Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
a) Künftiges Arbeitseinkommen
aa) Unterhalts- und Rentenansprüche
Rz. 48
Wird künftig fällig werdendes Arbeitseinkommen oder werden künftig fällig werdende laufende Sozialleistungen in der Form von Geldleistungen wegen fälliger und künftig noch fällig werdender Unterhaltsansprüche oder wegen Rentenansprüchen infolge Verletzung des Körpers oder der Gesundheit gepfändet (sog. Vorratspfändung gemäß § 850d Abs. 3 ZPO), so sind bei der Ermittlung des Werts der zu vollstreckenden Forderung die fälligen Ansprüche zu berücksichtigen (Nr. 1, 1. Hs., § 51 Abs. 2 S. 1 FamGKG, § 42 Abs. 3 GKG) und die noch nicht fälligen Ansprüche gemäß § 51 Abs. 1 FamGKG (Unterhalt) und § 9 ZPO (Körperverletzung, siehe auch Rdn 52) zu bewerten (Nr. 1, 3. Hs.), wobei der Maximalwert der Gesamtbetrag der geforderten Leistung ist (vgl. § 9 S. 2 ZPO).
Rz. 49
Maßgebend als Gegenstandswert ist nach Nr. 1, 1. Hs. grds. der Wert der Forderung, wegen der vollstreckt wird und nicht der Wert der Forderung, in die vollstreckt wird (siehe Rdn 6). Es sind daher nach Nr. 1, 3. Hs. die noch nicht fälligen künftigen Unterhalts- und Rentenansprüche und nicht das künftig fällig werdende Arbeitseinkommen zu bewerten. Nr. 1, 3. Hs. gilt nur für die Vorratspfändung nach § 850d Abs. 3 ZPO, nicht für den Pfändungsumfang bei fortlaufenden Bezügen nach § 832 ZPO.
Beispiel: Pfändung des Arbeitseinkommens wegen einer Unterhaltsforderung in Höhe von 400 EUR monatlich seit dem 1.1.2020. Vollstreckungsauftrag wird am 3.7.2020 erteilt. Fällig sind zu diesem Zeitpunkt bereits 2.800 EUR (400 × 7).
Die zukünftig erst fällig werdenden Unterhaltsansprüche sind mit dem Wert gemäß § 51 Abs. 1 FamGKG (Jahreswert, also 400 × 12 = 4.800 EUR) anzusetzen. Der Gegenstandswert der zu vollstreckenden Forderung beträgt demnach 2.800 + 4.800 = 7.600 EUR.
bb) Geringerer Wert des Arbeitseinkommens
Rz. 50
Umstritten ist, ob die Ausnahmeregelung in Nr. 1, 2. Hs. (geringerer Wert des zu pfändenden Gegenstands) auch bei der Vorratspfändung nach § 850d Abs. 3 BGB gilt, da hierfür im 3. Hs. eine eigene Ausnahmeregelung enthalten ist. Teilweise wird vertreten, dass sich die beiden Ausnahmeregelungen gegenseitig ausschließen und Nr. 1, 3. Hs. bei der Vorratspfändung nach § 850d Abs. 3 ZPO Nr. 1, 2. Hs. vorgeht.
Rz. 51
Die h.M. sieht das zutreffend anders. Es besteht kein Grund, im Falle der Vorratspfändung gemäß § 850d Abs. 3 ZPO stets auf den Wert der zu vollstreckenden Unterhalts- oder Rentenforderung abzustellen, wenn das zu pfändende, künftig fällig werdende Arbeitseinkommen nicht vorhanden ist, etwa weil das Arbeitsverhältnis bereits vor Einleitung der Zwangsvollstreckung aufgelöst war. Es gelten insoweit die gleichen Überlegungen wie bei der erfolglosen Vollstreckung wegen anderer Forderungen (siehe Rdn 38 ff.).
cc) Bewertung von Rentenansprüchen nach § 9 ZPO
Rz. 52
Wird gemäß § 850d Abs. 3 ZPO wegen der aus Anlass einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu zahlenden Renten zugleich mit der Pfändung wegen fälliger Ansprüche auch künftig fällig werdendes Arbeitseinkommen wegen der dann jeweils fällig werdenden Ansprüche gepfändet, sind die noch nicht fälligen Ansprüche nach § 9 ZPO zu bewerten. Dabei ist unerheblich, ob es sich um eine Rente wegen einer unerlaubten Handlung oder um eine vertragliche Rente handelt. Der dreieinhalbfache Jahresbetrag (42 Monate) – und nicht wie bei § 42 Abs. 1 GKG a.F. der fünffache Jahresbetrag (60 Monate) – stellt damit die Höchstgrenze dar. Bereits fällige Beträge werden nach § 42 Abs. 3 GKG zusätzlich bewertet.
Beispiel: Pfändung des Arbeitseinkommens wegen einer Rentenforderung aus Körperverletzung in Höhe von 400 EUR monatlich seit dem 1.2.2020. Vollstreckungsauftrag wird am 3.8.2020 erteilt. Fällig sind zu diesem Zeitpunkt bereits 2.800 EUR (400 × 7).
Die zukünftig erst fällig werdenden Rentenansprüche sind mit dem Wert gemäß § 9 ZPO (400 × 42 Monate = 16.800 EUR) anzusetzen. Der Gegenstandswert der zu vollstreckenden Forderung beträgt demnach 2.800 + 16.800 = 19.600 EUR.
b) Vorauspfändung/Dauerpfändung
Rz. 53
Die Pfändung wegen zukünftig erst noch fällig werdender Unterhaltsansprüche ist aber nicht nur in Arbeitseinkommen zulässig, sondern auch in Kontoguthaben. Man spricht insoweit von einer Vorauspfändun...