Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
a) Frühere Rechtslage
Rz. 6
Nach der bis zum 31.7.2013 geltenden Fassung des Abs. 1 Nr. 3 waren nur Erinnerungen gegen Entscheidungen des Rechtspflegers erfasst. Dabei war nicht berücksichtigt worden, dass in manchen Gerichtsbarkeiten (Verwaltungsgerichtsbarkeit, Sozialgerichtsbarkeit, Bußgeldsachen [wenn die Staatsanwaltschaft einstellt]) die Kostenfestsetzung nicht vom Rechtspfleger durchgeführt wird, sondern vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. In Bußgeldsachen vor der Verwaltungsbehörde wird die Festsetzung von einem Mitarbeiter der Verwaltung durchgeführt. Darüber hinaus gibt es auch Verfahren, in dem der Richter selbst die Kostenfestsetzung durchführt (siehe § 199 Abs. 1 BRAO). Nach dem früheren Wortlaut des Gesetzes wäre das Erinnerungsverfahren daher in allen diesen Fällen keine besondere Angelegenheit und hätte keine gesonderte Vergütung ausgelöst.
Rz. 7
Damit stand sich dem Wortlaut nach die Anwaltschaft schlechter als nach der BRAGO, nach der Erinnerungen in Kostenfestsetzungsverfahren immer gesonderte Angelegenheiten waren (§§ 37 Nr. 7, 61 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO).
Rz. 8
Zum Teil lehnte die Rechtsprechung in wörtlicher Anwendung des Gesetzes eine gesonderte Vergütung ab.
Rz. 9
Zuletzt ist die Rechtsprechung jedoch überwiegend davon ausgegangen, dass hier ein redaktionelles Versehen vorliege und hat die Erinnerung in Kostenfestsetzungssachen als gesonderte Angelegenheit angesehen.
b) Aktuelle Rechtslage
Rz. 10
§ 18 Abs. 1 Nr. 3 stellt klar, dass der Anwalt in allen Erinnerungsverfahren gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss eine gesonderte Vergütung erhält, unabhängig davon, wer die angefochtene Entscheidung erlassen hat.
Rz. 11
Die Vergütung richtet sich in Verfahren nach VV Teil 3, in denen nach dem Gegenstandswert abgerechnet wird, nach VV 3500.
Rz. 12
Maßgebender Gegenstandswert ist gem. § 23 Abs. 2 S. 3 i.V.m. S. 1 das Abänderungsinteresse, also die Differenz zwischen dem festgesetzten Betrag und dem Betrag, dessen Festsetzung im Wege der Erinnerung angestrebt wird.
Beispiel: Der Anwalt legt gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des VG, mit dem Reisekosten in Höhe von 90 EUR abgesetzt worden sind, Erinnerung ein.
Die Erinnerung ist nach Abs. 1 Nr. 3 eine gesonderte Angelegenheit. Der Anwalt erhält die Gebühr nach VV 3500 aus dem Wert von 90 EUR.
1. |
0,5-Verfahrensgebühr, VV 3500 (Wert: 90 EUR) |
|
24,50 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
4,90 EUR |
|
Zwischensumme |
29,40 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
5,59 EUR |
Gesamt |
|
34,99 EUR |
Rz. 13
Auch in Straf- und Bußgeldsachen sind durch die entsprechende Verweisung in VV Vorb. 4 Abs. 5 und Vorb. 5 Abs. 4 die Vorschriften nach VV Teil 3 anzuwenden. Es gelten daher auch hier die VV 3500 ff.
Rz. 14
Gleiches gilt in Verfahren nach VV Teil 6 Abschnitt 2 (VV Vorb. 6.2 Abs. 3).
Rz. 15
In Sozialsachen, in denen das GKG nicht anzuwenden ist, richtet sich die Gebühr für ein Erinnerungsverfahren nach VV 3501. Hier ist also ein Gebührenrahmen von 24 bis 250 EUR vorgesehen. Die Mittelgebühr beträgt 137 EUR. Zur Bemessung des Gebührenrahmens siehe SG Berlin.
Beispiel: Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des SG, mit dem die angemeldeten Anwaltskosten um 150 EUR gekürzt worden sind, legt der Rechtsanwalt für seinen Mandanten Erinnerung ein.
Die Erinnerung ist nach Abs. 1 Nr. 3 eine gesonderte Angelegenheit. Der Anwalt erhält die Gebühr nach VV 3501. Ausgehend von der Rechtsprechung des SG Berlin ergäbe sich bei Ansatz der doppelten Mindestgebühr.
1. |
Verfahrensgebühr, VV 3501 |
|
48,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
9,60 EUR |
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Zwischensumme |
57,60 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
10,94 EUR |
Gesamt |
|
68,54 EUR |
Rz. 16
Sachgerecht wäre es an sich gewesen, auch in sozialrechtlichen Angelegenheiten – ebenso wie in Verfahren nach VV Teil 4–6 – die Erinnerungsverfahren in der Kostenfestsetzung nach dem Gegenstandswert abzurechnen und damit nach VV 3500. Gründe für eine unterschiedliche Behandlung sind an sich nicht ersichtlich.
Rz. 17
Unberührt von der Änderung der Abs. 1 Nr. 3 bleibt die Regelung des § 16 Nr. 10. Danach bilden mehrere Verfahren über die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss eine Angelegenheit. Dies betrifft insbesondere wechselseitig eingelegte Erinnerungen oder mehrere nacheinander folgende Erinnerungen, die sich gegen denselben Kostenfestsetzungsbeschluss richten (siehe hierzu § 16 Rdn 208 ff.).