Gesetzestext

 

(1) 1Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. 2In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen erhoben werden, sind die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechend anzuwenden, wenn für das Verfahren keine Gerichtsgebühr oder eine Festgebühr bestimmt ist. 3Diese Wertvorschriften gelten auch entsprechend für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. 4§ 22 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) 1In Beschwerdeverfahren, in denen Gerichtsgebühren unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nicht erhoben werden oder sich nicht nach dem Wert richten, ist der Wert unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach Absatz 3 Satz 2 zu bestimmen, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. 2Der Gegenstandswert ist durch den Wert des zugrunde liegenden Verfahrens begrenzt. 3In Verfahren über eine Erinnerung oder eine Rüge wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs richtet sich der Wert nach den für Beschwerdeverfahren geltenden Vorschriften.

(3) 1Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gelten in anderen Angelegenheiten für den Gegenstandswert die Bewertungsvorschriften des Gerichts- und Notarkostengesetzes und die §§ 37, 38, 42 bis 45 sowie 99 bis 102 des Gerichts- und Notarkostengesetzes entsprechend. 2Soweit sich der Gegenstandswert aus diesen Vorschriften nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 5 000 Euro, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500 000 Euro anzunehmen.

A. Vorbemerkung: Amtliche Begründung der Änderungen

 

Rz. 1

Die Vorschrift regelt die Wertermittlung

der anwaltlichen Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren (Abs. 1 S. 1),
der anwaltlichen Tätigkeit, die Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte (Abs. 1 S. 3),
in Beschwerde- und Erinnerungsverfahren (Abs. 2),
in sonstigen Angelegenheiten (Abs. 3)

und deckt damit sämtliche anwaltliche Tätigkeitsfelder ab. In jedem Fall sind jedoch vorrangig die in §§ 24–31 enthaltenen Sonderregelungen zur Wertbestimmung in besonderen gerichtlichen Verfahrensarten zu beachten (Abs. 3).[1]

[1] BeckOK RVG/Sommerfeldt/Sommerfeldt, RVG Vorbem. § 23.

B. Allgemeines

I. Terminologie: Gegenstandswert, Streitwert, Geschäftswert

 

Rz. 2

Die Anwaltsvergütung setzt sich zusammen aus Gebühren und Auslagen (§ 1 Abs. 1 S. 1). Die Vergütung bemisst sich nach dem "Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit" (Gegenstandswert; § 2 Abs. 1). Die Regelung ordnet nicht die Zusammenrechnung mehrerer Anträge an, sondern die Zusammenrechnung der "Werte mehrerer Gegenstände". Die zufällige Aufteilung eines einheitlichen Streitgegenstands in mehrere Anträge ist für den Gegenstandswert nicht entscheidend.[2]

Im gerichtlichen Verfahren heißt der Oberbegriff für Gebühren und Auslagen Kosten (§ 1 GKG). Die Höhe der Gebühren bestimmt sich nach dem "Wert des Streitgegenstands" (Streitwert; § 3 Abs. 1 GKG).

Im GNotKG lautet der Oberbegriff für Gebühren und Auslagen ebenfalls Kosten (§ 1 Abs. 1 GNotKG). Die Gebühren richten sich nach dem Wert, den der Gegenstand des Verfahrens oder des Geschäfts hat (Geschäftswert; § 3 Abs. 1 GNotKG).

II. Bewertung

 

Rz. 3

Damit steht fest, was zu bewerten ist, nicht aber, wie zu bewerten ist. Das richtet sich für die Anwaltsgebühren nach § 23. Diese Vorschrift behandelt fünf verschiedene Sachverhalte:

Gerichtliches Verfahren: Findet ein gerichtliches Verfahren statt und entsprechen sich gerichtliche und anwaltliche Tätigkeiten, dann sind beide nach dem Streitwert zu berechnen, also nach dem Wert, der für das gerichtliche Verfahren maßgebend ist (Abs. 1 S. 1). So ist auch zu berechnen, wenn im Gerichtskostengesetz Festgebühren vorgesehen sind, da diese nicht für die Vergütung des Anwalts gelten (Abs. 1 S. 2). Gleiches gilt, wenn bei Gericht gar keine Gebühren vorgesehen sind.
Kein gerichtliches Verfahren: Findet kein gerichtliches Verfahren statt, könnte aber die Tätigkeit des Anwalts Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein, dann sind die Streitwertvorschriften für dieses gerichtliche Verfahren sinngemäß anzuwenden (Abs. 1 S. 3). Für den Bewertungsmodus macht es keinen Unterschied, ob ein Verfahren anhängig ist oder nicht.
Gebührenfreie oder nicht streitwertgebundene Beschwerdeverfahren: Der Gegenstandswert ist nach billigem Ermessen zu schätzen, begrenzt durch den Wert des zugrunde liegenden Verfahrens (Abs. 2 S. 1, 2; Abs. 3 S. 2).
Erinnerung oder Anhörungsrüge: Die Streitwertberechnung für Beschwerdeverfahren ist maßgebend (Abs. 2 S. 2).
Hilfsvorschriften: Daneben gibt es Sachverhalte, für die es an einem passenden Streitwert fehlt. Ob ein gerichtliches Verfahren eingeleitet worden ist oder ni...

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