1. Allgemeines
Rz. 90
Entspricht die Kostenberechnung nicht den formellen Anforderungen des § 10, ist die Vergütung nicht einforderbar. Dies wiederum bedeutet Folgendes:
2. Keine Zahlungspflicht
Rz. 91
Der Mandant braucht trotz Aufforderung die Vergütung nicht zu bezahlen. Der Auftraggeber kann sich passiv verhalten und braucht nichts zu veranlassen. Er kann insbesondere nicht in Zahlungsverzug geraten; eine Verzinsung kann nicht eintreten.
Zahlt der Mandant allerdings ohne ordnungsgemäße Mitteilung der Kostenberechnung, kann er seine Leistung nicht nach § 812 BGB zurückverlangen (§ 814 BGB), es sei denn, er hat unter Vorbehalt einer Abrechnung gezahlt.
3. Abtretung
Rz. 92
Nach Auffassung des LAG Hamm ist eine Vergütungsforderung auch nicht abtretbar, solange keine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Das dürfte allerdings zu weit gehen, jedenfalls dann, wenn der Abtretende auf eine ordnungsgemäße Rechnung verzichtet hat. Daran ist dann auch der Abtretungsempfänger gebunden.
4. Keine Klagbarkeit
Rz. 93
Die Vergütung kann nicht eingeklagt werden. Zum Teil wird insoweit die Auffassung vertreten, die Mitteilung der Kostenberechnung sei eine Zulässigkeitsvoraussetzung (Prozessvoraussetzung), die von Amts wegen zu prüfen sei. Zutreffend dürfte es dagegen sein, die Mitteilung der Berechnung als eine materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung anzusehen. Solange die Berechnung fehlt, befindet sich der Vergütungsanspruch im Zustand einer Naturalobligation; im Ergebnis ebenso OLG Köln, das allerdings von einer fehlenden Fälligkeit ausgeht. Das ist jedoch unzutreffend. Auch ohne Rechnung wird die Forderung fällig; anderenfalls könnte sie nicht verjähren.
Rz. 94
Letztlich darf die Entscheidung dieser Frage nicht überbewertet werden. Bei einer unzulässigen Klage tritt in der Hauptsache keine Rechtskraft ein, so dass die zugrunde liegende anwaltliche Vergütungsforderung jederzeit wieder neu eingeklagt werden kann. Wird die Klage als "derzeit" unbegründet abgewiesen, kann der Anwalt nach Erteilung einer neuen – jetzt ordnungsgemäßen – Kostenrechnung aufgrund des neuen Sachverhalts wiederum erneut klagen. Der Einwand der Rechtskraft steht dem nur entgegen, wenn der Anwalt aus derselben Rechnung erneut vorgehen will. Probleme ergeben sich, wenn die Klage als unbegründet abgewiesen wird und sich weder aus dem Tenor noch aus den Gründen ergibt, dass der Anspruch des Anwalts nur mangels Klagbarkeit abgewiesen worden ist. Bei einer erneuten Klage kann der Anwalt dann Probleme bekommen und möglicherweise am Einwand der Rechtskraft scheitern.
Rz. 95
Ungeachtet der geringen Unterschiede halte ich die Auffassung, die eine Unzulässigkeit annimmt, für unzutreffend. Die Erteilung einer ordnungsgemäßen Kostenberechnung ist keine Frage der Zulässigkeit einer Klage. Eine solche Prozessvoraussetzung kennt die ZPO nicht. Es handelt sich vielmehr um eine materiell-rechtliche Frage, nämlich ob der Anwalt eine ordnungsgemäße Kostenrechnung erteilt hat und ob diese überhaupt erforderlich war. Die Parteien können nämlich einvernehmlich das Erfordernis einer Kostenrechnung abbedingen; der Beklagte kann darauf verzichten (siehe Rdn 89). Gerade das zeigt aber, dass es sich nicht um eine Prozessvoraussetzung handeln kann. Auch bei anderen Naturalobligationen werden Klagen nicht als unzulässig, sondern als unbegründet abgewiesen.
Rz. 96
Keinesfalls darf die Klage aber als insgesamt unbegründet abgewiesen werden. Sie muss – ähnlich wie eine Klage auf eine noch nicht fällige Leistung – als derzeit unbegründet abgewiesen werden mit der Folge, dass einer neuen Klage aufgrund einer ordnungsgemäßen Kostenabrechnung der Einwand der Rechtskraft nicht entgegen gehalten werden kann. Diese Einschränkung muss sich aus Tenor oder Gründen ergeben, da anderenfalls Probleme mit dem Einwand der Rechtskraft auftreten können, wenn der Anwalt später erneut klagen muss.
Rz. 97
Zum schlüssigen Klagevortrag gehört also die Behauptung des Klägers, eine ordnungsgemäße Berechnung erteilt zu haben. Anderenfalls ist die Klage als unbegründet zurückzuweisen. Gleiches gilt für einen Vergütungsfestsetzungsantrag nach § 11. Ausreichend ist jedoch, dass mit der Klage oder dem Vergütungsfestsetzungsantrag die Kostennote übermittelt wird, sofern der beklagte Auftraggeber mit den für ihn bestimmten Ausfertigungen eine unterzeichnete Kostennote erhält. Der Anwalt riskiert allerdings dann die Kostenfolge des § 93 ZPO, wenn der Auftraggeber daraufhin sofort anerkennt.