Entscheidungsstichwort (Thema)
Alleinige Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils
Leitsatz (amtlich)
Wird ein Wechselmodell nicht praktiziert, ist allein der nicht betreuende Elternteil barunterhaltspflichtig. Die alleinige Barunterhaltspflicht besteht, solange das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei dem anderen Elternteil liegt.
Normenkette
BGB § 1606 Abs. 3, § 1612 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Lübeck (Urteil vom 17.10.2007; Aktenzeichen 123 F 53/07) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 17.10.2007 verkündete Urteil des AG - FamG - Lübeck wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Auf die Darstellung der Tatsachengrundlage wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO verzichtet. Ein Rechtsmittel ist gegen das Urteil unzweifelhaft nicht gegeben.
II. Die Berufung ist unbegründet.
1. Dem Kläger steht der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Auskunftsanspruch ggü. der Beklagten zu 1. nicht zu.
Ob eine Auskunftsverpflichtung des betreuenden Elternteils auf § 1580 BGB gestützt werden kann, um die Höhe der Barunterhaltsverpflichtung ggü. den Kindern zu ermitteln, kann dabei dahinstehen. Das FamG hat die Auskunftsverpflichtung der Beklagten zu 1. zu Recht deshalb verneint, weil sich die Auskunft auf die Höhe des Unterhaltsanspruchs der Kinder jedenfalls nicht auswirken kann. Steht fest, dass es für die Bemessung des Anspruchs oder die Beurteilung der Leistungsfähigkeit auf die Auskunft nicht ankommt, entfällt eine Auskunftspflicht (vgl. BGH FamRZ 1994, 558). In Betracht käme eine Relevanz der Einkünfte der Kindesmutter nur, wenn beide Elternteile über Einkommen verfügten, ein Wechselmodell praktizierten und der Unterhaltsbedarf der Kinder deshalb an den beiderseitigen zusammengerechneten Einkünften auszurechnen wäre (vgl. BGH FamRZ 2006, 1115).
Da ein Wechselmodell nicht praktiziert wird, ist die Auskunft aber nicht erforderlich, um die Höhe der Unterhaltsansprüche der Beklagten zu 2. und 3. zu ermitteln. Vielmehr ist allein der Kläger ggü. den Kindern barunterhaltspflichtig. Nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB erfüllt der Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, seine Verpflichtung zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch dessen Pflege und Erziehung. Der andere, nicht betreuende Elternteil hat den Unterhalt durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren (§ 1612 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Die Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils besteht, solange das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei einem Elternteil liegt. Dann ist davon auszugehen, dass dieser Elternteil die Hauptverantwortung für das Kind trägt und dadurch den Betreuungsunterhalt leistet, während der andere Elternteil auf der Grundlage nur seiner eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse zu Barunterhalt verpflichtet ist (vgl. BGH NJW 2007, 1882). Daran soll sich nach Auffassung des BGH auch nichts ändern, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil seinerseits Betreuungs- und Versorgungsleistungen erbringe, selbst wenn dies im Rahmen eines über das übliche Maß hinaus wahrgenommenen Umgangsrechts erfolge, dessen Ausgestaltung sich bereits einer Mitbetreuung annähere. Wenn und soweit der andere Elternteil gleichwohl die Hauptverantwortung für ein Kind trage, müsse es dabei bleiben, dass dieser Elternteil seine Unterhaltspflicht i.S.d. § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB durch die Pflege und Erziehung des Kindes erfülle.
Die Hauptverantwortung für die Kinder hat die Beklagte. Schon der zeitliche Aufwand der Beklagten überwiegt den des Klägers. Die Kinder halten sich bei einem 14-tägigen Aufenthaltsrythmus von Montag bis Mittwoch jeweils bei der Mutter auf. Dies sind insgesamt 3 Tage. Von Donnerstag bis Sonntag sind die Kinder beim Vater (4 Tage). Am Donnerstag sind die Kinder dann wiederum beim Vater (1 Tag). Von Freitag bis Sonntag sind die Kinder dann wieder bei der Mutter. Von 14 Tagen sind die Kinder damit an 9 Tagen bei der Beklagten zu 1. Dies entspricht einen vom BGH in der o.a. Entscheidung zugrunde gelegten 2/3-Anteil. Die weiteren Zeiten, in denen der Kläger das Fußballtraining begleitet, sind nicht zu berücksichtigen. Das Schwergewicht der Betreuung ändert sich dadurch nicht. Die Begleitung des Trainings durch den Kläger entlastet die Beklagte nicht. Auch ohne die Anwesenheit des Klägers können die Kinder am Fußballtraining teilnehmen.
Die Schulzeiten sind aus den wechselseitigen Betreuungsanteilen nicht als "quasi neutrale" Zeiten herauszurechnen. Sie ändern am Schwerpunkt der Betreuung nichts. Die Beklagte zu 1. muss sich an Schultagen um die Mahlzeiten, das Aufstehen, die Bekleidung und den sicheren Schulweg kümmern. Bei Erkrankungen muss sie selbst die Kinder betreuen.
Auf die Frage, ob der Bedarf der Kinder gemindert ist, weil er zu einem Teil durch Leistungen des Klägers gedeckt wird, kommt es für den Auskunftsanspruch nicht an. Die Höhe der Bedarfsminderung kann der Kläger auch ohne Kenntnis der Einkünfte der Beklagten ermitte...