Verfahrensgang
LG Kiel (Urteil vom 20.03.2009; Aktenzeichen 14 O 90/05) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerinnen vom 27.4.2009 gegen das am 20.3.2009 verkündete Schlussurteil der Kammer für Handelssachen I. des LG Kiel wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsrechtszuges.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägerinnen wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. jeweils 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerinnen machen gegen die Beklagte im zweiten Rechtszug einen Anspruch aus §§ 317 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4, 309 Abs. 4 AktG auf Zahlung von 1.000.000 EUR an die freenet AG (vor Verschmelzung MobilCom AG) geltend.
Bei den beiden Klägerinnen handelt es sich um Aktionäre der ehemaligen MobilCom AG (im Folgenden: MC), die sich mittelbar durch nachteilige Handlungen der Beklagten in dem Zeitraum 2000 bis 2002 im Wert ihres Aktienvermögens geschädigt sehen. Die Klägerin zu 2) war bis zur Insolvenzeröffnung alleinige Gesellschaftergeschäftsführerin der Klägerin zu 1). Beide halten seit mindestens dem Jahr 2005 (7.7.2005 bzw. 1.12.2005) MC-Aktien, wobei die Klägerin zu 1) lediglich den Nachweis für mindestens eine Aktie geführt hat. Über das Vermögen der Klägerin zu 1) ist am 29.6.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet worden (AG Kiel 25 IN 160/09) und Herr Rechtsanwalt W. zum Insolvenzverwalter bestimmt worden. Die Klägerin zu 1) war seit dem 28.2.2001 an der MobilCom AG (MC) beteiligt. Einen Teil ihrer Aktien hatte sie an die D. Bank AG in H. im Jahr 2001 verpfändet. In der Zeit zwischen dem 2.6.2003 und 16.9.2003 hat die D. Bank einen Teil der MC-Aktien der Klägerin zu 1) auf Grundlage ihrer AGB verwertet und dabei einen Verkaufserlös von insgesamt 7.208.646,50 EUR erzielt.
Die Beklagte (im Folgenden: FT) ist eine Aktiengesellschaft, die sich im Mehrheitsbesitz des französischen Staates befindet. Sie war in der Zeit von 2000 bis 2005 über eine Enkelgesellschaft mit 28,5 % an der MC beteiligt gewesen. Daneben hält sie im In- und Ausland umfangreichen Beteiligungsbesitz.
Die MC wurde im Jahr 1991 als GmbH gegründet. Im Jahr 1996 wurde sie in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und als eines der ersten Unternehmen am neuen Markt der Frankfurter Wertpapierbörse notiert. Seitdem bietet MC auf dem deutschen Markt Telekommunikationsdienstleitungen auf den Geschäftsfeldern Mobilfunk, Festnetz und Internet als sog. Service-Provider an. Mit Vertrag vom 8.7.2005 und mit Zustimmung der jeweiligen Hauptversammlungen wurden die MC und die freenet. de AG auf die telunico holding AG verschmolzen und am 2.3.2007 im Handelsregister () eingetragen. Die telunico holding AG wurde später auf den Namen freenet AG umfirmiert.
Im Jahr 1999 beabsichtigte MC, das Geschäftsfeld als netzunabhängiger Serviceprovider für die Mobilfunknetze D1, D2 und E-Plus zu erweitern und ein eigenes UMTS-Mobilfunknetz aufzubauen. Ein Joint-Venture-Vertrag vom 15.12.1999 mit der Firma Debitel musste wegen der für den Netzaufbau erforderlichen Milliardeninvestitionen wieder aufgegeben werden.
FT hatte schon länger versucht, sich auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt zu etablieren. Die sich im Jahr 2000 bietende Chance einer Beteiligung und Kooperation mit MC war deshalb auch im Interesse der Beklagten. Beide beabsichtigten, sich an der Versteigerung von UMTS-Lizenzen in Deutschland zu beteiligen und erhofften sich durch den Aufbau eines eigenen UMTS-Netzes eine höhere Wertschöpfung. Für MC war von vornherein klar, dass der Entwicklungsschritt vom Serviceprovider zum Netzbetreiber nur mit der starken finanziellen Unterstützung eines "Global Players" erfolgen konnte.
Anlässlich der bevorstehenden Versteigerung von UMTS-Lizenzen durch die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post im Jahr 2000 wurde eine Zusammenarbeit zwischen MC und der FT mit Kooperationsrahmenvertrag vom 22.3.2000 (Cooperation Framework Agreement - im Folgenden: CFA) begründet. Dieser Vertrag regelte die generelle Zusammenarbeit der Vertragspartner MC, FT und des damaligen Gründers, Mehrheitsgesellschafters und Vorstandsvorsitzenden von MC (im Folgenden: GS). Letzterer war mit mindestens 30 % bis Ende 2002 als größter Aktionär am Grundkapital der MC beteiligt und bis zu seiner Abberufung am 21.6.2002 Vorstandsvorsitzender der MC. Aus Sicht von MC bot das CFA die Chance, die Ersteigerung der UMTS-Lizenz und die spätere Finanzierung des UMTS Netzaufbaus zu ermöglichen.
Das CFA enthält unter Ziff. I Abschnitt 1 bis 3 Regelungen über die Vorgehensweise bei der Kooperation mit dem Ziel einer Beteiligung von FT an der MC. Zum Zweck des Lizenzerwerbs gründeten die MC und die FT zunächst entsprechend Ziff. 2.1. CFA nach Einholung der erforderlichen kartellrechtlichen Genehmigungen ein von der FT zu finanzierendes Joint-Vent...