Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerbsobliegenheit der Mutter minderjähriger Kinder

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Erwerbsobliegenheit der Mutter minderjähriger Kinder, die einer gesicherten Teilzeitbeschäftigung nachgeht.

 

Normenkette

BGB §§ 1601, 1603 Abs. 2, § 1610

 

Verfahrensgang

AG Plön (Urteil vom 12.08.2005; Aktenzeichen 5 F 293/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des AG - FamG - Plön vom 12.8.2005 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an jeden Kläger ab März 2005 einen monatlichen Unterhalt von 120 EUR zu zahlen.

Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

Die erstinstanzlichen Kosten werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des zweiten Rechtszuges trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der am 1990 geborene Kläger zu 1) und der 1992 geborene Kläger zu 2) entstammen der geschiedenen Ehe des Kindesvaters mit der Beklagten. Nach der Trennung ihrer Eltern lebten die Kläger zunächst bei der Beklagten. Im November 2003 zog der Kläger zu 1) zum Kindesvater, im März 2005 folgte ihm der Kläger zu 2). Der Kindesvater bezieht für sich und die Kläger Leistungen von der Arbeitsgemeinschaft SGB II im Kreis Plön.

Die am 5.7.1964 geborene Beklagte ist gelernte Friseurin und seit November 2001 mit wöchentlich 26,25 Stunden als Schlachtereiverkäuferin in Preetz beschäftigt. Sie verdient dort monatlich 865 EUR netto.

Die Kläger haben die Beklagte mit Schreiben vom 17.3.2005 zur Auskunftserteilung und zur Unterhaltszahlung aufgefordert und vorgetragen, die Beklagte müsse eine Nebentätigkeit ausüben, um den Mindestunterhalt zahlen zu können. Sie lebe mit einem Partner zusammen, so dass sie sich Haushaltsersparnisse anrechnen lassen müsse. Sie sei in der Lage, die ab März 2005 geltend gemachten Regelbeträge aufzubringen.

Die Beklagte hat erwidert, sie könne ihre Tätigkeit in der Schlachterei nicht ausweiten. Sie habe sich vergeblich um andere bzw. zusätzliche Arbeitsstellen beworben. Ihre Partnerschaft sei beendet, seit Mai 2005 lebe sie bei ihren Eltern in Wendtorf und zahle einen Kostenbeitrag von 200 EUR monatlich.

Das FamG hat der Klage für den Zeitraum von März 2005 bis Juni 2005 i.H.v. monatlich je 24,50 EUR stattgegeben und dazu ausgeführt, der Beklagten seien keine fiktiven Einkünfte zuzurechnen, weil ihr die Aufgabe des sicheren teilschichtigen Arbeitsplatzes zugunsten einer unsicheren Vollbeschäftigung nicht zuzumuten sei. Die Vielzahl der vergeblichen Bewerbungen belege, dass sie eine Nebentätigkeit nicht habe finden können. Ein Ansatz ersparter Aufwendungen wegen des Zusammenlebens mit einem neuen Partner werde nach der ständigen Rechtsprechung des FamG nicht anerkannt. Das kostengünstige Wohnen bei ihren Eltern führe zwar grundsätzlich zu einer Absenkung des Selbstbehalts, werde hier aber durch berufsbedingte Fahrtkosten aufgezehrt; die Entfernung zwischen Wendtorf und Preetz betrage 30 km.

Die Kläger vertreten mit ihrer Berufung weiterhin die Auffassung, die Beklagte sei in der Lage, zusätzliche Arbeit zu verrichten, im Privatbereich bestehe "ein geradezu unendlicher Arbeitsmarkt". Auch ihr Arbeitgeber suche neue Mitarbeiter, bei denen es sich nicht um Fachkräfte handeln müsse. Sie lebe mit einem Freund zusammen, so dass der Selbstbehalt gesenkt werden müsse. Ob für die Vergangenheit Zahlungen des Unterhalts an die ARGE verlangt werden müsse, sei mangels gesetzlichen Forderungsüberganges fraglich.

Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zur Zahlung monatlichen Unterhalts von je 120 EUR an jeden Kläger ab März 2005 zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte erwidert, sie habe bei ihrem Arbeitgeber keine Möglichkeit, die Arbeitszeit auszuweiten. Sie habe bereits ein Guthaben von 80 Überstunden, die später durch Freizeit ausgeglichen werden sollten. Die Suche nach einer Nebenbeschäftigung werde dadurch erschwert, dass ihr Arbeitgeber oftmals kurzfristig Überstunden anordne oder geteilte Dienste verlange. Seit dem 15.9.2005 bewohne sie in Preetz eine angemietete Ferienwohnung, weil die Anreise von Wendtorf mit einem geliehenen Pkw zu kostspielig gewesen sei. Zu Herrn Carsten N. unterhalte sie weder ein Verhältnis noch bestehe eine Lebenspartnerschaft. Er wohne in Preetz in der Max-Planck-Straße und sie habe sich im Rahmen seiner Hausfinanzierung mitverpflichtet, weil dies zu Zeiten der Beziehung so vereinbart worden sei und Herr N. ohne ihre Mithaftung das Darlehen nicht bekommen hätte.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist begründet, weil sich die Beklagte so behandeln lassen muss, als erziele sie von März 2005 bis Juni 2005 bereinigte Einkünfte von 1.060 EUR und ab Juli 2005 i.H.v. 1.130 EUR, aus denen bei sog. kleinen Selbstbehalten von 820 EUR bis Juni 2005 und von 890 EUR ab Juli 2005 monatlich Unterhalt von 120 EUR für jeden Kläger gem. §§ 1601 ff., 1603 Abs. 2, 1610 BGB gezahlt werden könnte.

Die Beklagte hat nach ihrer eigenen Darstellung die Verpflichtung, ihre Arbeitskraft...

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