Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechtigung der Verwendung der Bezeichnung "Freie Wähler" auf einer Internet-Website

 

Leitsatz (amtlich)

Die Bezeichnung "Freie Wähler" unterliegt jedenfalls derzeit noch keinem namensrechtlichen Schutz i.S.d. § 12 BGB. Insoweit fehlt es sowohl an notwendiger Unterscheidungskraft als auch an überregionaler Verkehrsgeltung.

 

Normenkette

BGB § 12

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Urteil vom 05.03.2010; Aktenzeichen 5 O 174/09)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 28.09.2011; Aktenzeichen I ZR 191/10)

 

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des LG Kiel vom 5.3.2010 - 5 O 174/09, wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 1.900 EUR vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Berechtigung des Beklagten, die Bezeichnung "Freie Wähler" auf einer von ihm betriebenen Website zu benutzen.

Der Kläger ist als Bundesverband der Freien Wähler der Bundesrepublik Deutschland seit dem 21.2.1965 ein eingetragener Verein. Laut § 1 seiner Satzung (Bl. 2 Anlagenband) führt er den Namen "Freie Wähler Deutschland". Seinem Satzungszweck (§ 2) nach ist er der Zusammenschluss der Landesverbände der Freien Wähler. U. a. vertritt er danach die Interessen seiner Mitglieder auf Bundesebene. Neben dem Kläger als Organisation der Landesverbände gibt es - wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat deutlich geworden ist - auf Bundesebene die (nicht rechtsfähige) "Bundesvereinigung Freie Wähler", die beim Bundeswahlleiter als Partei registriert ist. Die Geschäftsführerin und Schatzmeisterin des Klägers ist nach dessen Vortrag auch Geschäftsführerin und Schatzmeisterin der Bundesvereinigung.

Mitglieder des Klägers sind die jeweiligen Verbände der Länder mit Ausnahme der Landesverbände Bremen, Brandenburg, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein. Die Landesverbände Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein traten mit Wirkung zum 31.12.2009 aus dem Kläger aus. Die Landesverbände Bremen und Brandenburg wurden 2009 aus dem Kläger ausgeschlossen.

Der Beklagte ist Inhaber der Domain "Freie-Waehler-Nordverbund" und betreibt hierunter eine Internetseite mit politischen Inhalten. Unter dieser Homepage tritt ein "Verein FWG Freie Wähler Gemeinschaft Nord Verband Hanse Allianz Gruppe für Schleswig-Holstein, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Bremen, kurz Freie Wähler Nordverband mit Sitz in Hamburg" auf. Als Vorsitzender in Verantwortlicher für den Inhalt der Website wird der Beklagte genannt.

Der Kläger forderte den Beklagten vergeblich zur Unterlassung der Führung des Namens "Freie Wähler Nordverband" auf. Daraufhin hat er Unterlassungsklage erhoben.

Das LG, auf dessen Urteil hinsichtlich der Einzelheiten gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen. Ein Anspruch aus § 12 BGB, der als einzige Anspruchsgrundlage in Betracht komme, bestehe - so das LG - nicht. Der Bezeichnung "Freie Wähler Deutschland" komme keine originäre Unterscheidungskraft zu, kraft derer von sich aus der Schutz des § 12 BGB dem Kläger zugute komme. Die Bezeichnung "Freie Wähler" sei lediglich eine Gattungsbezeichnung, die aus beschreibenden Wörtern zusammengesetzt sei. Auch sei die Zusammensetzung dieser Begriffe keine einprägsame Neubildung, die Namensschutz rechtfertige. Namensschutz könne der Kläger auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer Verkehrsgeltung des Namens "Freie Wähler Deutschland" ableiten, wobei offen bleiben könne, ob der Name des Klägers tatsächlich Verkehrsgeltung beanspruchen könne. Denn jedenfalls habe der Beklagte sich einen unbefugten Gebrauch dieses Namens nicht angemaßt. Es fehle hierzu schon an der Verwendung des gleichen Namens. Vorliegend sei nur ein gemeinsamer Namensbestandteil verwandt worden. Diese Verwendung eines Bestandteils könne zwar auch eine unbefugte Namensanmaßung darstellen. Voraussetzung hierfür sei aber, dass durch die Verwendung eine Verwechslungsgefahr der Namen begründet werde. Daran fehle es hier jedoch. Auch sei nicht zu befürchten, dass durch die Verwendung des Namensbestandteils der Kläger mit dem Beklagten in einen tatsächlich nicht bestehenden organisatorischen Zusammenhang gebracht werde, indem der Eindruck erweckt werde, der Beklagte gehöre zum Kläger. Das sei schon deswegen nicht zu befürchten, weil die Organisation des Klägers nicht alle freien Wählergemeinschaften umfasse und daher nicht davon ausgegangen werden könne, dass sämtliche Vereinigungen, die in diesem Bereich tätig seien, im Kläger organisiert seien.

Gegen Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese fristgerecht begründet.

Der Kläger meint, der Bezeichnung "Freie Wähler" komme eine originäre Unterscheidungskraft zu, die ihm Namensschutz auch in Bezug auf den Namensbestandteil vermittle. Zwar möge ursprünglich die Bezeichnung "Freie Wähler" beschreibenden Charakter gehabt haben. Vor dem Hintergrund der politischen Entwicklung de...

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