Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Fernabsatzvertrag über Gartenbauarbeiten bei vertragsvorbereitendem gemeinsamem Ortstermin der Parteien
Leitsatz (amtlich)
Haben die Parteien einen Vertrag über Gartenbauarbeiten durch schriftliches Angebot des Unternehmers und telefonische Annahme des Kunden geschlossen, ist dem Vertrag zur Vorbereitung des Angebots aber ein gemeinsamer Ortstermin vorangegangen, ist er nicht ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen.
Gibt der Unternehmer Angebote regelmäßig erst nach vorhergehendem Ortstermin ab, so ist sein Geschäftsbetrieb auch nicht auf den Fernabsatz ausgerichtet.
In diesen Fällen liegt kein Fernabsatzvertrag nach § 312c BGB vor.
Normenkette
BGB §§ 312c, 355, 357
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckten Betrages leistet.
Gründe
I. Der Beklagte nahm für die Klägerin Außenarbeiten auf ihrem Hausgrundstück in X. vor. Nachdem die Klägerin den hierfür berechneten Betrag in Höhe von 28.829,80 EUR gezahlt hatte, widerrief sie ihre Erklärungen. Mit der Klage verlangt sie die Rückzahlung des Betrages. Wegen des näheren Sachverhalts und der im ersten Rechtszug zuletzt gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Unabhängig davon, ob die Parteien einen Bau- oder Werkvertrag (§ 650 a; § 631 BGB) geschlossen hätten, bestünde kein Widerrufsrecht der Klägerin. Es ergebe sich insbesondere nicht aus den §§ 312 g Abs. 1, 312 c Abs. 1 BGB. Die Parteien hätten keinen Fernabsatzvertrag geschlossen. Das erste, per Post übersandte Vertragsangebot des Beklagten habe die Klägerin mit E-Mail vom 11.03.2019 angenommen, das ebenfalls per Post versandte Angebot vom 08.08.2019 telefonisch. Jedoch hätten die Parteien nicht auch für die Vertragsverhandlungen - wie nach § 312 c Abs. 1 BGB erforderlich - ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet, denn es sei vor beiden Angeboten zu persönlichem Kontakt zwischen ihnen gekommen. Bei einer Auslegung des § 312 c Abs. 1 BGB unter Rückgriff auf die Verbraucherrechterichtlinie (RL 2011/83/EU) sei von einem weiten Begriff der Vertragsverhandlungen auszugehen und davon, dass bei einem persönlichen Treffen regelmäßig das Widerrufsrecht entfalle. Der Verbraucher sei bei der Vergabe von Werkleistungen nicht mehr schutzbedürftig, wenn er sich bei einem Treffen ein Bild von dem Unternehmer und dessen wirtschaftlicher Seriosität habe machen können. Im vorliegenden Fall komme hinzu, dass die Parteien im Rahmen des persönlichen Treffens vor Ort bereits begonnen hätten, den späteren Vertragsgegenstand zu konkretisieren. Schließlich scheitere ein Widerrufsrecht auch daran, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt sei. Fälle, in denen Webseiten nur Informationen über den Unternehmer, seine Waren und Dienstleistungen und seine Kontaktdaten bereithielten, sollten nach der Richtlinie nicht erfasst werden. So aber sei es bei der Webseite des Beklagten.
Ein Widerrufsrecht aus § 312 BGB sei ebenfalls nicht ersichtlich.
Es gebe auch keine anderweitigen Gründe für einen Rückgewähranspruch. Zur angeblichen Mangelhaftigkeit des Werkes habe die Klägerin nichts konkret vorgetragen, obwohl das Gericht in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht habe, dass es zur Verneinung eines Widerrufsrechts neige und der Klägerin damit klar gewesen sei, dass zu mängelbedingten Ansprüchen hätte vorgetragen werden müssen.
In der Berufung verfolgt die Klägerin ihren Anspruch in vollem Umfang weiter. Sie hält daran fest, dass auf das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien die Regelungen über den das Fernabsatz anwendbar sei. Bei einem schriftlichen und telefonischen Vertragsabschluss - wie hier - könne dies nach der derzeitigen Rechtsprechung nur in Zweifel gezogen werden, wenn ein Verbraucher während der Vorverhandlungen mit dem Unternehmer von diesem aktiv über alle für den Vertragsschluss wesentlichen Umstände informiert worden sei und der Vertrag in zeitlich unmittelbarem Zusammenhang mit diesem persönlichen Kontakt zustande gekommen sei. Auch bei weiter Auslegung des Begriffs "Vertragsverhandlungen" setzten solche jedenfalls voraus, dass ein konkretes Angebot unterbreitet und Vertragsbedingungen und Preise bekanntgegeben würden. Das sei hier nicht der Fall gewesen. Bei dem persönlichen Treffen drei Wochen vor Vertragsschluss habe sie - die Klägerin - dem Beklagten nur eine Skizze über ihre laienhafte Vorstellung von den durchzuführenden Arbeiten vorgelegt. Das Gespräch habe rein informatorischen Charakter gehabt.
Der Wegfall des Widerrufsrechts lasse sich nicht mit dem Landgerich...