Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehegattenunterhalt: Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs wegen gefährlicher Körperverletzung und falscher Verdächtigung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs wegen grober Unbilligkeit ist zwar noch nicht aufgrund einer - eine Kurzschlusshandlung darstellenden - einmaligen Körperverletzungshandlung gerechtfertigt, wohl aber dann, wenn zu dieser mit einer unrichtigen Strafanzeige eine vorsätzlich falsche Verdächtigung hinzutritt. Dies führt zu einer Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf 50 %.

 

Normenkette

BGB § 1361 Abs. 3, § 1579 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Lübeck (Urteil vom 18.05.2005; Aktenzeichen 128 F 154/03)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - Lübeck vom 18.5.2005 teilweise geändert und im Ganzen wie folgt gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin folgenden monatlichen Trennungsunterhalt zu zahlen:

1-12/00 348,52 EUR,

1-12/01 477,59 EUR,

1-12/02 568,25 EUR,

1-12/03 442,69 EUR,

1-12/04 445,68 EUR,

1-6/05 505,21 EUR,

7-12/05 502,46 EUR,

ab 1/06 499,62 EUR.

Auf den rückständigen Unterhalt bis einschließlich Mai 2003 hat der Beklagte 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 5.5.2003 an die Klägerin zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Beklagten und die Berufung der Klägerin werden zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der ersten Instanz zu 4/5, der Beklagte zu 1/5. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 5/9, der Beklagte 4/9.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Parteien hatten am 31.8.19.. die Ehe geschlossen. Aus der Ehe ist der Sohn A., geboren am..., hervorgegangen. Die Parteien leben getrennt. Die Klägerin fordert vom Beklagten Ehegattenunterhalt für die Zeit ab Januar 2000.

Die Klägerin ist am 10.5.1955 geboren und in B. selbständige Rechtsanwältin. Der Beklagte ist am 23.10.1954 geboren und pensionierter Staatsanwalt. Er ist Eigentümer eines Mehrfamilienhauses in B., in dem sich fünf Wohnungen befinden; der Beklagte nutzt eine Wohnung. Beide Parteien sind Erbbauberechtigte einer Ferienwohnung in C.

Der Sohn lebt seit der Trennung der Parteien im Haushalt des Vaters; zeitweilig war er im Internat. In dem Verfahren 128 F 237/03 AG L. - 15 UF 107/05 OLG Schleswig - fordert er Kindesunterhalt. Der Beklagte hatte bereits im Verfahren 128 (129) F 43/99 AG L. Kindesunterhalt geltend gemacht. In jenem Verfahren war ein Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. H. eingeholt worden. Der Sachverständige war in seinem Gutachten vom 29.3.2000, seiner ergänzenden Stellungnahme vom 4.10.2000 sowie seiner Anhörung vor dem AG am 22.3.2001 zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beklagte überwiegend arbeitsunfähig ist. Das OLG hatte - gestützt auf dieses Gutachten - die Klage durch Urteil vom 28.1.2002 abgewiesen (15 UF 101/01).

Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen, sie habe in den Jahren 1998 bis 2002 keinen Gewinn erwirtschaftet. Unter Berücksichtigung ihres Gesundheitszustandes, ihrer schlechten Examina und ihrer bisherigen selbständigen Tätigkeit sowie ihres Alters sei sie auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar. Ihre Umsätze aus selbständiger Tätigkeit reichten nur aus, um ihre Kosten zu decken. Sie könne ihren Lebensunterhalt aus ihrer selbständigen Tätigkeit nicht bestreiten. Sie habe keinen Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente.

Der Beklagte habe neben seiner Pension Einnahmen aus der Vermietung des Hauses in B., die monatlich 3.092,18 DM bzw. 1.581 EUR betrügen. Ferner habe er Einnahmen aus der Vermietung der Eigentumswohnung in C. i.H.v. 921 DM bzw. 471 EUR.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie

  • rückständigen Ehegattenunterhalt für den Zeitraum Januar 2000 bis einschließlich Mai 2003 i.H.v. 86.684,50 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 5.5.2003 zu zahlen;
  • einen monatlichen Ehegattenunterhalt i.H.v. 2.055 EUR, beginnend mit dem 1.7.2003, zu zahlen.

Der Beklagte hat in erster Instanz beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat in erster Instanz vorgetragen, er bestreite die Bedürftigkeit der Klägerin. Die Klägerin habe durch ihre Selbständigkeit in den vergangenen Jahren höhere Gewinne erzielt, als sie eingeräumt habe. Die Klägerin sei jedenfalls bei gebotener Anstrengung in der Lage, ihren Lebensunterhalt allein zu bestreiten. Die Klägerin sei nicht durch körperliche oder psychische Beeinträchtigungen in ihrer Erwerbstätigkeit eingeschränkt.

Bei dem Objekt B. ergebe sich kein Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben. Aus der Eigentumswohnung in C. seien ab 1999 keine Mieteinkünfte erzielt worden. Er nutze seitdem die Wohnung selbst.

Die Klägerin habe jedenfalls Unterhaltsansprüche nach § 1579 Nr. 2 BGB verwirkt. Sie habe in verschiedenen Verfahren behauptet, er habe sie am 28.11.1997 körperlich misshandelt. Die Klägerin habe sich die Verletzungen selbst beigebracht, um ihre wahrheitswidrige Behauptung, sie sei von ihm misshandelt worden, untermauern zu können. Aufgrund der wahrhe...

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