Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwirkung von Unterhaltsansprüchen des Kindes und der Mutter
Leitsatz (amtlich)
1. Zwar setzt die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen die Feststellung der Vaterschaft voraus, jedoch kann sich der Unterhaltsberechtigte nicht darauf berufen, wenn er in der vor dem Vaterschaftsanerkenntnis liegenden Zeit keine darauf gerichteten Bemühungen unternommen hat.
2. Das Umstandsmoment für die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs kann erfüllt sein, wenn der Vater des nichtehelichen Kindes seit der Geburt regelmäßig Unterhalt zahlt und die Mutter diese Beträge über Jahre entgegennimmt, ohne mehr zu fordern.
Normenkette
BGB §§ 1601, 1615l
Verfahrensgang
AG Neumünster (Urteil vom 17.07.2007; Aktenzeichen 48 F 141/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin zu 1) wird das Teilurteil des AG - FamG - Neumünster vom 17.7.2007 teilweise geändert und im ganzen wie folgt gefasst:
1. Auf die Klage der Klägerin zu 1) wird der Beklagte verurteilt, Auskunft durch Vorlage einer geschlossenen systematischen Aufstellung zu erteilen über seine Einkünfte im Jahr 2005 sowie hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit im Zeitraum 2003 bis einschließlich 2005 und die Auskünfte zu belegen durch Vorlage folgender Unterlagen:
a) der Jahresabschlüsse für das Kalenderjahr 2005, jeweils bestehend aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Kontennachweisen zu Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Anlageverzeichnis sowie die Kontennachweise zu Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie die Anlagenverzeichnisse für die Kalenderjahre 2003 und 2004;
b) der Einkommenssteuererklärung für das Kalenderjahr 2005 mit sämtlichen Anlagen;
c) den arbeitgeberseitig erteilten monatlichen Verdienstabrechnungen für das Jahr 2005;
d) den Einnahmen-Überschussrechnungen für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Kalenderjahre 2003, 2004 und 2005 sowie den Anlagen V zu den Einkommenssteuererklärungen für die Jahre 2003, 2004, 2005;
e) hinsichtlich der Kapitaleinkünfte der Anlagen KAP/KSO zu den Einkommenssteuererklärungen 2003, 2004, 2005 sowie der Bank-, Zins- und Dividendenbescheinigungen für die Kalenderjahre 2003, 2004, 2005;
f) im Falle von Einkünften aus sonstigen Einkommensquellen geeigneter Jahresbescheinigungen für die Kalenderjahre 2003,2004, 2005.
Der weiter gehende Auskunftsantrag und der Unterhaltsantrag - soweit die Klägerin zu 1) Unterhalt bis zum 5.4.2005 geltend macht - werden abgewiesen.
Soweit das AG den Unterhaltsanspruch der Klägerin zu 1) für den Zeitraum vom 6.4.2005 bis 18.9.2005 abgewiesen hat, wird das erstinstanzliche Teilurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG - FamG - zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zu 1) zurückgewiesen.
Die Berufung der Klägerin zu 2) wird zurückgewiesen.
Die Klägerin zu 2) trägt ihre außergerichtlichen Kosten erster Instanz selbst. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung erster Instanz dem Schlussurteil vorbehalten.
Die Klägerin zu 1) trägt die Gerichtskosten der zweiten Instanz zu 1/7, 1/7 der dem Beklagten erwachsenen Kosten und die eigenen Kosten in vollem Umfang.
Die Klägerin zu 2) trägt die Gerichtskosten der zweiten Instanz zu 6/7, 6/7 der dem Beklagten erwachsenen Kosten und die eigenen Kosten in vollem Umfang.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin zu 2) und der Beklagte zogen im Jahr 1996 zusammen. Aus dieser nichtehelichen Beziehung ging am 29.2.2000 die Klägerin zu 1) hervor. Die Klägerin zu 2) trennte sich noch vor Geburt der Tochter von dem Beklagten. Der Beklagte zahlte für die Klägerin zu 1) folgenden Kindesunterhalt:
ab 1.5.2000 333 DM,
ab 1.10.2001 400 DM,
ab 1.4.2002 204,52 EUR monatlich.
Am 9.3.2005 erkannte der Beklagte seine Vaterschaft zur Klägerin zu 1) vor dem Kreisjugendamt A an (Urkunden-Reg. Nr ... .). Die Klägerin zu 2) stimmte dem Vaterschaftsanerkenntnis am 13.4.2005 zu (Urkunden-Reg. Nr ... . der Stadt N). Am 31.1.2006 verpflichtete sich der Beklagte gemäß der Urkunde des Kreisjugendamtes A vom 31.1.2006 (Urkunden-Reg. Nr ... .), an die Klägerin zu 1) für die Zeit vom 1.3.2006 bis 30.6.2007 einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 343 EUR zu zahlen. Weiter verpflichtete er sich, der Klägerin zu 1) ab 1.7.2007 170 % des jeweiligen Regelbetrages der entsprechenden Altersstufe zu zahlen.
Die Klägerinnen machen im Rahmen einer Stufenklage noch unbezifferten Unterhalt geltend und haben in erster Instanz Auskunft über die Einkünfte des Beklagten für die Jahre 2000 bis 2005 verlangt.
Mit Email vom 18.9.2005 erklärte die Klägerin zu 2) dem Beklagten u.a.: "Um nun auf Deine seinerzeit angesprochene finanzielle Hilfe zurückzukommen, bitte ich Dich nun um einen Lösungsvorschlag. Für die ersten 3 Lebensjahre von K habe ich auf meinen Unterhalt verzichtet und auch für die Unterhaltsvorschusskasse nichts in Anspruch genommen. Jedoch bei meinem jetzigen Nettolohn kann ich für die kommenden Jahre für K und mich nicht ausreichend planen. Bitte denke in Ruhe an geeig...