(1) Allgemeines
Rz. 119
Nach § 19 Abs. 8 BRAGO war die Festsetzung von Rahmengebühren unzulässig. Nach dem RVG ist dagegen die Festsetzung von Rahmengebühren jetzt unter den Voraussetzungen des Abs. 8 möglich. Schon nach der bisherigen Rechtslage hatte die Rspr. Ausnahmen gemacht und die Festsetzung von Rahmengebühren zugelassen, wenn der Anwalt lediglich die Mindestgebühr zur Festsetzung angemeldet und dabei verbindlich erklärt hatte, dass er auch nur die Mindestgebühr geltend machen werde.
Rz. 120
Nach dem RVG sind sämtliche Rahmengebühren grundsätzlich festsetzbar. Dies gilt zum einen für Satzrahmengebühren, wobei allerdings zurzeit solche Satzrahmengebühren im gerichtlichen Verfahren nicht vorgesehen sind, sondern nur bei den Kosten eines Vorverfahrens (siehe Rdn 113) und beim Einvernehmensanwalt vorkommen (siehe Rdn 66).
Rz. 121
Die Vorschrift des Abs. 8 gilt auch für Betragsrahmengebühren, also für die Vergütung in sozialgerichtlichen Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nicht nach dem Wert richten (§ 3 Abs. 1), oder auch in Straf- und Bußgeldsachen sowie in Verfahren nach Teil 6 des VV.
Rz. 122
Die Festsetzung einer Rahmengebühr kommt in zwei Fällen in Betracht:
▪ |
Es wird nur Festsetzung der Mindestgebühr oder des Mindestbetrages (Abs. 8 S. 1, 1. Alt.) beantragt oder |
▪ |
es liegt eine schriftliche Zustimmungserklärung des Auftraggebers zur Höhe der Gebühren vor (Abs. 8 S. 1, 2. Alt., S. 2). |
Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, ist die Festsetzung gänzlich abzulehnen; es darf dann nicht etwa die Mindestgebühr festgesetzt werden.
(2) Festsetzung der Mindestgebühr oder des Mindestbetrages (Abs. 8 S. 1, 1. Alt.)
Rz. 123
Stets festsetzbar ist eine Rahmengebühr, wenn der Anwalt lediglich die Mindestgebühr oder den Mindestbetrag geltend macht. Dies galt bereits der überwiegenden Rspr. zufolge schon nach dem bisherigen Recht.
Rz. 124
Voraussetzung ist allerdings, dass der Anwalt gemäß § 315 BGB verbindlich erklärt, dass er nur die Mindestgebühr geltend mache. Die Mindestgebühr kann daher keinesfalls als Sockelbetrag festgesetzt werden, so dass wegen eines eventuellen darüber hinausgehenden Restbetrages der Anwalt doch noch klagen könnte. Hat der Anwalt sein Bestimmungsrecht nach § 315 BGB ausgeübt, so bleibt dies verbindlich. Er kann seine Bestimmung nachträglich nicht mehr abändern. Soweit der Anwalt also die Mindestgebühr hat festsetzen lassen, kann er insoweit keine weitere Vergütung mehr verlangen.
Rz. 125
Eine Ausnahme hiervon gilt lediglich dann, wenn sich nach Festsetzung das Hauptsacheverfahren fortsetzt. Dann kann der Anwalt wegen seiner weiter gehenden Tätigkeit auch eine weitere Vergütung verlangen, die über die Mindestgebühr hinausgeht.
Beispiel: Der Anwalt ist in einem Strafverfahren vor dem AG tätig. Das Strafverfahren wird unmittelbar nach der Bestellung des Anwalts eingestellt. Der Anwalt beantragt daraufhin die Festsetzung der Mindestgebühr, die auch antragsgemäß festgesetzt wird. Wenig später wird das Strafverfahren wieder aufgenommen. Der Anwalt investiert erhebliche Zeit und Arbeit in die Verteidigung.
An seine Bestimmung ist der Anwalt jetzt nicht mehr gebunden. Für die weitere Tätigkeit kann er eine zusätzliche Vergütung abrechnen. Die frühere Festsetzung der Mindestgebühr steht der weiteren Abrechnung jetzt nicht entgegen.
Rz. 126
Eine Festsetzung der weiteren Vergütung über die bereits festgesetzte Mindestgebühr oder den bereits festgesetzten Mindestbetrag kommt allerdings nur bei schriftlicher Zustimmung des Auftraggebers in Betracht (siehe Rdn 123 ff.).
(3) Schriftliche Zustimmungserklärung (Abs. 8 S. 1, 2. Alt., S. 2)
Rz. 127
Darüber hinaus sind nach Abs. 8 S. 1, 2. Alt. Rahmengebühren auch dann festsetzbar, wenn der Auftraggeber der Höhe der Gebühren ausdrücklich zugestimmt hat. Nach Abs. 8 S. 2 ist die schriftliche Zustimmungserklärung dem Festsetzungsantrag beizufügen. Anderenfalls ist der Festsetzungsantrag abzulehnen, und zwar als unzulässig. Die Ablehnung führt also nicht zum Verlust des Vergütungsanspruchs.
Rz. 128
M.E. muss es ausreichen, wenn die Zustimmungserklärung des Auftraggebers nachgereicht wird. Dem Rechtsanwalt muss insoweit rechtliches Gehör gewährt werden. Denkbar ist z.B., dass die Zustimmungserklärung des Auftraggebers versehentlich seinem Antrag nicht beigefügt war oder bei Gericht abhanden gekommen ist. Es darf dann nicht ohne Weiteres die Festsetzung abgelehnt werden. Daher muss es grundsätzlich auch ausreichen, wenn der Antragsteller erklärt, die Zustimmungserklärung nachzureichen oder wenn der Auftraggeber die Zustimmungserklärung im Verlaufe des Festsetzungsverfahrens selbst abgibt. Nur eine solche Auslegung ist praktikabel. Dem Vergütungsschuldner muss Gelegenheit gegeben werden, der Höhe der zur Festsetzung angemeldeten Gebühr zuzustimmen, um damit ein für ihn kostenintensiveres Gerichtsverfahren zu vermeiden. Abgesehen davon könnte jederzeit ein erneuter Festsetzungsantrag mit einer solchen Zustimmungserklärung gestellt werden.
Rz. 129
Ein Nichtbestreiten der Höhe der Vergütung gemäß § 138 Abs. 3 ZPO wird dagegen nicht ausreichen. Erforderl...