Tenor
1. Es wird festgestellt, dass das zum Az. 590 Js 55233/15 StA Kiel gegen den Kläger geführte staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren unangemessen lange gedauert hat.
2. Der Beklagte wird verurteilt, wegen unangemessener Dauer des zum Az.: 590 Js 55233/15 StA Kiel geführten Ermittlungsverfahrens an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von 1.800,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3. Januar 2020 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens fallen dem Beklagten zur Last.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird zugelassen.
6. Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 2.300,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung der unangemessenen Dauer eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens und die Zahlung einer angemessenen Entschädigung durch das beklagte Land Schleswig-Holstein.
Der Kläger war als Mitarbeiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD) Beschuldigter in dem von der Staatsanwaltschaft Kiel seit dem 26. Oktober 2015 geführten Verfahren mit dem Az.: 590 Js 55233/15. Die Ermittlungen hatten den Vorwurf des Betruges durch möglicherweise fehlerhafte Abrechnung drittmittelgeförderter Projekte zum Gegenstand. Es richtete sich auch gegen die als gesonderte Klägerin auftretende Leiterin des ULD und Datenschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein Marit H.. Das Ermittlungsverfahren wurde mit Zustimmung des Amtsgerichts Kiel durch die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kiel nach drei Jahren und acht Monaten im Juni 2019 gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt.
Der Klage liegt folgender Gang des Ermittlungsverfahrens zugrunde:
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft begannen nach einer Strafanzeige vom 25. Oktober 2015 durch einen früheren Mitarbeiter des ULD, Sven-Oliver P.. Der Anzeigende warf der Leiterin des ULD Marit H. und dem Kläger Betrug bei der Abrechnung von Fördermitteln vor. Der damals zuständige Dezernent, Staatsanwalt Dr. N., nahm am 26. Oktober 2015 die Ermittlungen auf. Zunächst fragte der Dezernent mit Schreiben vom 3. November 2015 im Rahmen eines Vorprüfungsverfahrens bei dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) - einem der Fördermittelgeber - nach den Abrechnungsmodalitäten drittmittelgeförderter Projekte, wobei er konkrete Angaben zu möglichen Taten nicht machte. Aufgrund ihm lediglich telefonisch mitgeteilter Auskünfte des BMBF leitete der Dezernent sodann am 9. November 2015 förmliche Ermittlungen gegen den Kläger und die Mitbeschuldigte H. ein. Am selben Tag wurde ein Durchsuchungsbeschluss bei dem Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Kiel beantragt, den dieser am 16. November 2015 erließ.
Der Kläger erfuhr von diesen Ermittlungen am 4. Dezember 2015, am Tag der Durchsuchung der Diensträume des ULD, anlässlich derer er und die Mitbeschuldigte H. auch als Beschuldigte vernommen wurden. In der Folgezeit erfolgten Auswertungen von E-Mails und das Anlegen von Fallakten, Auswertungen arbeitsgerichtlicher Akten sowie mehrere Zeugenvernehmungen durch die Staatsanwaltschaft und das Landeskriminalamt (LKA) in Kiel, Saarbrücken und Karlsruhe am 4. Dezember 2015, 19. Februar 2016 und 22. März 2016. Ein Zwischenbericht über die bisher gewonnenen Ermittlungsergebnisse des LKA datiert vom 16. August 2016.
Zum 30. Juni 2016 verließ Staatsanwalt Dr. N. die Staatsanwaltschaft Kiel, zuständig wurde als Dezernatsnachfolger Staatsanwalt Brandt. In der Folgezeit wurden nach Rücksprache noch mit Staatsanwalt Dr. N. Fallakten für einzelne Projekte angelegt sowie weitere Unterlagen durch das LKA ausgewertet.
Mit Schreiben vom 24. April 2017 erhob der Verteidiger des Klägers Verzögerungsrüge. Mit Schreiben vom 1. August 2017 teilte die Leitende Oberstaatsanwältin der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kiel dem Verteidiger der Mitbeschuldigten H. mit, dass die nach ihrer Einschätzung weiter erforderlichen Ermittlungen in Abstimmung mit ihr "prioritär geführt" würden, allerdings ein Abschluss der Ermittlungen noch nicht abgesehen werden könne.
In der Zeit vom 20. September 2017 bis zum 6. November 2017 wurden auf Basis der bereits im November 2016 vom LKA abgeschlossenen Auswertungen weitere Zeugen vernommen, bei denen es sich ausschließlich um (ehemalige) Mitarbeiter des ULD handelte. Hierbei kam es zu Verzögerungen im Hinblick auf die von dem ULD benötigten Aussagegenehmigungen und auch, weil sich einer der Zeugen auf ein Aussageverweigerungsrecht berief. Weil sich herausgestellt hatte, dass im ULD ein Teil der streitbefangenen Stundenzettel zwischenzeitlich geändert worden waren, wurden diese seitens der Staatsanwaltschaft in aktueller Version vom ULD erfordert und ab dem 30. Januar 2018 im LKA durch eine beauftragte Buchhaltungsfachkraft ausgewertet. Eine entsprechende Auswertung lag unter dem Datum vom 22. Mai 2018 vor.
Zwischenzeitlich hatte der ...