Norbert Schneider, Peter Fölsch
1. Allgemeines
Rz. 117
Die Vorschrift der Nr. 10, 1. Hs. entspricht dem früheren § 87 S. 2 BRAGO, wonach u.a. auch die Einlegung eines Rechtsmittels durch den vorinstanzlich tätigen Verteidiger zum Rechtszug gehörte. Entsprechend anwendbar war die Vorschrift über § 105 BRAGO in Bußgeldsachen (jetzt: VV Teil 5) und in sonstigen Verfahren, die ähnlich wie Strafverfahren gestaltet waren; diese Verfahren finden sich jetzt in VV Teil 6.
Rz. 118
Nach § 17 Nr. 1 beginnt spätestens mit der Einlegung des Rechtsmittels grundsätzlich eine neue Angelegenheit. Als Ausnahme hierzu ordnet Nr. 10, 1. Hs. an, dass die Einlegung eines Rechtsmittels für den Verteidiger der Vorinstanz durch die dort entstandenen Gebühren abgegolten ist. Entsprechendes gilt für einen anderweitigen, bereits in der Vorinstanz tätigen Vertreter in Verfahren nach VV Teil 4 bis 6. Auch für ihn zählt die Einlegung des Rechtsmittels noch zur Gebührenangelegenheit und löst damit keine gesonderte Angelegenheit aus (VV Vorb. 4 Abs. 1; VV Vorb. 5 Abs. 1; VV Vorb. 6.2 Abs. 1).
2. Regelungsgehalt
a) Abgeltungsbereich der Pauschgebühren
Rz. 119
Nach § 15 Abs. 1 werden durch die Gebühren der Vorinstanz bereits abgegolten:
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die Beratung über die Möglichkeit, Form und Frist eines noch einzulegenden Rechtsmittels sowie |
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die Entgegennahme und Weiterleitung der gegnerischen Rechtsmittelschrift (Nr. 9). |
Ergänzend hierzu ordnet Nr. 10, 1. Hs. darüber hinaus an, dass auch die Einlegung eines Rechtsmittels bei dem Gericht desselben Rechtszugs in Verfahren nach VV Teil 4 bis 6 noch durch die vorinstanzlich entstandenen Gebühren abgegolten wird.
b) Sachlicher Anwendungsbereich
Rz. 120
Nr. 10, 1. Hs. gilt in allen Verfahren nach VV Teil 4 bis 6, also in:
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Strafverfahren (VV Teil 4), einschließlich des Adhäsionsverfahrens, also auch dann, wenn nur gegen die Adhäsionsentscheidung Berufung oder Revision eingelegt wird; |
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Verfahren nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (VV Vorb. 4 Abs. 1), |
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Bußgeldverfahren (VV Teil 5), |
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Disziplinarverfahren (VV 6200 ff.), |
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Beschwerdeverfahren in Freiheitsentziehungssachen nach § 415 FamFG, in Unterbringungssachen nach § 312 FamFG und bei Unterbringungsmaßnahmen nach § 151 Nr. 6 und 7 FamFG (VV 6300 ff.), siehe § 64 Abs. 1 FamFG; nicht auch im Rechtsbeschwerdeverfahren, da die Rechtsbeschwerde gem. § 71 S. 1 FamFG beim BGH einzureichen ist, |
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berufsgerichtlichen Verfahren wegen Verletzung einer Berufspflicht (VV 6200 ff.), |
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Verfahren nach der WBO (VV 6400 ff.). |
c) Persönlicher Anwendungsbereich
Rz. 121
Nr. 10, 1. Hs. gilt nicht nur für den Anwalt als Verteidiger und Pflichtverteidiger, sondern auch für den Anwalt als Vertreter eines Nebenklägers oder Privatklägers, als Beistand eines Verletzten, eines Einziehungs- oder Nebenbeteiligten, soweit diese Beteiligten ein Rechtsmittel einlegen können und die Gebühren der VV Teile 4 bis 6 anzuwenden sind, VV Vorb. 4 Abs. 1; VV Vorb. 5 Abs. 1; VV Vorb. 6.2 Abs. 1); in Verfahren nach VV Teil 6 Abschnitt 3 für den Anwalt eines Beteiligten.
Rz. 122
Nr. 10, 1. Hs. gilt allerdings nur für den Vollverteidiger bzw. den Anwalt, dem die Vertretung eines anderen Beteiligten in vollem Umfang übertragen ist, wobei unerheblich ist, ob er in der Vorinstanz an der Hauptverhandlung teilgenommen hat oder nur außerhalb der Hauptverhandlung tätig geworden ist.
Rz. 123
Die Regelung in Nr. 10, 1. Hs. gilt auch für den Anwalt, der vorinstanzlich Vollverteidiger oder ansonsten umfassend beauftragt war, aber im Rechtsmittelverfahren (zunächst) ausschließlich mit der Einlegung des Rechtsmittels als Einzeltätigkeit beauftragt wird. Auch er erhält wegen Nr. 10 keine gesonderte Vergütung nach VV 4302 Nr. 1; VV 5200; VV 6404.
d) Einlegung eines Rechtsmittels
Rz. 124
Zu den Rechtsmitteln i.S.d. Nr. 10, 1. Hs. zählen:
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Berufung und Revision in Strafsachen, auch dann, wenn sie sich nur gegen die Entscheidung im Adhäsionsverfahren richten oder gegen eine Einziehung oder eine verwandte Maßnahme. |
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Rechtsbeschwerde und Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, |
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die entsprechenden Rechtsmittel in Disziplinarverfahren, berufsgerichtlichen Verfahren wegen Verletzung einer Berufspflicht, |
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Unterbringungssachen nach § 312 FamFG und bei Unterbringungsmaßnahmen nach § 151 Nr. 6 und 7 FamFG (VV 6300 ff.), siehe § 64 Abs. 1 FamFG. Nicht auch im Rechtsbeschwerdeverfahren, da die Rechtsbeschwerde gem. § 71 S. 1 FamFG beim BGH einzureichen ist. |
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Anträge auf gerichtliche Entscheidung zum BVerwG nach der WBO |
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Anträge auf gerichtliche Entscheidung nach der WDO. |
Rz. 125
Hinsichtlich der Beschwerdeverfahren ist zu differenzieren:
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Soweit sich die Vergütung in Beschwerdeverfahren nach VV Teil 3 richtet (VV Vorb. 4 Abs. 5; VV Vorb. 5 Abs. 4; VV Vorb. 6.2 Abs. 3) gilt Nr. 10 nicht. Es gilt vielmehr § 18 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. VV Vorb. 3 Abs. 1. Die Beschwerdegebühren entstehen mit der Entgegennahme der Information. |
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Soweit Beschwerden in Verfahren nach VV Teil 4 bis 6 keine gesonderte Angelegenheit darstellen, sondern nach Nr. 10a zur Hauptsache gehören, kommt es auf Nr. 10 ohnehin nicht an. |
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Soweit ausnahmsweise in Beschwerdeverfahren ... |