Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinweispflichten bei Kfz-Inspektion
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Pflichten einer Kfz-Werkstatt im Rahmen einer Inspektion gehört es, auf solche Maßnahmen hinzuweisen, deren Notwendigkeit unmittelbar bevorsteht. Als unmittelbar bevorstehend sind solche Arbeiten anzusehen, die in einem Zeitraum von weniger als drei Monaten oder innerhalb einer Laufleistung von 5.000 km anfallen (Anschluss an AG Brandenburg, NJW 2007, 3072).
2. Es besteht kein Beweis des ersten Anscheins dahin, dass das Unterlassen eines gebotenen Zahnriemenwechsels bei einer Inspektion die Ursache für einen Monate später eingetretenen Motorschaden ist.
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Normenkette
BGB § 280; ZPO § 286
Verfahrensgang
LG Kiel (Urteil vom 30.11.2010; Aktenzeichen 17 O 189/08) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 17. Zivilkammer des LG Kiel vom 30.11.2010 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsrechtszugs trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche wegen eines Motorschadens nach einer von der Beklagten durchgeführten Inspektion geltend.
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Pkw Alfa Romeo, erstzugelassen am 18.3.2003. Bei diesem Fahrzeug ist nach den - auch der Beklagten bekannten - Herstellerangaben eine Überprüfung des Zahnriemens nach 60.000 km und ein Austausch nach spätestens 120.000 km bzw. nach 5 Jahren vorzunehmen.
Am 21.12.2007 bei einem km-Stand von 58.393 beauftragte der Ehemann der Klägerin in deren Namen bei der Beklagten in N. eine sog. B.-Inspektion. Dabei wurden Leuchtmittel ausgetauscht, ebenso Kältemittel, Scheibenwischer, Luftfilter, Ölfilter sowie eine Scheibe und es wurden die Reifen gewechselt. In dem Inspektionsbogen wurde unter dem Stichwort "Steuerriemenwechsel fällig" das Feld "nein" angekreuzt.
Am 6.7.2008 erlitt das Fahrzeug einen kapitalen Motorschaden. Es wurde ein gerissener Zahnriemen festgestellt. Für einen Austauschmotor nebst Riemenspanner, Riemen und Spanner wandte die Klägerin 6.120,84 EUR auf.
Die Klägerin hat gemeint, die Beklagte habe sie auf den erforderlichen baldigen Austausch des Zahnriemens hinweisen müssen. Sie hätte diesen dann austauschen lassen. Der Motorschaden wäre dann nicht eingetreten.
Die Beklagte hat einen Fehler in Abrede gestellt. Gemäß ihrem Slogan "nur das, was muss" werde nur das gemacht, was gemacht werden müsse. Das Auswechseln des Zahnriemens sei nicht fällig gewesen, ebenso wenig eine Überprüfung, die auch nicht beauftragt worden sei. Ohnedies handele es sich bei ihrer Inspektion nicht um eine Herstellerinspektion, die - für einen deutlich höheren Preis - lediglich eine sog. Vertragswerkstatt durchführen könne. Bei ihr würde für den vereinbarten Festpreis nur ihre Checkliste durchgeprüft. Sie hat bestritten, dass der Motorschaden auf einen Defekt des Zahnriemens zurückzuführen sei; für einen Motorschaden könnten grundsätzlich eine Reihe anderer Fehlerquellen verantwortlich sein.
Das LG hat der Klage nach Einholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens des Kfz-Sachverständigen M zum Betrag von 4.770,84 EUR sowie 489,45 EUR vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten stattgegeben. Es hat gemeint, die Beklagte sei - den Unterschied zwischen der B.-Inspektion und einer solchen in einer Vertragswerkstatt dahingestellt - verpflichtet gewesen, die Klägerin auf unmittelbar bevorstehende Auswechslungen von Fahrzeugteilen hinzuweisen. Unmittelbar bevorstehe ein Wechselintervall, wenn es in weniger als drei Monaten oder 5.000 km ablaufe. Das sei hier der Fall gewesen, weil der Zahnriemen spätestens am 17.3.2008 habe ausgetauscht werden müssen. Es sei zu vermuten, dass sich die Klägerin bei entsprechender Beratung aufklärungsrichtig verhalten hätte. Es spreche ein Anschein dafür, dass das Unterlassen des Zahnriemenwechsels zu dem am 6.7.2008 aufgetretenen Riss geführt habe. In Fachkreisen sei allgemein bekannt, dass verschlissene Zahnriemen zu einer Beschädigung des gesamten Motors führen könnten. Die Beklagte habe nicht hinreichend dargelegt, dass im vorliegenden Fall die ernsthafte Möglichkeit einer anderen Schadensursache bestanden habe. Insbesondere hätten sich keine Anhaltspunkte für die vom Sachverständigen ausgeführten, theoretisch denkbaren anderen Möglichkeiten einer überhöhten Spannung des Zahnriemens oder einer Partierung der Nockenwelle gefunden. Bei der Schadenshöhe sei ein Abzug neu für alt von (geschätzten) 1.350 EUR vorzunehmen, entsprechend seien die Rechtsanwaltskosten zu berechnen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.
Sie meint, das LG setze sich mit den von ihr substantiiert vorgetragenen Argumenten nicht auseinander. Bei der vorliegenden B.-Inspektion werde nur festgestellt, in welchem Zustand sich das Fahrzeug befinde, und anschließend befasse man sich mit konkreten Aufträgen hinsichtlich der Durchführung von Arbeiten. Einen Auftrag zum Austausch des Zahnriemens habe der Kläger nicht erteilt.
Fehlerhaft sei das LG auch ...