Norbert Schneider, Peter Fölsch
Rz. 20
Durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts und des Unterhaltsverfahrensrechts sowie zur Änderung der Zivilprozessordnung und kostenrechtlicher Vorschriften vom 20.11.2015 ist § 19 Abs. 1 S. 2 um eine Nr. 1a ergänzt worden. Die Einreichung der Schutzschrift gehört zu demjenigen künftigen Gerichtsverfahren, zu dem sie eingereicht werden soll. Der Rechtsanwalt erhält dementsprechend für die Einreichung der Schutzschrift sowie für die Vertretung in dem anschließenden Gerichtsverfahren die Verfahrensgebühr nur einmal.
Rz. 21
Seit 1.1.2016 gibt es ein zentrales, bundesweites elektronisches Schutzschriftenregister, bei dem die Einreichung einer Schutzschrift genügt, um alle Zivil- und Arbeitsgerichte zu erreichen. § 945a Abs. 2 S. 1 ZPO sowie § 62 Abs. 2 S. 3 und § 85 Abs. 2 S. 3 ArbGG sehen hierzu vor, dass eine bei dem Register eingereichte Schutzschrift als bei allen Zivil- und Arbeitsgerichten der Länder eingereicht gilt. Schutzschriften sind spätestens sechs Monate nach ihrer Einstellung zu löschen (§ 945a Abs. 2 S. 2 ZPO).
Nach dem zum 1.1.2017 in Kraft tretenden § 49c BRAO sind Rechtsanwälte verpflichtet, Schutzschriften bei dem elektronischen Schutzschriftenregister einzureichen.
Nach § 945a Abs. 1 S. 2 ZPO sind Schutzschriften vorbeugende Schriftsätze gegen erwartete Anträge auf Arrest oder einstweilige Verfügung. Die Schutzschrift bringt kein gerichtliches Verfahren in Gang, sondern äußert sich zu einem erwarteten Verfahren. Sie kann bei jedem Gericht oder bei dem elektronischen Schutzschriftenregister eingereicht werden. Die Gerichte haben bei Einleitung eines Arrest- oder einstweiligen Verfügungsverfahrens zu prüfen, ob eine Schutzschrift bei dem Gericht oder dem elektronischen Schutzschriftenregister eingereicht ist. Liegt eine Schutzschrift vor, muss sie in das Gerichtsverfahren einbezogen werden.
Rz. 22
Für den Rechtsanwalt ist der Auftrag, eine Schutzschrift einzureichen, ein Auftrag, in einem gerichtlichen Verfahren im Sinne der Überschrift von Teil 3 VV RVG tätig zu werden. Dies gilt auch dann, wenn die Schutzschrift bei dem elektronischen Schutzschriftenregister eingereicht wird. Denn auch dann noch bezieht sich die anwaltliche Tätigkeit auf ein (künftiges) Gerichtsverfahren. Die Einstellung in das elektronische Schutzschriftenregister ist mit der Einreichung bei Gericht gleichzusetzen (vgl. § 945a Abs. 2 S. 1 ZPO).
Für die Einreichung der Schutzschrift erhält der Rechtsanwalt eine 1,3-Verfahrensgebühr nach VV 3100. Zum Teil wird angenommen, dass diese volle 1,3-Gebühr nur dann entstehe, wenn der Gegner später einen Antrag auf Erlass eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung stellt. Die Voraussetzungen für eine Ermäßigung des Satzes der Verfahrensgebühr von 1,3 auf 0,8 nach VV 3101 Nr. 1 lägen dann nicht mehr vor. Eine Gebührenermäßigung sei nach dieser Vorschrift nämlich ausgeschlossen, wenn der Auftrag erst dann ende, nachdem ein Schriftsatz, der Sachvortrag enthält, eingereicht wird. Zutreffend ist es dagegen, immer eine 1,3-Verfahrensgebühr anzunehmen. Eine Schutzschrift enthält Tatsachen- und Rechtsausführungen, so dass es sich hierbei bereits um Sachvortrag handelt. Die Ermäßigung nach VV 3101 Nr. 1 scheidet daher von vornherein aus.
Rz. 23
Für die bei Gericht eingereichte Schutzschrift kann Prozesskostenhilfe nach Maßgabe der §§ 114 ff. ZPO bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, auch wenn kein Arrest- oder einstweiliges Verfügungsverfahren anhängig ist oder wird.
Zwar braucht sich eine Partei vor Gericht nicht zu verteidigen, solange ein gerichtliches Verfahren noch gar nicht beantragt ist oder betrieben wird. Deshalb kann mangels eines gerichtlichen Verfahrens zur Abwehr eines Begehrens im Allgemeinen keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden. Eine Ausnahme ist aber für eine Schutzschrift gegen einen drohenden Arrest oder eine drohende einstweilige Verfügung zuzulassen, wenn die Schutzschrift genauso dringend geboten erscheint wie der entsprechende einstweilige Rechtsschutz selbst.
Ob und wie dies auch dann gelten kann, wenn die Schutzschrift bei dem elektronischen Schutzschriftenregister eingereicht wird, ist fraglich. Die Schutzschrift wird dann nämlich nicht einmal mehr unmittelbar gegenüber einem Gericht abgegeben, sondern gegenüber einer Justizverwaltungsbehörde, die das elektronische Schutzschriftenregister führt. Andererseits hat die Einstellung der Schutzschrift in das elektronische Schutzschriftenregister einen unmittelbaren Bezug zu einem (drohenden) gerichtlichen Verfahren, nämlich einem voraussichtlichen Arrest- oder einstweiligen Verfügungsverfahren.