Norbert Schneider, Peter Fölsch
1. Allgemeines
Rz. 100
Die Regelung wurde durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/99/EU über die Europäische Schutzanordnung und zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 606/2013 über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen in Zivilsachen mit Wirkung zum 11.1.2015 eingeführt.
2. Regelungsgehalt
a) Ausstellung, Berichtigung, Aufhebung oder Widerruf nach §§ 1079, 1110 ZPO (Buchst. a)
Rz. 101
Die Ausstellung von Bescheinigungen, Bestätigungen oder Formblättern einschließlich deren Berichtigung, Aufhebung oder Widerruf nach §§ 1079, 1110 ZPO gehört zum Rechtszug und wird daher mit den allgemeinen Gebühren abgegolten.
Rz. 102
Die Regelung des § 1079 ZPO wurde durch das EG-Vollstreckungstitel-Durchführungsgesetz mit Wirkung zum 21.10.2005 eingeführt. Sie regelt die innerstaatliche Zuständigkeit zur Ausstellung von Bestätigungen nach Art. 9 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 2 und 3 i.V.m. den Anhängen I bis V der EG-VO Nr. 805/2004. Die Bestätigung ist von der Stelle auszustellen, der auch die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels obliegt (§§ 724, 797 ZPO). Denn die Bestätigung hat ebenso wie die Vollstreckungsklausel die Funktion, Bestand und Vollstreckbarkeit des Titels zu dokumentieren. Das gilt nicht nur für die Bestätigungen zu gerichtlichen Entscheidungen und Prozessvergleichen, sondern auch für die Bestätigungen zu öffentlichen Urkunden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Bestätigungen zu öffentlichen Urkunden – anders als Bestätigungen zu gerichtlichen Entscheidungen – keine Mindeststandards umfassen, sondern nur allgemeine Angaben über die ausstellende Stelle, die Geldforderung und die Vollstreckbarkeit der Urkunde enthalten. Die Vorschrift entspricht i.Ü. inhaltlich § 56 AVAG für die Bescheinigung nach der Verordnung EG Nr. 44/2001 (Brüssel I-Verordnung).
Rz. 103
Für den Rechtsanwalt, der auch im Erkenntnisverfahren tätig war, gehört das Verfahren über den Antrag auf Ausstellung, Berichtigung oder Widerruf der Bestätigung (§§ 1079 ff. ZPO) grundsätzlich zum Rechtszug des Ausgangsverfahrens. Ist der Rechtsanwalt lediglich mit der Durchführung der Zwangsvollstreckung im Ausland beauftragt und holt er in diesem Zusammenhang die Bezifferung des Titels ein, gehört die Tätigkeit zum Rechtszug des Vollstreckungsverfahrens. Insofern wird diese Tätigkeit dann mit der nach VV 3309 entstandenen 0,3-Verfahrensgebühr mit abgegolten. Diese Regelung soll dem Grundsatz Rechnung tragen, dass bloße Vorbereitungs-, Neben- und Abwicklungstätigkeiten neben den für das Verfahren vorgesehenen Gebühren keine besondere Vergütung auslösen (Abs. 1 S. 1).
b) Ausstellung, Berichtigung, Aufhebung oder Widerruf nach § 48 IntFamRVG (Buchst. b)
Rz. 104
Die Ausstellung von Bescheinigungen, Bestätigungen oder Formblättern einschließlich deren Berichtigung, Aufhebung oder Widerruf nach § 48 IntFamRVG gehört zum Rechtszug und wird daher mit den allgemeinen Gebühren abgegolten.
c) Ausstellung, Berichtigung, Aufhebung oder Widerruf nach § 57 oder 58 AVAG (Buchst. c)
Rz. 105
Die Ausstellung von Bescheinigungen, Bestätigungen oder Formblättern einschließlich deren Berichtigung, Aufhebung oder Widerruf nach § 57 oder 58 AVAG gehört zum Rechtszug und wird daher mit den allgemeinen Gebühren abgegolten.
d) Ausstellung, Berichtigung, Aufhebung oder Widerruf nach § 14 EUGewSchVG (Buchst. d)
Rz. 106
Die Ausstellung von Bescheinigungen, Bestätigungen oder Formblättern einschließlich deren Berichtigung, Aufhebung oder Widerruf nach § 14 EUGewSchVG gehört zum Rechtszug und wird daher mit den allgemeinen Gebühren abgegolten.
Rz. 107
§ 14 EUGewSchVG wurde durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/99/EU über die Europäische Schutzanordnung und zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 606/2013 über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen in Zivilsachen mit Wirkung zum 11.1.2015 eingeführt. Die Norm wurde durch das Gesetz zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften mit Wirkung zum 17.8.2015 sprachlich – nicht inhaltlich – verändert.
Rz. 108
Art. 4 der EUVO Nr. 606/2013 regelt die Anerkennung und Vollstreckung einer in einem Mitgliedstaat angeordneten Schutzmaßnahme. Diese wird in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf, und ist dort vollstreckbar, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf. Eine geschützte Person, die in dem ersuchten Mitgliedstaat eine in dem Ursprungsmitgliedstaat angeordnete Schutzmaßnahme geltend machen will, hat der zuständigen Behörde des ersuchten Mitgliedstaats u.a. die nach Art. 5 im Ursprungsmitgliedstaat ausgestellte Bescheinigung vorzulegen. Gem. Art. 5 Abs. 1 wird die Bescheinigung von der Ausstellungsbehörde des Ursprungsmitgliedstaats auf Ersuchen der geschützten Person unter Verwendung des gem. Art. 19 erstellten mehrsprachigen Standardformulars mit den in Art. 7 vorgesehenen Angaben ausgestellt.
Rz. 109
Art. 4 der EUVO Nr. 606/2013 regelt die Aufhebung der Anerkennung oder Vollstreckung. Wird daher eine Schutzmaßnahme im Ursprungsmitgliedstaat ausgesetzt oder aufgehoben oder wird ihre Vollstreckbarkeit ausgesetzt oder beschränkt oder wird die Bescheinigung gem. Art. 9 Abs. 1 Buchst. b aufgehoben, so stellt die Ausstellungsbehörde des Ursprungsmitgliedstaats auf Ersuchen der geschützten oder der gefährdenden Person eine ...