Norbert Schneider, Peter Fölsch
1. Allgemeines
Rz. 30
Außergerichtliche Verhandlungen gehören zum Rechtszug bzw. zum Verfahren. Nr. 2 ist in allen Rechtszügen und Verfahren anzuwenden (zum Anwendungsbereich des Abs. 1 vgl. Rdn 5 ff.). Die Vorschrift erfasst aber nur diejenigen außergerichtlichen Verhandlungen, die den Gegenstand der Angelegenheit, also des Rechtszugs bzw. des Verfahrens betreffen. Dabei muss es sich allerdings nicht um anhängige Gegenstände handeln. Auch nicht anhängige Gegenstände, die im Zusammenhang mit den anhängigen Gegenständen besprochen werden, gehören hierzu, also sog. Mehrwertverhandlungen, die zum Abschluss eines Mehrwertvergleichs führen sollen.
2. Auftrag
Rz. 31
Auf Nr. 2 kommt es nur an, soweit dem Rechtsanwalt ein Auftrag zur Vertretung im Rechtszug bzw. Verfahren erteilt ist. Dann erhält der Rechtsanwalt die Verfahrensgebühr insgesamt nur einmal. Dabei können aber die außergerichtlichen Verhandlungen für die Verfahrensgebühr VV 3101 gebührenauslösend sein.
Liegt dem Rechtsanwalt ein solcher Auftrag vor und führt er außergerichtliche Verhandlungen durch, löst dies die Verfahrensgebühr VV 3100, 3101 innerhalb dieses Auftrags aus. Besteht ein solcher Auftrag nicht, sondern ist der Rechtsanwalt nur mit außergerichtlichen Verhandlungen beauftragt, erhält er hierfür eine Vergütung nach VV Teil 2 (in der Regel VV 2300).
Rz. 32
Wird der Anwalt zunächst mit der außergerichtlichen Vertretung beauftragt und beschränkt sich der Auftrag nur auf diese Angelegenheit, bleibt ihm die Gebühr nach VV 2300 auch dann erhalten, wenn ein weiterer Auftrag hinzukommt, die Ansprüche oder Restansprüche nunmehr gerichtlich durchzusetzen. Es handelt sich bei dieser Konstellation um zwei Angelegenheiten.
3. Gebühren bei außergerichtlichen Verhandlungen
Rz. 33
Außergerichtliche Verhandlungen in der Form von mündlichen bzw. fernmündlichen Besprechungen begründen die Terminsgebühr nach VV Vorb. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2, wenn dem Rechtsanwalt ein Auftrag zur Vertretung im Sinne von Teil 3, insbesondere ein Prozessauftrag erteilt wurde. Eine Anhängigkeit ist nicht erforderlich. Im Übrigen sind außergerichtliche Verhandlungen durch die Verfahrensgebühr (VV 3100) abgegolten. Führen die außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen vor Klageeinreichung zu einem Erfolg, reduziert sich die Verfahrensgebühr nach VV 3101 Nr. 1 auf 0,8.
Rz. 34
Ist dem Rechtsanwalt dagegen ein Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung erteilt, werden die Verhandlungen mit der Geschäftsgebühr nach VV 2300 abgegolten, was sich dann in der Rahmenhöhe niederschlagen kann (vgl. § 14 Abs. 1).
Rz. 35
Wird aufgrund der Verhandlungen ein Vergleich geschlossen, erwächst zusätzlich die Einigungsgebühr nach VV 1000, 1003 oder 1004.
4. Außergerichtliche Mediation bzw. gerichtliche Güteverhandlung
Rz. 36
Außergerichtliche Verhandlungen können auch in einer außergerichtlichen Mediation stattfinden. Ob es sich aber bei einer außergerichtlichen Mediation noch um eine Vorbereitungs-, Abwicklungs- oder Nebentätigkeit handelt, ist allerdings zu bezweifeln. Abs. 1 zielt grundsätzlich nur auf Tätigkeiten von eher geringem Umfang ab. Anwaltliche Tätigkeiten haben aber in Bezug auf außergerichtliche Mediationen einen deutlich höheren Umfang, bedenkt man, dass außergerichtliche Mediationen oftmals mehrstündig an mehreren Verhandlungstagen stattfinden. Hinzuzusetzen sind vorbereitende Schriftsätze einschließlich des Abschlusses einer Mediationsvereinbarung (zur Güteverhandlung vor dem Güterichter vgl. Rdn 61).
5. Einigungsverhandlungen nach Urteil
Rz. 37
Einigungsverhandlungen können auch erst nach Verkündung des Urteils durchgeführt werden mit dem Ziel, eine Berufung zu verhindern. Soweit dem Rechtsanwalt kein Auftrag zur Vertretung in einem Berufungsverfahren erteilt ist, gehören die Einigungsverhandlungen nach Abs. 1 S. 2 Nr. 2 noch zum erstinstanzlichen Rechtszug.
Kommt es zum Abschluss einer Einigung, ist es für die Höhe der Einigungsgebühr VV 1003, 1004 nicht relevant, ob der Rechtsanwalt einen Auftrag zur Vertretung im Berufungsverfahren schon oder noch nicht erhalten hat. Entscheidend ist allein, ob der Gegenstand, über den die Einigung erzielt wird, im Berufungsverfahren anhängig ist oder noch nicht. Ist ein Berufungsverfahren nicht anhängig, entsteht die Einigungsgebühr VV 1003 mit einem Satz von 1,0. Ist das Berufungsverfahren anhängig, fällt die Einigungsgebühr VV 1004 mit einem Satz von 1,3 an. Die Einigungsgebühr VV 1004 mit einem Satz von 1,3 verdient auch der erstinstanzliche Rechtsanwalt, der noch keinen Auftrag zur Vertretung im Berufungsverfahren erhalten hat. Der mit der Berufung beauftragte Rechtsanwalt erhält zusätzlich die Verfahrensgebühr VV 3200 mit einem Satz von 1,6 bzw. VV 3201 mit einem Satz von 1,1 sowie einen 1,2-Terminsgebühr (VV 3202), soweit die außergerichtlichen Verhandlungen auch durch eine Besprechung im Sinne von VV 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 stattgefunden haben.
6. Prozesskostenhilfe
Rz. 38
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts für ein Gerichtsverfahren umfasst über § ...