Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren
Rz. 3
Im Verfahren über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bzw. über den Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts richtet sich der Gegenstandswert nach dem für die Hauptsache maßgebenden Wert. Demgegenüber kommt es nicht auf das Kosteninteresse, also nicht auf das Interesse an der Befreiung von Kosten der Verfahrensführung an. Daran ändert sich auch nichts, wenn die Bewilligung unter Anordnung einer Ratenzahlung oder eines Einsatzes von Vermögen erfolgt.
Rz. 4
Wird nur für einen Teil der Hauptsache Prozesskostenhilfe beantragt, so ist auch nur dieser Teil maßgebend.
Rz. 5
Bei einer Stufenklage nach § 254 ZPO ist für die anwaltliche Verfahrensgebühr wie für die Gerichtsgebühren immer der höchste der verbundenen Ansprüche, regelmäßig der Wert des Leistungsanspruchs, maßgebend, § 44 GKG, § 38 FamGKG. Dies gilt auch dann, wenn es nicht zur Verhandlung über den Leistungsanspruch kommt oder wenn nach Auskunft oder aus sonstigen Gründen der Leistungsantrag nicht mehr beziffert wird. Denn der Leistungsanspruch wird mit der Klageerhebung bereits rechtshängig und stellt damit – unabhängig von seiner Bezifferung – wegen des nur vorbereitenden Charakters des Auskunfts- und Versicherungsverlangens immer den höchsten Einzelwert dar. Damit fällt aber auch die anwaltliche Verfahrensgebühr sogleich für das Leistungsbegehren an. Dies gilt entsprechend für ein Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren und die Verfahrensgebühr (VV 3335), die Terminsgebühr bzw. die Einigungsgebühr.
2. Aufhebungsverfahren nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
Rz. 6
Im Verfahren über die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bestimmt sich der Gegenstandswert nach dem für die Hauptsache maßgebenden Wert. Gemeint ist auch hier die Hauptsache, soweit sich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe darauf bezieht.
Rz. 7
Bei einer Beschwerde bzw. Rechtsbeschwerde gegen die Prozesskostenhilfe versagende Entscheidung bestimmt sich der Wert des Beschwerdeverfahrens bzw. Rechtsbeschwerdeverfahrens ebenso nach dem Wert der Hauptsache. Entsprechendes gilt, wenn sich das Rechtsmittel gegen die Versagung der Beiordnung bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Übrigen richtet. § 23a enthält keine Einschränkung auf das erstinstanzliche Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren und ist aufgrund der systematischen Stellung auch für die Rechtsanwaltsgebühren im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren anwendbar.
3. Abänderungsverfahren (§ 120a ZPO) und Aufhebungsverfahren (§ 124 Abs. 1 Nr. 2–5 ZPO)
Rz. 8
Im Übrigen ist das Kosteninteresse nach billigem Ermessen zu bestimmen. Gemeint sind hiermit die Fälle des § 120a ZPO und § 124 Abs. 1 Nr. 2–5 ZPO. Legt der Anwalt also beispielsweise Beschwerde gegen einen Aufhebungsbeschluss ein, der sich auf die Gründe des § 124 Nr. 2–4 ZPO stützt, bestimmt sich der Wert nach dem Kosteninteresse. Dasselbe gilt in den Fällen der Abänderung der zu leistenden Zahlungen. Geht es um die Aufhebung von Prozesskostenhilfe, ergibt sich das Kosteninteresse aus der Wahlanwaltsvergütung und den Gerichtskosten, die der Auftraggeber dann zahlen müsste.
Rz. 9
Beispiel: Für einen Rechtsstreit auf Zahlung von 10.000 EUR erhält der Auftraggeber Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlung unter Beiordnung des Rechtsanwalts bewilligt. Die Klage wird nach der Beweisaufnahme abgewiesen. Der Mandant hat bisher sieben Raten zu 90 EUR gezahlt. Nachdem er aber seit mehr als drei Monaten mit der Zahlung weiterer Raten in Verzug ist, wird die Prozessbewilligung aufgehoben (§ 124 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Der Rechtsanwalt legt für den Mandanten gegen die Aufhebung der PKH Beschwerde ein. Wie hoch ist der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens?
Zunächst muss der Gegenstandswert ermittelt werden. Dieser bemisst sich nach dem Kosteninteresse (§ 23a Abs. 1, 2. Hs.). Das Kosteninteresse entspricht den Kosten, von denen der Mandant letztlich befreit werden möchte. Dazu zählen:
I. Die PKH-Gebühren, die die Staatskasse aus einem Wert von 10.000 EUR bereits an den Prozessbevollmächtigten nach § 49 ausgezahlt hat, hier:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 |
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440,70 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 |
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406,80 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
867,50 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
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164,83 EUR |
Gesamt |
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1.032,33 EUR |
II. Der Rechtsanwalt kann die Differenz der Prozesskostenhilfevergütung zur Wahlanwaltsvergütung nach Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nunmehr von dem Auftraggeber verlangen, da die Forderungsspe...