1. Anwendungsbereich

a) Zu erhebende Gebühren

 

Rz. 53

Die Hinweispflicht erstreckt sich nur auf Gebühren. Damit sind die im RVG geregelten staatlichen Tarife gemeint. Nur diese Gebühren werden i.S.d. Abs. 5 "erhoben".[11]

 

Rz. 54

Darüber hinaus kommt eine Hinweispflicht auch für den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung in Betracht, wenn sich die dort vereinbarte Vergütung zumindest auch nach den gesetzlichen Gebühren richten soll.[12] Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Anwalt als Vergütung einen Aufschlag auf die gesetzlichen Gebühren oder ein Mehrfaches derselben vereinbaren möchte. Auch wenn neben den gesetzlichen Gebühren eine Zeit- oder Pauschalvergütung vereinbart werden soll, gilt die Hinweispflicht jedenfalls bezüglich der gesetzlichen Gebühren. Haben die Parteien in ihrer Vergütungsvereinbarung einen bestimmten – in der Regel höheren – Gegenstandswert zugrunde gelegt, erscheint ein zusätzlicher Hinweis nach § 49b Abs. 5 BRAO dagegen überflüssig. Der Auftraggeber wird bereits in der Vergütungsvereinbarung selbst darauf hingewiesen, dass sich die von ihm zu zahlende Vergütung nach einem bestimmten Gegenstandswert richtet. Ein gesonderter Hinweis ist daher entbehrlich.[13]

 

Rz. 55

Die Auslagen nach Teil 7 VV werden von § 49b Abs. 5 BRAO schon deshalb nicht erfasst, weil ihre Erstattung pauschaliert ist. Unabhängig davon spricht die Vorschrift ausdrücklich nur von Gebühren; hätte der Gesetzgeber insoweit auch die Auslagen erfassen wollen, hätte er auf seine eigene Definition in § 1 Abs. 1 zurückgegriffen und den für Gebühren und Auslagen normierten Oberbegriff der Vergütung gewählt.

[12] N. Schneider, Vergütungsvereinbarung, Rn 1540 ff.; ders., in: Hansens/Braun/Schneider, Teil 2 Rn 294 f.
[13] N. Schneider, Vergütungsvereinbarung, Rn 1546 ff.

b) Ausrichtung nach Gegenstandswert

 

Rz. 56

Erfasst von § 49b Abs. 5 BRAO sind die Gebühren, die sich nach dem Gegenstandswert richten. Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 ist damit der Wert gemeint, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (zum Begriff siehe Rdn 23 ff.). Wertgebühren finden sich vornehmlich in den Teilen 2 und 3 des VV. Nicht in den Anwendungsbereich des Abs. 5 fallen alle Betragsrahmengebühren, die überwiegend in den Teilen 4 bis 6 VV vorkommen. Sofern in diesen Teilen ausnahmsweise eine Wertgebühr vorgesehen ist (z.B. in VV 4142–4145), bezieht sich die Hinweispflicht indes auch auf die dort geregelten Angelegenheiten.[14]

 

Rz. 57

Die Hinweispflicht trifft den Anwalt ohne Rücksicht auf die Höhe des Gegenstandswertes. Ausweislich der Motive des Gesetzgebers[15] zielt die Unterrichtung des Auftraggebers vornehmlich auf hohe Gegenstandswerte, weil es insoweit immer wieder zu Unzuträglichkeiten gekommen sein soll, wenn der Mandant von der Abrechnung "überrascht" wurde. Eine entsprechende Beschränkung lässt sich dem Normtext freilich nicht entnehmen.[16] Verändert sich der Gegenstandswert – und somit der Vergütungsanspruch – nach Hinweiserteilung, etwa infolge einer Widerklage oder Klageerweiterung, ist der Rechtsanwalt insoweit zu einer erneuten Belehrung verpflichtet.

[14] Hansens, ZAP 2005, 885; Hartung, MDR 2004, 1092; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, § 1 Rn 148 f.
[15] BT-Drucks 15/1971, 232.
[16] Hansens/Braun/Schneider, Teil 1 Rn 111; Hansens, ZAP 2005, 885.

2. Anwaltliche Hinweispflicht

a) Inhalt

 

Rz. 58

Der Inhalt der Belehrung ist nach § 49b Abs. 5 BRAO äußerst knapp. Ausreichend ist die schlichte Erklärung, dass sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten. Zu weiter gehenden Hinweisen ist der Anwalt nicht verpflichtet. Er muss insbesondere nicht die Höhe des Gegenstandswertes benennen oder seinem (künftigen) Mandanten die hieraus resultierende Vergütung berechnen (siehe § 1 Rdn 36 ff.). Anderes kann jedoch dann gelten, wenn der Mandant gezielt nach der Höhe der konkreten Vergütung fragt oder der Anwalt nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet ist, weitergehende Hinweise zu erteilen.[17]

 

Rz. 59

Diese formale Betrachtungsweise ist indes kaum praktikabel. Ein auf den Inhalt des § 49b Abs. 5 BRAO beschränkter lapidarer Hinweis provoziert weitere Fragen des (künftigen) Auftraggebers. Diese – vom Gesetzgeber durchaus intendierte[18] – Situation zwingt den Rechtsanwalt bereits im Stadium der Vertragsanbahnung in ein Vergütungsgespräch; zu diesem Zeitpunkt sind ihm die seiner Vergütung zugrunde liegenden Tatsachen jedoch zumeist nicht bekannt.[19] Aus diesem Umstand bereits die Verfassungswidrigkeit des § 49b Abs. 5 BRAO herleiten zu wollen, erscheint indes verfehlt.[20]

 

Rz. 60

Andererseits kann ein frühzeitig geführtes Gespräch auch einen Beitrag zu größerer Akzeptanz hinsichtlich der Vergütung des Anwalts und seiner dafür erbrachten Dienstleistung darstellen. Der Anwalt sollte daher die gesetzliche Hinweispflicht als Chance begreifen, seine Vergütung als Äquivalent einer hochwertigen Dienstleistung darzustellen und das lange verbrämte Thema der Anwaltsgebühren in einem offenen Dialog zu enttabuisieren. Der Mandant wird diese Fairness und Transparenz zu schätzen wissen.

[17] Vgl. Gerold/Schmidt/M...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?