Gesetzestext
1In Verfahren nach diesem Gesetz sind die verfahrensrechtlichen Vorschriften über die elektronische Akte und über das elektronische Dokument für das Verfahren anzuwenden, in dem der Rechtsanwalt die Vergütung erhält. 2Im Fall der Beratungshilfe sind die entsprechenden Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden.
A. Allgemeines
Rz. 1
Die Regelung des § 12b wurde erstmals durch das Justizkommunikationsgesetz zum 1.4.2005 eingefügt. Hierdurch werden der Zivilprozess und die Fachgerichtsbarkeiten für eine elektronische Aktenbearbeitung geöffnet. Die Verfahrensbeteiligten – Richter, Rechtsanwälte, Bürger – sollen die Möglichkeit erhalten, elektronische Kommunikationsformen gleichberechtigt neben der – herkömmlich papiergebundenen – Schriftform oder der mündlichen Form rechtswirksam zu verwenden. Die bisherigen Formerfordernisse sollen jedoch auch bei der Nutzung eines elektronischen Übertragungswegs qualitativ unverändert bleiben. Um sie auf die elektronische Arbeit zu übertragen, differenziert das Gesetz zwischen einfacher, fortgeschrittener, qualifizierter oder einer elektronischen Signatur, die auf einem dauerhaft überprüfbaren Zertifikat beruht. Eine einfache Signatur, also z.B. der Namenszusatz, ist dann ausreichend, wenn das Gesetz bisher bereits keine besondere Form vorschreibt und keine Gewähr für die Identität des Signierenden oder die Authentizität des Inhalts erforderlich ist. Soweit gesetzliche Schriftform i.S.d. § 126 BGB vorgeschrieben ist, wird die qualifizierte elektronische Signatur vorgeschrieben. Diese erfordert einen öffentlichen und einen persönlichen Signaturschlüssel, die von einer Zertifizierungsstelle ausgegeben werden. Der Inhaber dieser Schlüssel erhält eine Smartcard, welche beide Schlüssel enthält und mit einer persönlichen PIN nur durch den Inhaber berechtigt verwendet werden kann. Dadurch werden beim Signieren die Identität des Adressaten und die Authentizität des Inhalts des Dokuments sichergestellt. Möglich ist weiterhin eine Verschlüsselung des Dokuments und damit eine Sicherung der Vertraulichkeit.
B. Begriffsbestimmung
I. Elektronische Akte
Rz. 2
Hierunter versteht man, dass anstelle einer aus Papier bestehenden Verfahrens- bzw. Prozessakte nur noch eine solche als elektronisches Dokument geführt wird. Diese kann dann auf einem Bildschirm sichtbar gemacht werden.
Die elektronische Akte ist – außer in der Strafgerichtsbarkeit – in allen Gerichtsbarkeiten zugelassen. Insofern entstehen hier die Gebühren im herkömmlichen Sinn. Es gelten in den jeweiligen Gerichtsbarkeiten die Bestimmungen der jeweiligen Verfahrensordnung über die elektronische Akte auch im Rahmen des RVG.
II. Gerichtliches elektronisches Dokument
Rz. 3
Hierunter fallen sämtliche Dokumente, die von Angehörigen des Gerichts (Richter, Rechtspfleger, Urkundsbeamte der Geschäftsstelle, Gerichtsvollzieher) verfasst sind. Regelungen hierzu finden sich in § 130b ZPO, § 14 FamFG, § 46c ArbGG, § 41a Abs. 1 StPO, § 110c OWiG, § 55a Abs. 3VwGO, § 65a Abs. 3 SGG.
III. Elektronisches Dokument
Rz. 4
Darunter ist jede potenziell dauerhafte Fixierung von Daten auf einem Datenträger unter Einsatz elektronischer Signalverarbeitung zu verstehen. Es ist eingereicht, sobald die für den Empfang bestimmte Einrichtung des Gerichts es aufgezeichnet – nicht ausgedruckt – hat. Risiken liegen also beim Anwalt.
C. Regelungsgehalt
I. Anwendungsbereich
Rz. 5
Durch das am 1.7.2004 in Kraft getretene 1. KostRMoG sind die Rechtsbehelfsvorschriften in den Kostengesetzen vereinheitlicht und gleichzeitig weitestgehend von den Verfahrensvorschriften des jeweiligen Hauptsacheverfahrens, in dem die Gebühren anfallen, abgekoppelt worden. Dies macht es im Hinblick auf die Bestimmungen der Verfahrensordnungen über das elektronische Dokument, das gerichtliche elektronische Dokument und in die elektronische Akte notwendig, entsprechende Regelungen für die Kostengesetze vorzusehen. Es kommen demnach unterschiedliche Verfahrensregelungen zur Anwendung wie z.B. §§ 130b, 298a ZPO, §§ 46c, 46d ArbGG, §§ 55a Abs. 3, 55b VwGO, §§ 52a Abs. 3, 52b FGO, §§ 65a Abs. 3, 65b SGG; §§ 100b, 110c OWiG.
Die Vorschriften über die elektronische Akte und das gerichtliche elektronische Dokument für das Verfahren, in dem der Rechtsanwalt die Vergütung erhält, sind anzuwenden. Im Fall der Beratungshilfe (§§ 44, 55, 56) sind die entsprechenden Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden, somit § 14 FamFG i.V.m. §§ 130a Abs. 1, 2, 298 ZPO. Daher können auch die zu einem Vergütungsfestsetzungsantrag gehörenden Anlagen als elektronisches Dokument eingereicht werden. Den Vorschriften des RVG als gegenüber § 130a ZPO gleichrangigen Normen ist eine Verpflichtung zur Vorlage des Berechtigungsscheins im Original nicht zu entnehmen. Die Entscheidung des OLG Saarbrücken löst ein in der Praxis auftretendes Problem sachgerecht. Denn bei Einführung des elektro...