Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
a) Zulässigkeitsprüfung
Rz. 39
Das Gericht prüft zunächst die Zulässigkeit der Anhörungsrüge, d.h. ihre Statthaftigkeit, Form, Frist, Begründung, Beschwer. Entspricht die Anhörungsrüge diesen Erfordernissen nicht, ist sie durch Beschluss zu verwerfen (vgl. § 12a Abs. 4 S. 2).
Führt die Zulässigkeitsprüfung zu dem Ergebnis, dass die Anhörungsrüge zulässig ist, begründet das die Befugnis des Gerichts, nunmehr in eine Sachprüfung über die Anhörungsrüge einzutreten. Ist die Anhörungsrüge allerdings unbegründet, ist sie durch Beschluss zurückzuweisen (vgl. § 12a Abs. 4 S. 3).
b) Prüfung einer entscheidungserheblichen Gehörsverletzung
Rz. 40
Die Voraussetzung einer entscheidungserheblichen Gehörsverletzung (Abs. 1 Nr. 2) ist Bestandteil sowohl der Zulässigkeits- als auch der Sachprüfung. Einerseits ist darüber zu befinden, ob eine entscheidungserhebliche Gehörsverletzung formell rechtmäßig geltend gemacht wurde. Hierbei handelt es sich um die Zulässigkeitsprüfung, ob die Anhörungsrüge statthaft ist und der rügende Verfahrensbeteiligte die Anhörungsrüge hinreichend begründet hat. Andererseits ist darüber zu befinden, ob die geltend gemachte entscheidungserhebliche Gehörsverletzung auch tatsächlich vorliegt. Dies gehört zur Sachprüfung.
Fehlt es an der Geltendmachung der entscheidungserheblichen Gehörsverletzung, ist die Anhörungsrüge zu verwerfen. Genügt der Vortrag einer entscheidungserheblichen Gehörsverletzung der Begründungspflicht, tritt das Gericht in die Sachprüfung ein. Gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Anhörungsrüge nicht schlüssig ist, weil der von dem Verfahrensbeteiligten vorgetragene Sachverhalt keine entscheidungserhebliche Gehörsverletzung hergibt, ist diese als unbegründet zurückzuweisen (Abs. 4 S. 3). Gleiches gilt, wenn der Angriff zwar schlüssig vorgetragen wird, das weitere Verfahren aber eine Tatsachengrundlage ergibt, der zufolge eine entscheidungserhebliche Gehörsverletzung ausgeschlossen werden kann.
c) Entscheidung durch begründeten Beschluss
Rz. 41
Sowohl die Verwerfung als unzulässig wie auch die Zurückweisung als unbegründet ergehen durch Beschluss, der eine kurze Begründung enthalten soll (Abs. 4 S. 4, 5). Die Begründung soll für den Verfahrensbeteiligten nachvollziehbar machen, warum das Gericht die Anhörungsrüge für unzulässig oder unbegründet hält. Das Fehlen der Gründe macht die Entscheidung nicht nichtig oder sonst wie unwirksam. Der Beschluss braucht keinen Kostenausspruch zu enthalten, weil Kosten nicht zu erstatten sind (Abs. 6; siehe auch Rdn 48 f.). Die ablehnende Entscheidung ist den Beteiligten des Rügeverfahrens formlos mitzuteilen.
Rz. 42
Kann ein – möglicher oder vorhandener – Gehörsverstoß im Anhörungsrügeverfahren geheilt werden (vgl. Rdn 31), muss die die Anhörungsrüge zurückweisende Entscheidung die zur Heilung führenden ergänzenden Erwägungen enthalten.
d) Muster
Rz. 43
Muster 1: Zurückweisung der Anhörungsrüge mit Heilung der möglichen Gehörsverletzung
Zurückweisung der Anhörungsrüge mit Heilung der möglichen Gehörsverletzung
Gericht [...]
In dem Verfahren [...]
hat [...] beschlossen:
Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Anhörungsrüge ist unbegründet.
Es kann offenbleiben, ob die geltend gemachte Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vorliegt. Denn jedenfalls ist der geltend gemachte Anhörungsverstoß durch die Erwägungen in diesem Beschluss geheilt.
Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist die Heilung eines Gehörsverstoßes durch ergänzende Erwägungen in der die Anhörungsrüge als unbegründet zurückweisenden Entscheidung statthaft (vgl. BVerfG NVwZ 2009, 580; BVerfG v. 12.11.2008 – 1 BvR 2788/08). Die Voraussetzung der Heilung ist jedenfalls dann als erfüllt anzusehen, wenn das Gericht einem Gehörsverstoß durch bloße Rechtsausführungen im Anhörungsrügebeschluss zum Vorbringen der rügenden Partei aus der Anhörungsrüge abhelfen kann (vgl. BVerfG NVwZ 2009, 580). Etwas anderes gilt in den Fällen, in denen das Gericht den Gehörsverstoß durch bloß ergänzende Ausführungen nicht zu heilen vermag, wie etwa bei der Übergehung eines erheblichen Beweisantrags (vgl. BVerfG NVwZ 2009, 580).
Die Heilung des geltend gemachten Anhörungsverstoßes ist auf die Anhörungsrüge in diesem Rechtsstreit statthaft, weil die Abhilfe durch die nachfolgenden Rechtsausführungen erfolgen kann.
[...]
Unterschrift des Richters
e) Unanfechtbarkeit
Rz. 44
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 12a Abs. 4 S. 4). Eine Rechtsbehelfsbelehrung hierüber muss die Entscheidung nicht enthalten (vgl. § 12c). Die Erhebung einer Verfassungsbeschwerde bleibt dem Verfahrensbeteiligten unbenommen.