Norbert Schneider, Peter Fölsch
a) Allgemeines
Rz. 42
Zwischenstreite gehören zum Rechtszug; es erwächst dem Prozessbevollmächtigten keine weitere Gebühr. Zwischenstreite können in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten geführt werden etwa über
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den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention (§ 71 ZPO) |
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die Beweisaufnahme vor dem beauftragten oder ersuchten Richter (§ 366 ZPO) |
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die Zeugnisverweigerung (§ 387 ZPO) bzw. die schriftliche Zeugnisverweigerung (§ 388 ZPO) |
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das Gutachtenverweigerungsrecht (§ 408 ZPO) |
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die Zulassung einer Klageänderung |
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den Widerruf eines Geständnisses |
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die Pflicht zur Vorlage einer Urkunde |
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die Echtheit einer Urkunde |
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die Unterbrechung des Verfahrens |
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die Aussetzung des Verfahrens |
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den Antrag auf Wiedereinsetzung |
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die Anordnung der Prozesskostensicherheit |
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die Zulässigkeit eines Rechtsmittels oder Einspruchs |
Über den Zwischenstreit ergeht ein Zwischenurteil (§ 303 ZPO). Auch das Grundurteil (§ 304 ZPO) ist ein Zwischenurteil.
b) Vertretung im Zwischenstreit mit einem Zeugen
Rz. 43
Steht ein Rechtsanwalt einem Zeugen in der mündlichen Verhandlung in einem Zwischenstreit über dessen Zeugnisverweigerungsrecht bei, entstehen dem Rechtsanwalt für diese Tätigkeit Gebühren nach VV 3100 ff. (VV Vorb. 3 Abs. 1), soweit die Gebührentatbestände im Einzelnen erfüllt sind und sofern sich seine Tätigkeit auf den Beistand in dem Zwischenstreit über die Berechtigung zur Zeugnisverweigerung beschränkt.
Beispiel: Ein Kläger bezieht sich zum Beweis für seine Behauptung auf das Zeugnis eines Steuerberaters. Dieser erscheint im Termin zur Beweisaufnahme mit einem von ihm beauftragten Rechtsanwalt und verweigert die Aussage mit der Begründung, dass er mit der Sache in seiner Funktion als Steuerberater betraut gewesen sei. Von der Verschwiegenheitspflicht hätte man ihn nicht entbunden, so dass er nicht aussagen könne und dürfe. Der Kläger bestreitet die Berechtigung des Zeugen zur Aussageverweigerung und beantragt eine Entscheidung des Gerichts. Durch Zwischenurteil entspricht das Gericht dem Antrag des Zeugen, das Zeugnis zu verweigern. Die Kosten des Zwischenstreits legt es dem Kläger auf.
Zu einem derartigen Fall hat das OLG Hamburg im Leitsatz ausgeführt:
Zitat
"Kosten, die einem Zeugen in dem Zwischenstreit über sein Zeugnisverweigerungsrecht durch Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erwachsen, sind ihm gemäß einer entsprechenden Kostengrundentscheidung in dem Zwischenurteil von der Partei zu erstatten, die seine Berechtigung zur Aussageverweigerung bestritten hatte."
In den Urteilsgründen heißt es dann weiter:
Zitat
"Gemäß § 37 Nr. 3 BRAGO gehören zwar Zwischenstreite zum Rechtszug, und hierunter fallen auch solche mit Zeugen gemäß § 387 ZPO. Sofern sich aber die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Vertreter des Zeugen auf den Zwischenstreit über die Berechtigung zur Zeugnisverweigerung beschränkt, wird der Rechtsanwalt als Bevollmächtigter in einem Rechtsstreit tätig und verdient folglich die Gebühren des § 31 BRAGO, soweit die Gebührentatbestände im einzelnen erfüllt sind ... Es kann kostenrechtlich keineswegs beanstandet werden, daß sich der Zeuge in dieser für ihn selbst äußerst bedeutsamen Angelegenheit bei der Berufung auf sein Zeugnisverweigerungsrecht anwaltlichen Beistands bedient hat."
Rz. 44
Die Rechtsanwälte, die als Prozessbevollmächtigte in dem Verfahren auf Kläger- bzw. Beklagtenseite tätig sind, erhalten für ihre Tätigkeit im Zwischenstreit mit Zeugen keine gesonderten Gebühren.
c) Rechtsmittel gegen ein Zwischenurteil
Rz. 45
Wird gegen ein Zwischenurteil Berufung eingelegt, ist das Berufungsverfahren ein neuer Rechtszug und damit eine neue Angelegenheit. Zu beachten ist, dass die Berufung gegen ein Zwischenurteil im Sinne von § 303 ZPO für die Parteien in aller Regel nicht statthaft ist. Ihre Nachprüfung kann nur durch ein Rechtsmittel gegen das verfahrensabschließende Endurteil erreicht werden. Das Grundurteil (§ 304 ZPO) ist dagegen auch von den Parteien mit der Berufung anfechtbar. Wird gegen das Zwischenurteil die sofortige Beschwerde eingelegt, bildet das Beschwerdeverfahren eine neue Angelegenheit. Die sofortige Beschwerde gegen ein Zwischenurteil ist zum Beispiel nach § 71 Abs. 2 ZPO oder § 387 Abs. 3 ZPO zulässig.
Wird auf ein Rechtsmittel das Zwischenurteil bestätigt, das Rechtsmittel verworfen oder zurückgenommen, wird die Sache zur weiteren Erledigung an das erstinstanzliche Gericht zurückgegeben. Hierbei handelt es sich nicht um eine Zurückverweisung im Sinne von § 21, so dass das weitere erstinstanzliche Verfahren gegenüber dem bisher durchgeführten erstinstanzlichen Verfahren keine neue gebührenrechtliche Angelegenheit ist.
Rz. 46
Wird gegen ein Zwischenurteil die Berufung zurückgenommen oder auf andere Weise erledigt und danach gegen das Endurteil eine weitere Berufung eingelegt, handelt es sich gebührenrechtlich um zwei Rechtszüge. Das erste Berufungsverfahren gehört kostenrechtlich nicht zum zweiten und ist dementsprechend gesondert zu vergüten. Dazu führt das OLG Düsseldorf aus:
Zitat
"§ 37 Nr. 3 BRAGO bindet nicht...