1. Gebühren
Rz. 42
In Abs. 2 S. 2 ist die Rundungsvorschrift des früheren § 11 Abs. 2 S. 2 BRAGO übernommen worden, wonach Beträge unter einem Cent (also die dritte Dezimalstelle) auf- oder abzurunden sind. Bei Mehrbeträgen von unter 0,5 Cent über einem vollen Cent wird abgerundet; bei Mehrbeträgen ab 0,5 Cent über einem vollen Cent (0,005 EUR) wird auf den nächsten Cent aufgerundet. Diese Rundungsregel entspricht der kaufmännischen Rundungsregelung, die im Geschäftsverkehr ohnehin üblich ist.
Rz. 43
Da die Beträge in der Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 (ebenso die PKH-Beträge nach § 49) auf volle EUR lauten und das Vergütungsverzeichnis nur Gebührensätze bis zur zweiten Dezimalstelle vorsieht, kann insoweit ein Fall des Abs. 2 S. 2 grundsätzlich nicht auftreten. Der Anwendungsbereich beschränkt sich daher auf Gebührensätze, die der Anwalt selbst bestimmen kann und bei denen er eine Gebühr bis zur dritten Dezimalstelle wählt, was wohl eher ein theoretischer Fall sein dürfte.
Rz. 44
Bedeutung hat Abs. 2 S. 2 daher eigentlich nur für die Hebegebühr (VV 1009).
Beispiel: Der Anwalt empfängt 1.234,56 EUR und leitet diese weiter.
Die Hebegebühr (VV 1009) beliefe sich auf 12,3456 EUR und wird auf 12,35 EUR aufgerundet.
Beispiel: Der Anwalt empfängt 1.234,46 EUR und leitet diese weiter.
Die Hebegebühr (VV 1009) beliefe sich auf 12,3446 EUR und würde jetzt auf 12,34 EUR abgerundet. Aufgerundet wird erst ab 0,5 Cent. Unzulässig wäre es, hier erst die dritte Dezimalstelle auf 12,345 aufzurunden und dann die zweite auf 12,35 EUR.
2. Nach Anrechnung verbleibende Beträge
Rz. 45
Analog Abs. 2 S. 2 ist in sonstigen Fällen zu verfahren, in denen es auf eine Auf- oder Abrundung ankommt, etwa bei der Anrechnung nach VV Vorb. 3 Abs. 4.
Beispiel: Der Anwalt hat eine 0,75-Gebühr nach VV 2300 aus 30.000 EUR verdient, also 716,25 EUR. Auf die Verfahrensgebühr ist hiervon an sich die Hälfte anzurechnen; die andere Hälfte bleibt anrechnungsfrei (VV Vorb. 3 Abs. 4). Die Hälfte beläuft sich auf 358,125 EUR.
Dieser Betrag ist anzurechnen und der nach Anrechnung verbleibende Gebührenbetrag dann nach Abs. 2 S. 2 zu runden, hier also aufzurunden
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert: 30.000 EUR) |
1.241,50 EUR |
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gem. VV Vorb. 3 Abs. 4 anzurechnen, 0,375 aus 30.000 EUR |
– 328,125 EUR |
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Verbleibt |
913,375 EUR |
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Nach Abs. 2 S. 2 aufzurunden auf |
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913,38 EUR |
Rz. 46
Gleiches kann vorkommen bei der "Drittel-Anrechnung" nach Anm. Abs. 2 zu VV 4143.
Beispiel: Der Anwalt hat im Adhäsionsverfahren eine 2,0-Gebühr aus 15.000 EUR verdient, also 1.436 EUR. Im nachfolgenden zivilrechtlichen Verfahren wird diese Gebühr zu einem Drittel angerechnet (Anm. Abs. 2 zu VV 4143). Das Drittel beläuft sich auf 478,66666… EUR
Auch hier ist der nach Anrechnung verbleibende Gebührenbetrag dann nach Abs. 2 S. 2 zu runden, hier also abzurunden
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert: 15.000 EUR) |
933,40 EUR |
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gem. Anm. Abs. 2 zu VV 4143 anzurechnen, ein Drittel aus 1.208,00 EUR |
– 478,666… EUR |
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Verbleibt |
454,7333… EUR |
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Nach Abs. 2 S. 2 abzurunden auf |
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453,73 EUR |
Rz. 47
Zum selben Ergebnis gelangt man, wenn man Anrechnungsbeträge bis einschließlich 0,005 EUR abrundet und Anrechnungsbeträge von mehr als 0,005 EUR aufrundet.
3. Auslagen
Rz. 48
Strittig ist, ob eine Aufrundung auch bei Auslagen vorzunehmen ist. Auch hier sind die Anwendungsfälle eher selten, da sich gewöhnlich immer Auslagenbeträge ergeben, die auf volle Cent lauten. Bei den Pkw-Fahrtkosten behilft man sich bereits im Tatbestand, indem man auf die gefahrene Strecke volle Kilometer aufrundet.
Rz. 49
Zu Beträgen, die nicht glatt auf einen Cent ausgehen, kann es z.B. bei der nach VV 7007 anteilig zu berechnenden Versicherungsprämie kommen oder auch dann, wenn Reisekosten nach VV Vorb. 7 Abs. 3 anteilig in Rechnung zu stellen sind. Hier dürfte Anm. Abs. 2 S. 2 analog anzuwenden sein. Diese "Streitfrage" hat allerdings keine praktische Bedeutung, da die Rundungsregelung des Abs. 2 S. 2 ohnehin der üblichen kaufmännischen Rundung entspricht und üblich ist.
Beispiel: Der Anwalt fährt für insgesamt drei Gerichtstermine verschiedener Auftraggeber zum auswärtigen LG Die Reisekosten belaufen sich auf.
200 km x 0,42 EUR/km, VV 7003 |
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84,00 EUR |
Abwesenheitsentgelt, VV 7005 Nr. 2 |
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50,00 EUR |
Gesamt |
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134,00 EUR |
Hiervon hat jetzt jeder Auftraggeber ein Drittel zu tragen, also 44.6666… EUR. Dieser Betrag ist je Auftraggeber analog Abs. 2 S. 2 auf 46,67 EUR aufzurunden.