Norbert Schneider, Peter Fölsch
1. Allgemeines
Rz. 40
Nr. 3 benennt bestimmte Verfahren bzw. Verfahrensabschnitte, die gebührenrechtlich zum Rechtszug bzw. zum Verfahren gehören. Dies sind:
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Zwischenstreite |
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die Bestellung von Vertretern durch das in der Hauptsache zuständige Gericht |
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die Ablehnung von Richtern, Rechtspflegern, Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder Sachverständigen |
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die Festsetzung des Streit- oder Geschäftswerts. |
Rz. 41
Im Gegensatz zur Vorgängervorschrift des § 37 Nr. 3 BRAGO a.F. sind in § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 nicht mehr genannt:
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Selbstständige Beweisverfahren: Das selbstständige Beweisverfahren ist gegenüber dem Hauptsacheverfahren eine eigene selbstständige Gebührenangelegenheit. Der Rechtsanwalt kann daher im selbstständigen Beweisverfahren und im Prozessverfahren sämtliche Gebühren gesondert verdienen. Lediglich die Verfahrensgebühren werden aufeinander angerechnet (VV Vorb. 3 Abs. 5). Es wird auf die Kommentierung zum selbstständigen Beweisverfahren verwiesen (siehe VV Vorb. 3 Rdn 263 ff.). |
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Verfahren über die Prozesskostenhilfe: Das Verfahren über die Prozesskostenhilfe ist ein selbstständiges gerichtliches Verfahren. In § 16 Nr. 2 ist geregelt, dass das Prozesskostenhilfeverfahren und das Verfahren, für das Prozesskostenhilfe beantragt worden ist, eine Angelegenheit bildet. Diesbezüglich wird auf die dortige Kommentierung verwiesen (siehe § 16 Rdn 5 ff.). |
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Vorläufige Einstellung, Beschränkung oder Aufhebung der Zwangsvollstreckung, wenn nicht eine abgesonderte mündliche Verhandlung hierüber stattfindet: Die Tätigkeit ist in Nr. 11 des § 19 Abs. 1 S. 2 geregelt (siehe Rdn 154 ff.). |
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Verfahren wegen Rückgabe der Sicherheit: Die Tätigkeit ist in Nr. 7 des § 19 Abs. 1 S. 2 geregelt (siehe Rdn 77 ff.). |
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Das 2. KostRMoG hat die Regelung über die Bestimmung des zuständigen Gerichts aus § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 entnommen und in einem neuen § 16 Nr. 3a klargestellt, dass das Gerichtsstandsbestimmungsverfahren mit dem betroffenen Verfahren immer dieselbe Angelegenheit bildet, und zwar auch dann, wenn das Bestimmungsverfahren nicht zur Bestimmung eines Gerichts führt (siehe § 16 Rdn 13). |
2. Zwischenstreite
a) Allgemeines
Rz. 42
Zwischenstreite gehören zum Rechtszug; es erwächst dem Prozessbevollmächtigten keine weitere Gebühr. Zwischenstreite können in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten geführt werden etwa über
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den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention (§ 71 ZPO) |
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die Beweisaufnahme vor dem beauftragten oder ersuchten Richter (§ 366 ZPO) |
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die Zeugnisverweigerung (§ 387 ZPO) bzw. die schriftliche Zeugnisverweigerung (§ 388 ZPO) |
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das Gutachtenverweigerungsrecht (§ 408 ZPO) |
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die Zulassung einer Klageänderung |
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den Widerruf eines Geständnisses |
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die Pflicht zur Vorlage einer Urkunde |
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die Echtheit einer Urkunde |
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die Unterbrechung des Verfahrens |
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die Aussetzung des Verfahrens |
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den Antrag auf Wiedereinsetzung |
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die Anordnung der Prozesskostensicherheit |
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die Zulässigkeit eines Rechtsmittels oder Einspruchs |
Über den Zwischenstreit ergeht ein Zwischenurteil (§ 303 ZPO). Auch das Grundurteil (§ 304 ZPO) ist ein Zwischenurteil.
b) Vertretung im Zwischenstreit mit einem Zeugen
Rz. 43
Steht ein Rechtsanwalt einem Zeugen in der mündlichen Verhandlung in einem Zwischenstreit über dessen Zeugnisverweigerungsrecht bei, entstehen dem Rechtsanwalt für diese Tätigkeit Gebühren nach VV 3100 ff. (VV Vorb. 3 Abs. 1), soweit die Gebührentatbestände im Einzelnen erfüllt sind und sofern sich seine Tätigkeit auf den Beistand in dem Zwischenstreit über die Berechtigung zur Zeugnisverweigerung beschränkt.
Beispiel: Ein Kläger bezieht sich zum Beweis für seine Behauptung auf das Zeugnis eines Steuerberaters. Dieser erscheint im Termin zur Beweisaufnahme mit einem von ihm beauftragten Rechtsanwalt und verweigert die Aussage mit der Begründung, dass er mit der Sache in seiner Funktion als Steuerberater betraut gewesen sei. Von der Verschwiegenheitspflicht hätte man ihn nicht entbunden, so dass er nicht aussagen könne und dürfe. Der Kläger bestreitet die Berechtigung des Zeugen zur Aussageverweigerung und beantragt eine Entscheidung des Gerichts. Durch Zwischenurteil entspricht das Gericht dem Antrag des Zeugen, das Zeugnis zu verweigern. Die Kosten des Zwischenstreits legt es dem Kläger auf.
Zu einem derartigen Fall hat das OLG Hamburg im Leitsatz ausgeführt:
Zitat
"Kosten, die einem Zeugen in dem Zwischenstreit über sein Zeugnisverweigerungsrecht durch Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erwachsen, sind ihm gemäß einer entsprechenden Kostengrundentscheidung in dem Zwischenurteil von der Partei zu erstatten, die seine Berechtigung zur Aussageverweigerung bestritten hatte."
In den Urteilsgründen heißt es dann weiter:
Zitat
"Gemäß § 37 Nr. 3 BRAGO gehören zwar Zwischenstreite zum Rechtszug, und hierunter fallen auch solche mit Zeugen gemäß § 387 ZPO. Sofern sich aber die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Vertreter des Zeugen auf den Zwischenstreit über die Berechtigung zur Zeugnisverweigerung be...