a) Verfahren nach VV Teil 3

 

Rz. 34

Im Gegensatz zur BRAGO, wonach in § 15 Abs. 1 S. 2 BRAGO geregelt war, dass die Prozessgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO) nach Zurückverweisung nicht erneut entstehe, ist für Verfahren nach VV Teil 3 nunmehr vorgesehen, dass die Verfahrensgebühr des Verfahrens vor Zurückverweisung (also des Ausgangsverfahrens) auf die Verfahrensgebühr des Verfahrens nach Zurückverweisung anzurechnen ist, es sei denn, das Gericht, an das zurückverwiesen worden ist, war mit der Sache noch nicht befasst (VV Vorb. 3 Abs. 6). Eine Anrechnung unterbleibt ebenso, wenn mehr als zwei Kalenderjahre vergangen sind (§ 15 Abs. 5 S. 2).

 

Rz. 35

Die Anrechnungsbestimmung der VV Vorb. 3 Abs. 6 gilt dabei für alle Verfahren, in denen sich die Gebühren nach VV Teil 3 richten, also nicht nur in Zivilsachen, sondern auch in Verwaltungs- und Sozialsachen sowie in finanzgerichtlichen Verfahren.

 

Rz. 36

Die Vorschrift gilt auch in Familiensachen und Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, für die – anders als noch zur BRAGO – keine besonderen Regelungen mehr gelten. Die frühere Streitfrage, ob die Geschäftsgebühr erneut entstehe oder nicht, ist obsolet, nachdem jetzt FG-Verfahren ebenso behandelt werden wie bürgerliche Rechtsstreite und keine Geschäftsgebühren, sondern Verfahrensgebühren entstehen. Auf ältere Rechtsprechung kann insoweit daher nicht mehr zurückgegriffen werden.

 

Rz. 37

Auch soweit besondere Verfahren in VV Teil 3 geregelt sind, findet VV Vorb. 3 Abs. 6 Anwendung.

 

Rz. 38

Die Anrechnung der Verfahrensgebühr nach VV Vorb. 3 Abs. 6 gilt dabei für alle Anwälte, die nach VV Teil 3 abrechnen, also insbesondere auch für den Verkehrsanwalt und den Terminsvertreter.

 

Rz. 39

Wegen Einzelheiten zur Anrechnung und zu den verschiedenen Fallgestaltungen wird auf die Kommentierung zu VV Vorb. 3 Abs. 6 verwiesen.

b) Straf- und Bußgeldsachen

 

Rz. 40

In Straf- und Bußgeldsachen ist Abs. 1 ebenfalls anzuwenden. Der Anwalt erhält nach Zurückverweisung die jeweiligen Verfahrens- und Terminsgebühren erneut.[39] Eine neue Grundgebühr (VV 4100) kann nicht entstehen, da diese begrifflich nur für die erste Einarbeitung anfallen kann (Anm. Abs. 1 zu VV 4100).

 

Rz. 41

Das gilt auch dann, wenn ein Beschluss der Strafvollstreckungskammer über die Fortdauer der Unterbringung aufgehoben und die Sache zurückverwiesen wird. Auch dann entstehen die Gebühren vor der Strafvollstreckungskammer nach Abs. 1 erneut.[40]

 

Rz. 42

Eine Anrechnung der Verfahrensgebühr in Straf- und Bußgeldsachen ist nicht vorgesehen. Der geringere Aufwand, der darauf beruht, dass der Verteidiger bereits mit der Sache vertraut ist, kann ggf. nach § 14 Abs. 1 gebührenmindernd zu berücksichtigen sein.

 

Beispiel: Auf die Berufung des Angeklagten hebt das LG das Urteil des AG auf und verweist die Sache zur erneuten Verhandlung an das AG zurück, wo in zwei Terminen erneut verhandelt wird. Bei Ansatz jeweils einer Mittelgebühr ergibt sich folgende Berechnung:

I. Ausgangsverfahren

 
1. Verfahrensgebühr, VV 4106   181,50 EUR
2. Terminsgebühr, VV 4108   302,50 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 504,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   95,76 EUR
Gesamt   599,76 EUR

II. Verfahren nach Zurückverweisung

 
1. Verfahrensgebühr, VV 4106   181,50 EUR
2. Terminsgebühr, VV 4108   302,50 EUR
3. Terminsgebühr, VV 4108   302,50 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 806,50 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   153,24 EUR
Gesamt   959,74 EUR
[39] OLG Düsseldorf JurBüro 1994, 425; AG Wernigerode 30.1.2015 – 7 Ds 835 Js 81311/12, AGS 2015, 224 = RVGreport 2015, 137 = NJW-Spezial 2015, 316.
[40] OLG Düsseldorf AGS 2002, 127 = NStZ-RR 2002, 192.

c) Verfahren nach VV Teil 6

 

Rz. 43

Auch in Verfahren nach VV Teil 6 gilt Abs. 1. Eine Anrechnung ist hier allerdings ebenfalls nicht vorgesehen. Soweit Rahmengebühren anfallen, kann auch hier die Vorbefassung ggf. nach § 14 Abs. 1 gebührenmindernd zu berücksichtigen sein.

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