Leitsatz (amtlich)
Passivlegitimiert für die Klage einer GmbH betreffend eine ursprünglich gegen den Erblasser begründete Forderung sind nur die unbekannten Erben vertreten durch den Nachlasspfleger, nicht der Nachlasspfleger selbst.
Normenkette
BGB § 1600 Abs. 3, § 1958
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 04.02.2021 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck, Az. 6 O 187/20, geändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von dem Beklagten als Nachlasspfleger über den Nachlass des am 08.01.2019 verstorbenen Herrn A. die Bezahlung von Pflegeleistungen als Nachlassverbindlichkeit.
Die Klägerin betreibt einen Kranken- und Behindertenservice und bietet unter anderem häusliche Alten- und Krankenpflege an. Am 19.08.2011 schloss die Klägerin mit Herrn A. (im Folgenden: Erblasser) einen Pflegevertrag über die Leistung häuslicher Pflege ab dem 19.08.2011 (Anlage K 01). Der Erblasser wurde dabei von seinem Betreuer vertreten.
In Abschnitt II. § 1 des Pflegevertrags heißt es auszugsweise:
"[...]
(3) Der Leistungsempfänger verpflichtet sich bei der Inanspruchnahme von Leistungen zur Übernahme der Kosten, sowie diese nach Maßgabe der jeweils gültigen gesetzlichen Regelung nicht von einem Sozialleistungsträger übernommen werden. Der Leistungserbringer rechnet diese Leistungen unter Zugrundelegung der üblichen Vergütungen gegenüber dem Leistungsempfänger ab."
In Abschnitt II. § 2 des Pflegevertrags heißt es auszugsweise:
"(1) Die Abrechnung der erbrachten Leistungen erfolgt auf Basis eines Leistungsnachweises, den der Leistungsempfänger jeweils zum Monatsende, ggf. auch öfter, gegenzeichnet. Leistungen, die mit der Pflegekasse, der Krankenkasse und dem Sozialhilfeträger abzurechnen sind, werden vom Leistungserbringer den jeweiligen Kostenträgern in Rechnung gestellt. Die Leistungen werden nach dem jeweils gültigen Verzeichnis der Pflegekassen bzw. Krankenkassen...berechnet [...]"
Die Klägerin erbrachte vom 19.08.2011 bis zum Tod des Erblassers am 08.01.2019 laufend die vereinbarten Pflegeleistungen. Streitgegenständlich ist die noch offene restliche Vergütung der Klägerin für Leistungen im Zeitraum vom 01.06.2017 bis zum 31.10.2018.
Die von der Klägerin über den streitgegenständlichen Zeitraum gefertigten Leistungsnachweise (Anlagen K 03-15) sind vom Erblasser jeweils in einem Feld unterschrieben, in dem es heißt: "Die hier aufgeführten Leistungen wurden vom Leistungserbringer ordnungsgemäß erbracht."
Die Klägerin rechnete Leistungen im genannten Zeitraum mit Rechnungen gegenüber der AOK und gegenüber der Stadt X. ab (Anlagen K 16-28). Mit der Klage macht die Klägerin Differenzbeträge aus ihren Rechnungsbeträgen und erstatteten Beträgen, bzw. in einigen Fällen - aus Rechnungen an die Stadt X. - die gesamten von dem Adressaten geforderten Beträge geltend. Die Summe der einzelnen Beträge ergibt die Klagforderung in Höhe von 7.547,89 EUR.
Das Amtsgericht - Nachlassgericht - L. bestellte den Beklagten für die unbekannten Erben des Erblassers zum Nachlasspfleger mit dem Wirkungskreis: Ermittlung der Erben; Sicherung und Verwaltung des Nachlasses (Anlage K 02, Bestallungsurkunde vom 12.2.2019).
Mit Schreiben vom 27.08.2019 (Anlage K 29), 06.09.2019 (Anlage K 30) und 07.01.2020 (Anlage K 31) forderte die Klägerin den Beklagten erfolglos zur Zahlung auf. Dabei verlangte die Klägerin jedoch Zahlung aus ihrer Sicht offener Vergütungen für einen Zeitraum bereits ab dem 01.01.2012, wodurch sich ein Betrag in Höhe von zunächst 16.386,22 EUR ergab (vgl. Anlage K 29, 30), den sie nach Abzug des Guthabens eines sogenannten Taschengeldkontos auf 15.200,63 EUR reduzierte (vgl. Anlage K 31).
Die Klägerin hat in der Klagschrift den Beklagten als "Rechtsnachfolger" des Erblassers bezeichnet sowie in Anspruch genommen und insoweit auf Anlage K 02 verwiesen. Auf Hinweis des Gerichts hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung den Antrag aus der Klageschrift mit der Maßgabe gestellt, dass der Beklagte als Nachlasspfleger des Erblassers verurteilt werden solle.
Der Beklagte meint, er sei nicht passivlegitimiert. Die Klage hätte gegen die unbekannten Erben des Erblassers, vertreten durch ihn als Nachlasspfleger, gerichtet werden müssen. Sachliche Einwendungen gegen die Klagforderung hat der Beklagte trotz Aufforderung des Gerichts auch in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen (vgl. Protokoll Blatt 25 f.).
Hinsichtlich der Anträge der Parteien I. Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und dazu ausgeführt:
Die Klage sei zunächst zulässig, da der Beklagte prozessführungsbefugt sei. Die Klägerin habe die Klage erkennbar gegen den Beklagten als Nachlasspfleger und nicht als Rechtsnachfolger des Erblassers richten wollen, was sich aus der als Anlage K 02 beigefügten Bestallungsurkunde sowie einer Klarstellung in der mündlic...