a) Vertretung nur eines von mehreren Antragstellern

 

Rz. 9

Sofern der Anwalt nur einen von mehreren Antragstellern in einem Verfahren nach dem SpruchG vertritt, ist der Gegenstandswert für die Tätigkeit dieses Anwalts nach Abs. 1 zu ermitteln. Sofern der Vertretene alleiniger Antragsteller ist, gilt der volle gerichtlich festgesetzte Wert; auf § 31 kommt es dann nicht an.

b) Bruchteilsberechnung

 

Rz. 10

Die Vorschrift des Abs. 1 S. 1 bestimmt, dass sich der Gegenstandswert zwar nach dem für die Gerichtsgebühren festgesetzten Geschäftswert richtet, hier aber nur ein entsprechender Anteil zu berücksichtigen ist. Maßgebend ist nur der Bruchteil des für die Gerichtsgebühren geltenden Geschäftswerts, der sich aus dem Verhältnis der Anzahl der Anteile des Auftraggebers zu der Gesamtzahl der Anteile aller Antragsteller (nicht sämtlicher vorhandener Anteile) ergibt. Anteile von außenstehenden Aktionären, die nicht auf Antragstellerseite beteiligt sind, also keinen Antrag gestellt haben, bleiben bei der Bestimmung des Geschäftswerts außen vor.[4] Sie werden nicht herangezogen, da ihnen lediglich die Stellung streitgenössischer Nebenintervenienten zukommt.[5] Ebenso bleiben Anteile solcher Antragsteller für die Wertermittlung außer Betracht, die ihre Aktionärsstellung nicht nachgewiesen haben und deren Anträge infolgedessen bereits unzulässig sind. Da sie schon formell nicht am Verfahren beteiligt sind, kann ihnen auch der Geschäftswert nicht (teilweise) zugerechnet bzw. der auf sie – möglicherweise – entfallende Aktienbesitz bei der Bestimmung des Gegenstandswerts nicht berücksichtigt werden.[6]

[5] Hartung/Römermann, RVG, § 31 Rn 9.

c) Berechnungsformel

 

Rz. 11

Vereinfacht lässt sich dies mit folgender Formel ausdrücken:

Gegenstandswert für den jeweiligen Anwalt =

 
Geschäftswert der Gerichtsgebühren × Anzahl der Anteile des Auftraggebers  
Gesamtzahl der Anteile aller Antragsteller

Vorzugehen ist in mehreren Schritten:

a) Zunächst einmal muss die Zahl der Anteile des Auftraggebers ermittelt werden.
b) Sodann ist die Gesamtzahl der Anteile sämtlicher Antragsteller zu ermitteln. Sofern nicht sämtliche hier maßgebenden Faktoren zu ermitteln sind, ist nach Abs. 1 S. 3 zu verfahren.
c) Hiernach ist dann der Bruchteil a) / b) zu ermitteln.
d) Sodann ist der Geschäftswert des gesamten Verfahrens nach § 74 GNotKG zu ermitteln und gegebenenfalls gerichtlich festsetzen zu lassen.
e) Schließlich ist dann der nach d) festgesetzte oder ermittelte Wert mit dem sich aus c) ergebenden Bruch zu multiplizieren.
f) Sofern sich danach ein geringerer Wert als 5.000 EUR ergibt, wird dieser nach Abs. 1 S. 4 auf 5.000 EUR angehoben.[7]
 

Beispiel 1: Der Anwalt vertritt einen von fünf Antragstellern, der 100 Anteile hält. Die übrigen Antragsteller halten insgesamt 700 Anteile. Der Geschäftswert wird auf 400.000 EUR festgesetzt.

Der Gegenstandswert für die Tätigkeit des Anwalts berechnet sich wie folgt:

100/700 × 400.000 EUR = 57.142,86 EUR.

 

Beispiel 2: Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller zu 1. bis 5. (siehe Beispiel 1) wird der angefochtene Beschluss abgeändert und die Barabfindung über den vergleichsweise zugesprochenen Betrag in Höhe von 500 EUR je Stückaktie hinausgehend auf 1.000 EUR festgesetzt. Die verfahrensbeteiligten Aktien belaufen sich auf insgesamt 2.000 Stück. Der Gesamtgegenstandswert beträgt 1.000.000 EUR (1.000 EUR – 500 EUR x 2.000). Der Anwalt vertritt die Antragsteller zu 1. bis 3. und kann die Gebühren des Beschwerdeverfahrens nach dem jeweiligen auf sie entfallenden Anteil abrechnen.

 
Antragsteller vertretene Aktien verfahrensanteilige Beteiligung: 2.000 = 100

Teilwert

1.000.000 EUR = 100
Antragsteller 1. 150   75.000 EUR
Antragsteller 2. 270   135.000 EUR
Antragsteller 3. 380   190.000 EUR
Antragsteller 4. 540   ...
Antragsteller 5. 72    

Die Gebühren des Anwalts berechnen sich danach aus dem Gegenstandswert von (75.000 EUR + 135.000 EUR + 190.000 EUR =) 400.000 EUR (§ 31 Abs. 2).

[7] OLG Düsseldorf 27.4.2017 – I-26 W 25/12 (AktE), NZG 2018, 351; OLG Düsseldorf 2.11.2015 – I-26 W 7/15 (AktE), MDR 2016, 304; so auch Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, § 31 Rn 4.

d) Berechnung bei Mindestwert

 

Rz. 12

Liegt der Wert des gesamten Verfahrens unterhalb des Betrags von 200.000 EUR und wird daher nach § 74 S. 1 GNotKG der Mindestwert von 200.000 EUR festgesetzt, so ist auch dieser für die Quotelung nach § 31 maßgebend.[8] Der nach § 74 GNotKG geltende Mindestgeschäftswert von 200.000 EUR kann auch dann nicht unterschritten werden, wenn ein Antrag in einem Spruchverfahren als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen wird.[9]

 

Beispiel 3: Der Anwalt vertritt einen von fünf Antragstellern, die insgesamt 4.000 Aktien halten. Der vom Anwalt vertretene Antragsteller hält 1.000 Aktien. Das Gericht spricht nach § 1 Nr. 3 SpruchG eine zusätzliche Barabfindung von 40 EUR aus. Der Gesamtwert des Verfahrens beläuft sich gemäß § 74 GNotKG auf (40 × 4.000 EUR =) 160.000 EU...

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