Rz. 332

Der praktische Nutzen dieser Tabellen ist ebenso umstritten wie die Frage, welche Tabelle im Einzelfall anzuwenden ist oder welche sich in der Praxis durchgesetzt hat.[608] Zu nennen sind die Rheinische Tabelle von 1925, die "Möhring’sche Tabelle",[609] die "Eckelskemper’sche Tabelle",[610] die Weinrich’sche Tabelle, die "Berliner Praxistabelle" und die Neue Rheinische Tabelle.[611] Vergleichsweise wird außerdem auf die InsVV rekurriert.[612]

 

Rz. 333

Der BGH hat zwar einerseits ausgeführt, derartige Tabellen dürften in Anbetracht der Vielgestaltigkeit der Lebenssachverhalte nicht schematisch angewandt werden.[613] Andererseits hat er aber die Rheinische Tabelle als akzeptable Grundlage für die Ermittlung der angemessenen Vergütung bezeichnet, bei deren Anwendung indes jeder Schematismus vermieden werden müsse.[614] Das OLG Köln hat 1994 entschieden, dass die Rheinische Tabelle jedenfalls dann noch als Grundlage für die Berechnung der Vergütung des Testamentsvollstreckers herangezogen werden könne, wenn der Wert des Nachlasses wesentlich durch Immobilienvermögen bestimmt werde.[615]

 

Rz. 334

Da die Kaufkraft seit der letzten Anpassung der Tabelle im Jahre 1935 gesunken ist und die nominelle Wertsteigerung der Güter wegen der Degressivität der Tabelle hierfür keinen Ausgleich schafft,[616] dürfte heute nur noch eine angepasste Form der Tabelle – nämlich die Neue Rheinische Tabelle[617] – zu angemessenen Ergebnissen im Rahmen des § 2221 BGB führen.[618]

 

Rz. 335

Nach dieser Tabelle beträgt der Vergütungsgrundbetrag:

 
bis 250.000 EUR: 4 %
bis 500.000 EUR: 3 %
bis 2.500.000 EUR: 2,5 %
bis 5.000.000 EUR: 2 %
über 5.000.000 EUR: 1,5 %

mindestens aber der höchste Betrag der Vorstufe.

 

Beispiel: Bei einem Nachlass von 260.000 EUR beträgt der Grundbetrag nicht 7.800 EUR (= 3,0 % aus 260.000 EUR), sondern 10.000 EUR (= 4 % aus 250.000 EUR).

Der Vergütungsgrundbetrag deckt die einfache Testamentsvollstreckung ab (normale Verhältnisse, glatte Abwicklung). Bemessungsgrundlage für den Vergütungsgrundbetrag ist der am Todestag des Erblassers bestehende Bruttowert des Nachlasses. Verbindlichkeiten sind nur dann vom Bruttowert des Nachlasses abzuziehen, wenn der Testamentsvollstrecker nicht mit den Verbindlichkeiten befasst ist.

Die Zuschläge zum Grundbetrag bei der Abwicklungsvollstreckung betragen:

 
aufwendige Grundtätigkeit: 2/10 bis 10/10
Auseinandersetzung: 2/10 bis 10/10
Komplexe Nachlassverwaltung: 2/10 bis 10/10
Aufwendige/schwierige Gestaltungsaufgaben: 2/10 bis 10/10
Steuerangelegenheiten: 2/10 bis 10/10

Ohne besondere Anhaltspunkte ist vom Mittelwert der Spanne auszugehen.

[608] Zimmermann, Die Testamentsvollstreckung, 2. Aufl. 2003, S. 453; Bamberger/Roth/Mayer, BGB, 2003, § 2221 Rn 11 spricht insoweit von einem "Tabellenstreit".
[609] Möhring/Beisswingert/Klingelhöffer, Vermögensverwaltung in Vormundschaft und Nachlasssachen, 7. Aufl., 1992, 224 ff.
[610] Bengel/Reimann/Eckelskämper, Kap. X Rn 42.
[611] Eine aktuelle Zusammenstellung aller Tabellen nebst Originalfundstellen findet sich etwa bei Reimann, DStR 2002, 2008 und Haas/Lieb, ZErb 2002, 202.
[612] Klingelhöffer, Vermögensverwaltung in Nachlasssachen, 2002, Rn 321; Reimann, DStR 2002, 2008, 2009.
[613] BGH 27.10.2004 – IV ZR 243/03, ZEV 2005, 22; so auch OLG Köln RNotZ 2007, 548 m. Anm. Eckelskemper.
[614] BGH 26.6.1967 – III ZR 95/65, NJW 1967, 2400; BGH LM § 2221 Nr. 2, 4; BGH 27.10.2004 – IV ZR 243/03, ZEV 2005, 22.
[615] OLG Köln NJW-RR 1994, 269.
[616] A.A. BGH 26.6.1967 – III ZR 95/65, NJW 1967, 2400, 2402; OLG Köln NJW-RR 1994, 269.
[617] Veröffentlicht in notar 2000, 2; ZEV 2000, 181. Die Neue Rheinische Tabelle beruht auf Empfehlungen des Deutschen Notarvereins, vgl. www.dnotv.de (Menü Dokumente, dort Stichwort "Testamentsvollstrecker").
[618] Vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, § 1 Rn 540; Soergel/Damrau, § 2221 Rn 9; MüKo/Zimmermann, BGB, § 2221 Rn 10; Reimann, DStR 2002, 2008; Feiter, DStR 2006, 484, 486.

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