Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Geltung von § 323 Abs. 2 ZPO für den Beklagten des Abänderungsverfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 323 Abs. 2 ZPO gilt nicht für den Beklagten des Abänderungsverfahrens. Die Berücksichtigung bisher von dem Beklagten nicht vorgetragener Umstände im Abänderungsprozess entspricht der Billigkeit. Gründe der Rechtskraftwirkung stehen nicht entgegen.

2. Bei der Berechnung der für das unterhaltsrelevante Einkommens einer Partei zu berücksichtigenden Steuererstattung sind die Beträge für Steuern und Solidaritätszuschlag im Rahmen der fiktiven Einkommensberechnung nach Steuerklasse I den tatsächlich steuerlich geltend gemachten Abzügen nach den Steuerbescheiden gegenüberzustellen. Durch die Gegenüberstellung des nach Steuerklasse I abzuziehenden Steuerbetrages zu dem festzusetzenden Steuerbetrag ergibt sich die denkbare Steuererstattung.

 

Normenkette

ZPO § 323

 

Verfahrensgang

AG Lübeck (Urteil vom 16.12.2005; Aktenzeichen 122 F 145/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Schluss-Urteil des AG - FamG - Lübeck vom 16.12.2005 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

I. Das Urteil des AG Lübeck - FamG - vom 8.2.2000 (Az. 129 F 11/98) wird dahin abgeändert,

a) dass der Kläger an die Beklagte monatlich folgenden nachehelichen Unterhalt zu zahlen hat:

8.9.2004-12/2004

Elementarunterhalt 366 EUR

Altersvorsorgeunterhalt 91 EUR

1-6/2005

Elementarunterhalt 433 EUR

Altersvorsorgeunterhalt 108 EUR

7/2005

Elementarunterhalt 569 EUR

Altersvorsorgeunterhalt 141 EUR

8-12/2005

Elementarunterhalt 543 EUR

Altersvorsorgeunterhalt 135 EUR

1-4/2006

Elementarunterhalt 488 EUR

Altersvorsorgeunterhalt 121 EUR

5/2006

Elementarunterhalt 430 EUR

Altersvorsorgeunterhalt 107 EUR

ab 6/2006

Elementarunterhalt 174 EUR

Altersvorsorgeunterhalt 43 EUR.

Die weiter gehende Abänderungsklage wird abgewiesen,

b) dass der Kläger ab August 2005 an die Drittwiderkläger jeweils monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 418 EUR zu zahlen hat.

II. Die außergerichtlichen Kosten der Drittwiderkläger trägt der Kläger in beiden Rechtszügen.

Von den Gerichtskosten im ersten Rechtszug tragen der Kläger 40 % und die Beklagte 60 %.

Von den Gerichtskosten im Berufungsrechtszug tragen der Kläger 57 % und die Beklagte 43 %.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers im ersten Rechtszug tragen der Kläger 40 % und die Beklagte 60 %.

Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten im ersten Rechtszug tragen der Kläger 36 % und die Beklagte 64 %.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsrechtszug tragen der Kläger 57 % und die Beklagte 43 %.

Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten im Berufungsrechtszug tragen der Kläger 53 % und die Beklagte 47 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger und die Beklagte waren miteinander verheiratet. Ihre Ehe ist durch Urteil vom 8.2.2000 geschieden worden. In dem Urteil ist der Kindesunterhalt der beiden Drittwiderkläger dahin geregelt worden, dass der Kläger jeweils monatlichen Unterhalt i.H.v. 493 DM = 252,07 EUR zu zahlen hatte. Für die Beklagte sollte Elementarunterhalt i.H.v. monatlich 1.942,99 DM = 993,44 EUR und Altersvorsorgeunterhalt i.H.v. monatlich 369,98 DM = 189,17 EUR gezahlt werden.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Abänderung der im vorgenannten Urteil festgesetzten Unterhaltsbeträge für die Beklagte ab Rechtshängigkeit des Abänderungsverfahrens (8.9.2004). Mit ihrer Drittwiderklage haben die Drittwiderkläger eine Erhöhung des Kindesunterhalts geltend gemacht. Die Beklagte hat eine Widerklage auf Auskunft erhoben, zu der der Kläger durch Teilurteil des AG - FamG - vom 22.6.2005 verurteilt worden ist.

Im angegriffenen Urteil ist unter Abweisung der Abänderungsklage im Übrigen der Elementarunterhalt und der Altersvorsorgeunterhalt für die Beklagte teilweise herabgesetzt worden. Der Drittwiderklage ist stattgegeben worden, so dass der Kläger an die Drittwiderkläger ab August 2005 jeweils 418 EUR Kindesunterhalt zu zahlen hat.

Auf den Inhalt des angegriffenen Urteils wird Bezug genommen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger im Wege der Abänderungsklage sein Ziel weiter, ab Rechtshängigkeit keinen Ehegattenunterhalt mehr zahlen zu müssen. Er hat weiterhin zunächst die Berufung darauf erstreckt, die Drittwiderklage abzuweisen. Mit Schriftsatz vom 13.7.2006 (Bl. 307 d.A.) hat der Kläger die gegen die Drittwiderklage gerichtete Berufung zurückgenommen.

Er rügt, die Kapitaleinkünfte im Jahre 2004 seien nach dem Steuerbescheid richtig mit 2.245 EUR zu berücksichtigen. Schon im ersten Rechtszug sei bestritten worden, dass die Beklagte die Fahrstrecke zwischen L. und B. so oft hin und her fahren müsse. Darüber hinaus seien die Fahrtkosten von ihr auf 15 % des Nettoeinkommens zu begrenzen. Das AG habe statt der geltend gemachten 443 EUR einen höheren Betrag von 483 EUR an Fahrtkosten berücksichtigt. Den Einkommenssteuerbescheid für 2004 habe er sehr wohl eingereicht. Steuervorteile seien bei der Berechnung des unterhaltsrechtl...

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