Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckungsabwehrklage: Duldung der Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Grundschuldbestellungsurkunde bei abgekürztem Unterwerfungsvermerk "(sofort) vollstreckbar nach § 800 ZPO"; Abdingbarkeit der Kündigungsfrist für den Grundschuldbetrag
Leitsatz (amtlich)
1. Die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks ist zulässig, wenn der Eintragungsvermerk im Grundbuch kurz "(sofort) vollstreckbar nach § 800 ZPO" lautet.
2. Die sechsmonatige Kündigungsfrist nach § 1193 Abs. 1 BGB ist abdingbar.
Normenkette
BGB §§ 134, 874, 1147, 1192 Abs. 1, § 1193 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
LG Kiel (Urteil vom 20.06.2013) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20.6.2013 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des LG Kiel abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin macht als Grundstückseigentümerin gegen die beklagte Lebensversicherungs AG als Grundpfandrechtsgläubigerin eine Vollstreckungsklage geltend. Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Der (Verwahr-)Notar M. in B. hat der Beklagten am 8.6.2012 wegen des dinglichen Zahlungsanspruchs aus der Grundschuld die Vollstreckungsklausel zur Vollstreckung gegen die Klägerin als derzeitige Eigentümerin des im Grundbuch von X. auf Bl. 106 und 107 verzeichneten Grundstücks erteilt.
Das LG hat die Zwangsversteigerung des im Grundbuch von X. Blatt 0106 unter Nr. 1 des Bestandsverzeichnisses eingetragenen Grundstücks aus der vollstreckbaren Urkunde des Notars B. mit Amtssitz in B. vom 5.7.2006 (Urkundenrollennummer xxxx/2006) für unzulässig erklärt.
Es hat ausgeführt: Die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 5.7.2012 sei unzulässig. Die Klägerin müsse die Unterwerfungserklärung ihrer Rechtsvorgängerin nicht gegen sich gelten lassen, weil die Unterwerfungserklärung nicht in gehöriger Weise im Grundbuch eingetragen gewesen sei. Die Bezugnahme auf § 800 ZPO und die Eintragungsbewilligung reiche nicht aus, weil sich hieraus für den Leser das Vorhandensein eines Vollstreckungstitel nicht ergebe.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie führt aus: Der Vermerk "vollstreckbar nach § 800 ZPO" genüge, um den jeweiligen Grundeigentümer der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen. Dies sei ganz herrschende Auffassung in der Kommentarliteratur. Zwischen "vollstreckbar" und "sofort vollstreckbar" bestehe kein Unterschied. Jedermann könne sich darüber informieren, was die Bezugnahme auf § 800 ZPO bedeutet. Auch Schutzzweckerwägungen würden die Auffassung des LG nicht rechtfertigen: Den Schuldner schütze der vom LG geforderte Wortlaut des Grundbucheintrages nicht vor der sofortigen Zwangsvollstreckung, weil sich der Gläubiger auch ohne den Vermerk "vollstreckbar nach § 800 ZPO" eine titelübertragende Klausel nach § 727 ZPO beschaffen könne. Der Gläubiger könne auf den Wortlaut der vom zuständigen Grundbuchamt vorgenommenen Eintragungen ohnehin keinen Einfluss nehmen. Eintragungen im Grundbuch, die gesetzliche normierte Rechtswirkungen lediglich wiederholen, seien überflüssig und damit unzulässig.
Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie stützt ihre Vollstreckungsklage im Berufungsverfahren nur noch darauf, dass die vollstreckbare Urkunde die Beklagte nicht zur Vollstreckung des dinglichen Duldungsanspruchs aus §§ 1192 Abs. 1, 1147 BGB berechtige. Der Titel wirke nicht gegen sie, weil die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung nicht in der von § 800 Abs. 1 ZPO vorgesehen Form im Grundbuch vermerkt sei.
II. Die Berufung ist zulässig und begründet. Sie führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Diese ist zulässig, aber unbegründet.
A. Zulässigkeit
Die Vollstreckungsabwehrklage der Klägerin richtet sich gegen die Vollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde des Notars B. (UR-Nr. xxxx/2006) vom 5.7.2006. Die Beklagte vollstreckt wegen des dinglichen Duldungsanspruchs nach §§ 1192 Abs. 1, 1147 BGB gegen die Klägerin, die Eigentümerin des mit der Grundschuld belasteten Grundstücks ist.
Gemäß §§ 797 Abs. 4, 767 Abs. 1 ZPO sind Einwendungen, die den Vollstreckungstitel selbst betreffen, von dem Schuldner im Wege der Klage geltend zu machen. Die Vollstreckungsabwehrklage richtet sich gegen festgestellte materielle Leistungsansprüche (Zöller/Herget, § 767 Rz. 1). Sie ist schon dann zulässig, wenn der Schuldner jedenfalls auch Einwendungen gelten machen will, die den durch den Titel festgestellten Anspruch selbst betreffen (Leitsatz BGH NJW 1992, 2159).
Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, sie sei angesichts fehle...