1. Allgemeines
Rz. 53
Nach Abs. 1 S. 1 ist nur die gesetzliche Vergütung festsetzbar. Mit "gesetzlicher" Vergütung ist die nach dem RVG bzw. in Altfällen die nach der BRAGO gemeint. Die Festsetzung anderweitiger Vergütungen scheidet aus, insbesondere also die Festsetzung einer vereinbarten Vergütung (siehe Rdn 137), die Vergütung nach anderen Verfahrensordnungen (siehe Rdn 22 ff.) sowie eine Vergütung nach § 612 BGB (siehe Rdn 136; zur Festsetzung von Auslagen nach § 670 BGB siehe Rdn 138).
Rz. 54
Auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Auftraggeber ist ein Festsetzungsverfahren möglich, allerdings nicht mit dem Ziel der Kostenfestsetzung, sondern nur mit dem Antrag auf Feststellung des Vergütungsanspruchs zur Insolvenztabelle.
2. Gesetzliche Vergütung
a) Gebühren
aa) Grundsatz
Rz. 55
Soweit der Anwalt antragsberechtigt ist, soweit er also in einem gerichtlichen Verfahren tätig geworden ist, kann er die gesetzlichen Gebühren festsetzen lassen. Festsetzbar sind danach grundsätzlich alle gesetzlichen Gebühren, soweit sie im Verfahren angefallen sind. Auf die Erstattungsfähigkeit der Gebühren kommt es nicht an.
bb) Einzelfälle
Rz. 56
Abrategebühr. Nach ganz h.M. war die Festsetzung einer Abrategebühr nach § 20 Abs. 2 BRAGO nicht möglich, da diese Gebühr nicht in einem gerichtlichen Verfahren entstanden sei. Dies wird zu den Nachfolgern des § 20 Abs. 2 BRAGO (den VV 2100 ff.) wohl entsprechend vertreten werden. Diese Auffassung ist m.E. jedoch zu eng. Unstrittig muss die Tätigkeit des Anwalts, der die Festsetzung betreibt, nicht gegenüber dem Gericht entfaltet worden sein. Daher kann z.B. die reduzierte Verfahrensgebühr festgesetzt werden, wenn der Anwalt vom Beklagten mit der Abwehr der Klage beauftragt worden ist (siehe Rdn 92 ff.) oder wenn Besprechungen i.S.d. VV Vorb. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 außerhalb des Gerichts stattgefunden haben. Für die Festsetzung kann es aber keinen Unterschied machen, ob der abratende Anwalt bereits einen Prozessauftrag hatte und das Rechtsmittel mangels Erfolgsaussicht nicht mehr eingelegt hat (und dann nach Anm. S. 1 Nr. 1 zu VV 3201 abrechnet) oder ob er ohne Prozessauftrag von dem Rechtsmittel abgeraten hat (und nach VV 2100 abrechnet). Dem Zweck des § 11, die Gerichte zu entlasten und zügig einen Titel zu schaffen, widerspricht es, hier die Festsetzung auszuschließen. In diese Richtung geht die Entscheidung des OLG Köln, das die Festsetzung einer Abrategebühr jedenfalls dann zulässt, wenn die Berufung anhängig geworden ist. Dabei verkennt das OLG Köln allerdings, dass damals die Gebühr nach § 20 Abs. 2 BRAGO erst gar nicht entstehen konnte, wenn der Anwalt das Rechtsmittel eingelegt hat.
Rz. 57
Adhäsionsverfahren. Die Gebühren eines Adhäsionsverfahrens (VV 4143 ff.) sind immer festsetzbar. Da es sich nicht um Rahmengebühren, sondern um Wertgebühren handelt, gilt hier keine Einschränkung nach Abs. 8. Die Festsetzung kann sowohl vom Vertreter des Verletzten als auch vom Vertreter des Beschuldigten beantragt werden.
Rz. 58
Arrestverfahren. Die Gebühren eines Arrestverfahrens sind festsetzbar. Das gilt auch dann, wenn hinsichtlich der Hauptsache nicht gebührenrechtliche Einwände erhoben werden, da es sich bei Arrest- und Hauptsacheverfahren um verschiedene Gebührenangelegenheiten handelt (§ 17 Nr. 4).
Rz. 59
Beratungshilfe. Die Beratungshilfegebühr nach VV 2500 (früher § 8 Abs. 1 BerHG) ist nicht im Verfahren nach § 11 festsetzbar.
Rz. 60
Beschwerdeverfahren. Die Gebühren eines einfachen Beschwerdeverfahrens (VV 3500) sind festsetzbar. Das gilt auch in Straf- und Bußgeldsachen, soweit die VV 3500 f. anzuwenden sind (VV Vorb. 4 Abs. 5; VV Vorb. 5 Abs. 4). Erst recht sind die Gebühren eines Beschwerdeverfahrens nach VV Vorb. 3.2.1 festsetzbar.
Rz. 61
Einigungsgebühr. Die Einigungsgebühr, die im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens entsteht, ist stets festsetzbar. Dies gilt auch dann, wenn in die Einigung nicht anhängige Ansprüche einbezogen worden sind.
Rz. 62
Es ist nicht erforderlich, dass die Einigung vor Gericht geschlossen oder als gerichtlicher Vergleich protokolliert worden ist. Für die Festsetzbarkeit einer Einigungsgebühr reicht es aus, dass glaubhaft gemacht wird, dass die Parteien eine Vereinbarung i.S.v. Anm. Abs. 1 S. 1 VV 1000 geschlossen haben. Die gegenteilige Auffassung dürfte angesichts der Rspr. des BGH nicht mehr vertretbar sein. Die Protokollierung eines als Vollstreckungstitel tauglichen Vergleichs nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist nicht erforderlich. An seiner früheren gegenteiligen Auffassung hält der BGH nicht mehr fest.
Rz. 63
Schließen die Parteien außergerichtlich eine Einigung, so kann die Einigungsgebühr nach § 11 festgesetzt werden, wenn der Gegenstand der Einigung zumindest teilweise mit dem Gegenstand des Verfahrens identisch ist.
Rz. 64
Einspruch. Ist der Anwalt in einem finanzgerichtlichen Einspruchsverfahren tätig geworden, so ist diese Vergütung ebenfalls nach § 11 festsetzbar, vorausges...