Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
Rz. 133
Rechtsanwälte sowie Partnerschafts- und Rechtsanwaltsgesellschaften i.S.d. BRAO sind nach den §§ 3, 4 StBerG zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen befugt. Da jedoch auch – oder in erster Linie – die Hilfeleistung in Steuersachen durch Steuerberater erfolgt, für die eine eigene Gebührenordnung (Steuerberatervergütungsverordnung – StBVV) gilt, war unter Geltung der BRAGO streitig, ob diese für die Steuerberatung durch einen Rechtsanwalt, der zugleich Steuerberater war, anwendbar war. Teilweise wurde hier die Auffassung vertreten, die StBGebV (jetzt StBVV) sei insoweit lex specialis; andere waren der Meinung, dem Rechtsanwalt stehe ein Wahlrecht zu, welche Gebührenordnung er seiner Tätigkeit zugrunde legen wolle, er müsse jedoch den Mandanten zuvor aufklären.
Rz. 134
Von § 35 erfasste Tätigkeiten: § 35 Abs. 1 bestimmt, dass für die Hilfeleistung bei der Erfüllung allgemeiner Steuerpflichten und bei der Erfüllung steuerlicher Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten die §§ 23 bis 39 StBVV i.V.m. den §§ 10 und 13 StBVV entsprechend gelten. Hierdurch ist für die von § 35 Abs. 1 erfassten Tätigkeiten klargestellt, dass diese nach der StBVV abzurechnen sind. Ein Wahlrecht zwischen RVG und StBVV besteht hier nicht. § 35 ist einschlägig, wenn der Auftrag als Rechtsanwalt angenommen und deshalb anwaltliche Hilfeleistung in Steuersachen erbracht worden ist.
Rz. 135
Nicht von § 35 erfasste Tätigkeiten: § 35 löst die Probleme, die bei der Beauftragung eines Rechtsanwalts, der zugleich Steuerberater ist, entstehen, somit nur teilweise. Insbesondere für die in § 35 nicht aufgeführten Gebühren für Beratung und Auskunft (§ 21 StBVV) sowie für das Gutachten (§ 22 StBVV) ist daher ein Gebührenwahlrecht zuzubilligen sein. Insoweit wird aber gefordert, dass der als Steuerberater in Anspruch genommene Rechtsanwalt den Mandanten darauf hinweist, dass er sowohl als Steuerberater als auch als Rechtsanwalt tätig werden kann, dass er aber im gegebenen Fall nur bereit ist, als Rechtsanwalt zu handeln. Zudem muss der Mandant auf die damit verbundene vergütungsrechtliche Konsequenz – Abrechnung nach RVG statt StBVV – hingewiesen werden. Wird dem Mandanten diese Wahl und die vergütungsrechtliche Konsequenz nicht verdeutlicht, kann der Anwalt nur das geringere der nach diesen beiden konkurrierenden Gebührenordnungen in Frage kommenden Honorare beanspruchen. Eine Vergütung derselben Tätigkeit sowohl nach der StBVV als auch dem RVG kommt nicht in Betracht. Denn die steuerberatenden Tätigkeiten gehört zum Tätigkeitsbereich des Rechtsanwalts.
Rz. 136
Nach einer weitergehenden Auffassung ist allein die StBVV anzuwenden, wenn es bei der Beratung oder dem Gutachten ausschließlich oder ganz überwiegend um steuerrechtliche Aspekte geht.
Rz. 137
Im Übrigen kann sich aus den Umständen des Einzelfalles ergeben, ob eine Beauftragung als Rechtsanwalt oder als Steuerberater erfolgt ist.