Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersatz des Minderwerts eines Diesel-Kraftfahrzeugs mit unzulässiger Abschaltsoftware
Normenkette
BGB §§ 31, 249, 826, 849; ZPO § 256
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 27. Juni 2019, Az. 6 O 595/18, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Feststellungsantrag des Klägers bereits als unzulässig abgewiesen ist.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger macht Ansprüche aus dem Kauf eines Kraftfahrzeugs, das vom sogenannten "Abgasskandal" betroffen ist, geltend.
Der Kläger erwarb am 26. August 2016 einen gebrauchten Audi A3 2,0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer XXX bei der Autohaus A. GmbH in Kiel zu einem Kaufpreis von 16.250,00 Euro. Bezüglich der Einzelheiten der Fahrzeugbestellung wird auf die Anlage K1 verwiesen. Das Fahrzeug wies zum Kaufzeitpunkt eine Kilometerlaufleistung von 112.700 km auf. In dem Fahrzeug ist der von der Beklagten entwickelte und gefertigte Motor mit der Typenbezeichnung EA 189 verbaut. Dieser Motor war im Zeitpunkt des Kaufvertrags mit einer Software ausgestattet, welche einen Stickoxid-optimierten Betriebsmodus aufwies, der nur beim Durchfahren des Neuen Europäischen Fahrzyklus' (NEFZ) aktiviert wurde. Bei normaler Fahrt im Straßenverkehr wurde ein anderer Betriebsmodus aktiviert, welcher eine geringere Abgasrückführungsrate und einen höheren Ausstoß an Stickoxid aufwies als der Modus für Prüfsituationen. Nach Installation des Software-Updates wird das Fahrzeug auch im Straßenverkehr in einem angepassten Modus mit erhöhter Abgasrückführung betrieben. Nur durch die Verwendung dieser Motorsteuerungssoftware war die Erlangung der EG-Typengenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug möglich.
Der Motor der Baureihe EA 189 und die erwähnte Software wurde serienmäßig in diverse Fahrzeugmodelle der Beklagten sowie derer Konzernunternehmen, also auch der Audi AG, verbaut. Gemäß Bescheid des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) vom 15. Oktober 2015 musste bei Fahrzeugen mit dem Motor des Typs EA 189 die aus Sicht des Bundesamtes unzulässige Abschaltvorrichtung entfernt werden. Die Beklagte entwickelte daher ein Update für die Motorsteuerungssoftware, wonach das Fahrzeug nur noch über einen einheitlichen Betriebsmodus verfügt. Das KBA ordnete das Aufspielen des Updates als obligatorisch gegenüber den Fahrzeughaltern an.
Die Audi AG wies den Kläger ein halbes Jahr nach dem Kauf darauf hin, dass das streitgegenständliche Fahrzeug von einer Software betroffen ist, welche die Stickoxidwerte im Prüfstandlauf optimiert, und bat den Kläger um die Vereinbarung eines Termins zur Umsetzung der technischen Maßnahmen. Der Kläger ließ das von der Audi AG angebotene Software-Update am 23. August 2017 aufspielen, da ihm sonst eine Stilllegung des Fahrzeugs drohte.
Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 6. November 2018 (Anlage K13) unter Fristsetzung bis zum 20. November 2018 auf, Ansprüche auf Schadensersatz hinsichtlich sämtlicher Schäden bzw. zukünftiger Schäden, die aus dem Einsatz der gesetzeswidrigen Software resultieren, anzuerkennen, ferner schriftlich und rechtsverbindlich zu erklären, dass die Beklagte im Falle eines Weiterverkaufs des Fahrzeugs durch den Kläger den Mindererlös aufgrund des merkantilen Minderwerts des Fahrzeugs erstatten wird und dass etwaige Mängelbeseitigungsmaßnahmen "keine weiterfressenden Schäden, keine Folgeschäden, keine Leistungseinbußen sowie keinen Mehrverbrauch verursachen" werden, sowie schriftlich und rechtsverbindlich zu erklären, dass das Fahrzeug des Klägers rechtlichen Vorgaben entspricht und nicht von etwaigen Fahrverboten betroffen ist. Die Beklagte wies die geltend gemachten Ansprüche des Klägers zurück.
Am 4. Juni 2019, zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Kiel, lag die Kilometerlaufleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs bei 189.099 km. Der Kläger hat sich nicht der Musterfeststellungsklage gegen die Beklagte vor dem Oberlandesgericht Braunschweig, Az. 4 MK 1/18 angeschlossen. Er beabsichtigt, sein Fahrzeug zeitnah zu verkaufen.
Der Kläger hat behauptet, dass die Preise für Diesel-PKW nach dem von der Beklagten verursachten Dieselskandal um mindestens 25 % gesunken seien. Dies ließe sich unter anderem aus einer Umfrage des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe vom März 2018 herauslesen, deren Ergebnisse in der "auto motor und sport" vom 23. März 2018 veröffentlicht worden sind (Anlage K 9).
Der Kläger hat weiter behauptet, er habe zwar Kenntnis von grundsätzlichen Abgasproblemen bei Fahrzeugen der Beklagten gehabt. Er habe jedoch bei Abschluss des Kaufvertrages nicht gewusst, dass gerade auch das streitgegenständliche Fahrzeug betroffen gewesen sei. Auf Nachfrage, ob dieses von der Abgasproblematik betroffen wäre und ob es hierfür ein Update gebe, sei ihm seitens ...