Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
I. Anwendungsbereich von Abs. 1 Nr. 3
1. Überblick
Rz. 1
Abs. 1 Nr. 3 gilt nur für Verfahren, in denen sich die Gebühren nach VV Teil 3 richten, also in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, verwaltungs-, sozial- und finanzgerichtlichen Verfahren. Dazu gehören auch die Angelegenheiten nach VV Teil 4 bis 6, soweit dort auf die Vergütung nach VV Teil 3 verwiesen wird (VV Vorb. 4 Abs. 5; Vorb. 5 Abs. 4; Vorb. 6.2. Abs. 3).
2. Beschwerdeverfahren
Rz. 2
Beschwerdeverfahren in Verfahren nach VV Teil 3 sind stets gesonderte Angelegenheiten i.S.d. § 15. Soweit man die Beschwerde als Rechtsmittel auffasst, folgt dies bereits aus § 17 Nr. 1. Die Anwendungsbereiche beider Vorschriften überschneiden sich also. Wegen der identischen Rechtsfolgen kommt es hier auf eine Abgrenzung jedoch nicht an.
Rz. 3
Die Regelung des Abs. 1 Nr. 3 gilt nicht nur für Erstbeschwerden, sondern auch für weitere Beschwerden.
Rz. 4
Anders verhält es sich dagegen in Straf- und Bußgeldsachen sowie in Verfahren nach VV Teil 6. Dort zählen die Beschwerdeverfahren bis auf wenige Ausnahmen (VV Vorb. 4 Abs. 5; VV 4145, 4146; Vorb. 5 Abs. 4; Vorb. 6.2. Abs. 3) zur Hauptsache (§ 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 10a). Dies gilt insbesondere in Strafsachen für Beschwerden gegen einen Beschluss nach § 111a StPO (Entziehung der Fahrerlaubnis). Nur soweit auf VV Teil 3 verwiesen wird (VV Vorb. 4 Abs. 5; Vorb. 5 Abs. 4; Vorb. 6.2. Abs. 3), gilt wiederum Abs. 1 Nr. 3.
Rz. 5
Beschwerdeverfahren nach VV Teil 4 bis 6 sind nur dann besondere Angelegenheiten, wenn dafür gesonderte Gebühren vorgesehen sind (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10a).
3. Erinnerungen gegen die Kostenfestsetzung
a) Frühere Rechtslage
Rz. 6
Nach der bis zum 31.7.2013 geltenden Fassung des Abs. 1 Nr. 3 waren nur Erinnerungen gegen Entscheidungen des Rechtspflegers erfasst. Dabei war nicht berücksichtigt worden, dass in manchen Gerichtsbarkeiten (Verwaltungsgerichtsbarkeit, Sozialgerichtsbarkeit, Bußgeldsachen [wenn die Staatsanwaltschaft einstellt]) die Kostenfestsetzung nicht vom Rechtspfleger durchgeführt wird, sondern vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. In Bußgeldsachen vor der Verwaltungsbehörde wird die Festsetzung von einem Mitarbeiter der Verwaltung durchgeführt. Darüber hinaus gibt es auch Verfahren, in dem der Richter selbst die Kostenfestsetzung durchführt (siehe § 199 Abs. 1 BRAO). Nach dem früheren Wortlaut des Gesetzes wäre das Erinnerungsverfahren daher in allen diesen Fällen keine besondere Angelegenheit und hätte keine gesonderte Vergütung ausgelöst.
Rz. 7
Damit stand sich dem Wortlaut nach die Anwaltschaft schlechter als nach der BRAGO, nach der Erinnerungen in Kostenfestsetzungsverfahren immer gesonderte Angelegenheiten waren (§§ 37 Nr. 7, 61 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO).
Rz. 8
Zum Teil lehnte die Rechtsprechung in wörtlicher Anwendung des Gesetzes eine gesonderte Vergütung ab.
Rz. 9
Zuletzt ist die Rechtsprechung jedoch überwiegend davon ausgegangen, dass hier ein redaktionelles Versehen vorliege und hat die Erinnerung in Kostenfestsetzungssachen als gesonderte Angelegenheit angesehen.
b) Aktuelle Rechtslage
Rz. 10
§ 18 Abs. 1 Nr. 3 stellt klar, dass der Anwalt in allen Erinnerungsverfahren gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss eine gesonderte Vergütung erhält, unabhängig davon, wer die angefochtene Entscheidung erlassen hat.
Rz. 11
Die Vergütung richtet sich in Verfahren nach VV Teil 3, in denen nach dem Gegenstandswert abgerechnet wird, nach VV 3500.
Rz. 12
Maßgebender Gegenstandswert ist gem. § 23 Abs. 2 S. 3 i.V.m. S. 1 das Abänderungsinteresse, also die Differenz zwischen dem festgesetzten Betrag und dem Betrag, dessen Festsetzung im Wege der Erinnerung angestrebt wird.
Beispiel: Der Anwalt legt gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des VG, mit dem Reisekosten in Höhe von 90 EUR abgesetzt worden sind, Erinnerung ein.
Die Erinnerung ist nach Abs. 1 Nr. 3 eine gesonderte Angelegenheit. Der Anwalt erhält die Gebühr nach VV 3500 aus dem Wert von 90 EUR.
1. |
0,5-Verfahrensgebühr, VV 3500 (Wert: 90 EUR) |
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24,50 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
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4,90 EUR |
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Zwischensumme |
29,40 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
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5,59 EUR |
Gesamt |
|
34,99 EUR |
Rz. 13
Auch in Straf- und Bußgeldsachen sind durch die entsprechende Verweisung in VV Vorb. 4 Abs. 5 und Vorb. 5 Abs. 4 die Vorschriften nach VV Teil 3 anzuwenden. Es gelten daher auch hier die VV 3500 ff.
Rz. 14
Gleiches gilt in Verfahren nach VV Teil 6 Abschnitt 2 (VV Vorb. 6.2 Abs. 3).
Rz. 15
In Sozialsachen, in denen das GKG nicht anzuwenden ist, richtet sich die Gebühr für ein Erinnerungsverfahr...