sendung treten drei Kinder im Alter von 4 bis 6 Jahren mit einem Liedbeitrag auf. Auch sie sitzen zu Beginn und im Verlauf der Sendung im hinteren Teil der Bühne, ihre Eltern und ggf. Geschwister und Großeltern sitzen im Publikum. Nach der Vorstellung führt der männliche Moderator, Michael Schanze, das erste Kind zu einem kleinen Podest auf der Bühne, vor dem sich ein Mikrofon befindet, und stellt ebenfalls Fragen zu Eltern, Wohnort, Anreise, Kindergarten bzw. Schule usw. Schließlich trägt das Kind den von ihm einstudierten Liedbeitrag unter musikalischer Begleitung durch einen Pianisten vor. Während des Auftritts zeigt die Kamera u.a. die im Publikum sitzenden Eltern des Kindes. Im Verlauf der Sendung tritt ein prominenter Gaststar oder auch eine Musikgruppe...