Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortsetzung der Ehegatten-Bruchteilsgemeinschaft nach Erbfall
Leitsatz (amtlich)
1. Sind sich Eheleute hinsichtlich der Guthabenforderung eines allein auf den Namen des Ehemannes eingerichteten Kontos darüber einig, dass sie der gemeinsamen Altersvorsorge dienen soll, ist eine konkludente Vereinbarung über eine Bruchteilsgemeinschaft anzunehmen.
2. Die Bruchteilsberechtigung der Ehefrau entfällt nicht durch den Tod des Ehemannes. Vielmehr treten die Erben an Stelle des verstorbenen Teilhabers in die Bruchteilsgemeinschaft ein. Hinsichtlich des Guthabens ist zwischen dem Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft nach § 749 BGB und der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu unterscheiden.
Normenkette
BGB §§ 749, 1922, 741
Verfahrensgang
LG Kiel (Entscheidung vom 15.04.2011; Aktenzeichen 9 O 7/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15. April 2011 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Kiel, Aktenzeichen 9 O 7/11, geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 132,16 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. September 2010 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung von 120 % des aus dem Urteil gegen sie vollstreckbaren Betrages abzuwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil gegen sie vollstreckbaren Betrags abwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor Sicherheit leistet in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über eine Erbauseinandersetzung. Sie sind Miterbinnen je zur Hälfte nach dem Erblasser X, der am ... 2010 verstorben ist. Der Erblasser war der Vater der Klägerin; die Beklagte war seine zweite Ehefrau. In dem Rechtsstreit geht es ausschließlich um die Frage, ob das Guthaben auf dem Konto Nr. ... vollständig oder nur zur Hälfte in den Nachlass des Erblassers fällt. Dabei handelt es sich um ein Cashkonto DIREKT der Hamburger Sparkasse (Haspa), das auf den Namen des Erblassers lautete und für das er der Beklagten eine Kontovollmacht erteilt hatte. Zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers betrug das Guthaben 151.071,97 €. Hinsichtlich des Sachverhalts und der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien erster Instanz einschließlich ihrer dortigen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 37.900,15 € stattgegeben und sie lediglich in Höhe von 61,00 € (= Hälfte der Kosten für die Erbscheinerteilung) abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Klägerin ein Anspruch in der zuerkannten Höhe aus §§ 2042, 752, 2047 Abs.1, 2018 BGB zustehe. Das Haspa-Bankkonto sei zu 100 % Bestandteil des Nachlasses des Erblassers. Es handele sich dabei um ein Tagesgeld-Konto, das ein Zahlungskonto im Sinne von § 675 f Abs. 2 Satz 1 BGB darstelle. Vertragsparteien des Zahlungsdienstrahmenvertrages, der einen Zahlungsdienstevertrag und einen Verwahrungsvertrag umfasse, seien allein der Erblasser und die Haspa gewesen. Die Beklagte habe nicht dargelegt, dass ihr Ansprüche aus eigenem Recht gegen die Haspa zustünden. Sie sei lediglich Vollmachtinhaberin gewesen. Dies zeige, dass sie gerade nicht originär berechtigt gewesen sei, da es sonst keiner Vollmacht bedurft hätte. Eine etwaige Vereinbarung zwischen dem Erblasser und der Beklagten, dass das Geld für die gemeinsame Altersversorgung habe verwendet werden sollen, begründe keinen Anspruch der Beklagten gegen die Haspa. Auch habe kein Anspruch der Beklagten gegen den Erblasser auf Zahlung der Hälfte des Kontoguthabens bestanden. Soweit die Beklagte behaupte, das Guthaben habe der gemeinsamen Altersversorgung dienen sollen, bedeute dies, dass die Altersversorgung eben gemeinsam bewirkt werden sollte, was einen Anspruch des einen Ehegatten gegen den anderen auf Auszahlung des der Altersversorgung dienenden Vermögens ausschließe. Auch aus dem Umstand, dass das Guthaben aus dem Kaufpreis für die Veräußerung des gemeinsamen Grundstücks resultiere, ergebe sich nichts anderes. Eine Vereinbarung, dass das Geld der Beklagten und dem Erblasser im Verhältnis zur Bank gemeinsam zur Verfügung stehen sollte, sei von der Beklagten nicht vorgetragen worden. Vielmehr habe die Beklagte vorgetragen, dass das Geld gemeinsam habe verbraucht werden sollen. Dies sei aber nach dem Tod des Erblassers nicht mehr möglich. Hätten der Erblasser und die Beklagte gewollt, dass der gesamte zum Zeitpunkt des Erbfalls noch vorhandene Erlös nicht in den Nachlass hätte fallen, sondern dem Vermögen der Beklagten hätte zugerechnet werden s...