1. Verfahren, in denen das GKG nicht anwendbar ist
Rz. 143
Für die Kostenerstattung in Verfahren nach Abs. 1 S. 1, in denen das GKG nicht anzuwenden ist, sind die Regelungen in § 193 Abs. 2 bis 4 SGG maßgeblich.
Rz. 144
Nach § 193 Abs. 2 SGG sind nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Notwendigkeit einer Aufwendung beurteilt sich aus der Sicht einer verständigen Partei, die bemüht ist, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten. Dabei ist auf den Zeitpunkt der die Aufwendungen verursachenden Handlung abzustellen sowie darauf, ob die Partei im entscheidungserheblichen Zeitpunkt die Aufwendung für sachgerecht halten durfte.
Rz. 145
Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts nach dem RVG aus der Tätigkeit vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sind nach § 193 Abs. 3 SGG stets erstattungsfähig. Für die Bestimmung der Vergütung ist das RVG auch dann anzuwenden, wenn der Prozessbevollmächtigte kein Rechtsanwalt, sondern ein zugelassener Rentenberater oder Prozessagent ist. Nicht gesondert geregelt ist in § 193 Abs. 2 bis 4 SGG die Erstattungsfähigkeit der Gebühren eines Rechtsanwalts aus dessen Tätigkeit in einem nach § 78 SGG zwingend vorgeschriebenen Vorverfahren. Nach h.M. gehören diese Kosten aber zu den Kosten des dem Vorverfahren nachfolgenden Gerichtsverfahrens und sind nach § 193 Abs. 2, 3 SGG zu erstatten. Über die Frage der Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren entscheidet in Ermangelung einer § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO entsprechenden Regelung der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle im Rahmen der Kostenfestsetzung. Dabei ist die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts in sozialgerichtlichen Vorverfahren aus einer Sicht ex ante zu beurteilen. Maßgeblicher Zeitpunkt ist die förmliche Vollmachtserteilung oder bei einer Beauftragung bereits im Verwaltungsverfahren der Auftrag zur Einlegung des Widerspruchs. Maßgebend ist die Sicht eines verständigen Beteiligten unter Würdigung der gesamten Umstände. Dabei darf die Erkenntnis und Urteilsfähigkeit des Bürgers nicht überschätzt werden; die Beauftragung eines Rechtsanwalts ist das gute Recht eines Bürgers. Allerdings sind die wirtschaftliche Bedeutung und der Schwierigkeitsgrad der Angelegenheit zu berücksichtigen. Ebenfalls sind zu beachten neben dem Bildungs- und Kenntnisstand des Bürgers die Schwierigkeit und der Bekanntheitsgrad der einschlägigen Rechtsmaterie, die Intensität der Rechtsbeziehung zwischen Bürger und Behörde und die Frage, ob der Schwerpunkt eher im rechtlichen oder im tatsächlichen Bereich liegt. In der Regel ist aber – nicht nur bei schwierigen und umfangreichen Sachverhalten – die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts zu bejahen. Nur nach Maßgabe dieser Beurteilungsmaßstäbe ist auch zu bewerten, ob die Kosten eines Rechtsanwalts, der sich im Nachprüfungsverfahren selbst vertritt, erstattungsfähig sind. Ebenfalls notwendig können nach den dargestellten Beurteilungsmaßstäben die Aufwendungen für eine anwaltliche Beratung im Nachprüfungsverfahren sein. Ein Vergütungsanspruch für eine anwaltliche Tätigkeit im Rahmen der Zwangsvollstreckung kann nicht im Rahmen der gerichtlichen Kostenfestsetzung gemäß §§ 193, 197 SGG nach Abschluss des Erkenntnisverfahrens geltend gemacht werden.
Nicht nach § 193 Abs. 2 SGG erstattungsfähig sind Fahrtkosten, die durch den Beteiligten nicht fristgemäß nach § 191 SGG geltend gemacht worden sind, da § 191, 1. Hs. SGG den Regelungen in § 193 SGG vorgeht. Ebenfalls nicht erstattungsfähig sind nach § 193 Abs. 4 SGG die von einem Beteiligten nach § 184 SGG entrichteten Pauschgebühren. Erstattungsfähig sind auch Kosten zur Vorbereitung eines Rechtsstreits, wozu ausnahmsweise auch Kosten für ein Privatgutachten zählen können, wenn das Gutachten nötig oder mindestens für den Ausgang des Rechtsstreits förderlich war. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Kläger für die Begründung des Verfahrens sonst nicht zu schwierigen Fachfragen oder medizinischen Ausführungen der anderen Verfahrensbeteiligten sachkundig Stellung nehmen kann. Die Einholung eines Privatgutachtens ist im Klageverfahren regelmäßig nicht erforderlich, da das Gericht von Amts wegen ermittelt und der Kläger auch die Möglichkeit hat, einen Antrag nach § 109 SGG zu stellen. Im einstweiligen Rechtsschutz ist die Situation eine andere.