Verfahrensgang

LG Lübeck (Urteil vom 04.11.2005; Aktenzeichen 5 O 13/04)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 27.05.2009; Aktenzeichen III ZR 285/08)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin vom 8.12.2005 gegen das Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des LG Lübeck vom 4.11.2005 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 206.383,50 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung einer weitergehenden Entschädigung für die Enteignung ihr gehörender Grundstücksflächen von 190.031 m2. Diese Grundstücksflächen wurden für den Neubau der Bundesautobahn A 20 im südlichen Bereich von L. benötigt. Durch den Enteignungs- und Entschädigungsfeststellungsbeschluss vom 22.7.2003 wurde die Enteignung des im Einzelnen bezeichneten Grundbesitzes der Klägerin und die Zahlung einer Entschädigung von 121.619,84 EUR angeordnet, die die Klägerin einschließlich Zinsen erhalten hat. Mit der am 14.1.2004 eingegangenen Klage hat die Klägerin die Zahlung von weiteren 412.767,09 EUR begehrt.

Das LG hat die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme über den Verkehrswert der enteigneten Grundstücke abgewiesen, weil die gezahlte Entschädigung entsprechend dem vom LG eingeholten Gutachten des Sachverständigen C. dem Verkehrswert entsprach. Mit der Berufung hat die Klägerin ihren erstinstanzlichen Entschädigungsanspruch zunächst auf 10 % des erstinstanzlich geltend gemachten Betrags beschränkt, in der mündlichen Verhandlung am 30.9.2008 dann aber beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin über die gem. Enteignungs- und Entschädigungsfeststellungsbeschluss des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein - Der Enteignungskommissar - Az.: XXX vom 22.7.2003 festgesetzten und gezahlten 121.619,84 EUR hinaus weitere 206.383,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten p.a. seit dem 23.10.1998 auf diesen Betrag zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat durch Einholung eines Sachverständigengutachtens gem. Beschluss vom 14.5.2007 (Bl. 352, 353 GA) Beweis über die Behauptung der Klägerin erhoben, der volle Wert, einschließlich der enteigneten Zubehörungen und Früchte, der durch den Enteignungs- und Entschädigungsfeststellungsbeschluss vom 22.7.2003 enteigneten Grundstücke der Klägerin betrage 534.386,93 EUR, und der Sachverständigen als Stichtage für die Wertermittlung den 26.7.1995 (Festlegung des Trassenverlaufs) und den 5.1.1996 (Planauslegung) vorgegeben. Die zur Sachverständigen bestellte Dipl.-Ing. B.M. hat ein schriftliches Gutachten unter dem Datum vom 19.11.2007 erstellt und in der mündlichen Verhandlung vom 30.9.2008 ihre Feststellungen erläutert und ergänzt (Bl. 390-394 GA).

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil und die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die vom Gericht eingeholten Gutachten sowie die Sitzungsniederschriften vom 27.2.2007 (Bl. 279-282 GA) und vom 30.9.2008 (Bl. 390-394 GA) Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Beklagte hat die der Klägerin gehörenden Grundstücke gem. § 19 Abs. 1 FStrG enteignet, weil die Grundstücke benötigt wurden, um die Bundesfernstraße A 20 im Bereich von L. zu errichten. Aufgrund der Enteignung steht der Klägerin eine Entschädigung zu. Wegen der Entschädigung verweist § 19 Abs. 5 FStrG auf die Enteignungsgesetze der Länder. In Schleswig-Holstein regelt sich die Enteignungsentschädigung nach dem Preußischen Enteignungsgesetz (PrEG). Die Pflicht zur Zahlung einer Entschädigung bei der Enteignung von Grundstücken ist in §§ 7 ff. PrEG geregelt.

Die Klägerin wendet sich mit der Klage nicht gegen die im Enteignungs- und Entschädigungsfeststellungsbeschluss vom 22.7.2003 angeordnete Enteignung. Zwischen den Parteien ist lediglich die Höhe der festgesetzten Entschädigung im Streit. Die Klägerin beanstandet die bei der Festsetzung des Verkehrswerts zugrunde liegenden Bewertungskriterien sowie den für die Höhe der Enteignungsentschädigung geltenden Stichtag.

1. Wertermittlung

Nach § 8 Abs. 1 PrEG ist für die Enteignung von Grundeigentum eine Entschädigung in Höhe des vollen Werts des enteigneten Grundstücks einschließlich der enteigneten Zubehöre und Früchte zu zahlen. Diese Regelung entspricht im Ergebnis den sonstigen landesrechtlichen Enteignungsgesetzen.

Der Begriff des Verkehrswerts ist in § 194 BauGB geregelt. Nach dieser entsprechend anzuwendenden gesetzlichen Regelung wird der Verkehrswert (Marktwert) durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsve...

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