Lotte Thiel, Norbert Schneider
a) Erforderlichkeit einer vorläufigen Wertfestsetzung
Rz. 80
Nach Eingang eines Antrags hat das Gericht den Verfahrenswert vorläufig festzusetzen (§ 55 Abs. 1 S. 1 FamGKG), damit die Gerichtsgebühren erhoben werden können, insofern Gebühren mit der Einreichung des Antrags, der Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig werden. Die danach erforderliche Fälligkeit von Gebühren ergibt sich aus § 9 FamGKG. Die Fälligkeit der Gerichtsgebühren tritt mit Einreichung eines Antrags nur
ein.
Rz. 81
In diesen Fällen wird die Zustellung der Antragsschrift von der Vorauszahlung abhängig gemacht (§ 14 Abs. 1 S. 1 FamGKG), sodass es einer vorläufigen Wertfestsetzung bedarf.
Rz. 82
Wird Widerantrag gestellt, ist eine Vorauszahlung nicht erforderlich.
Rz. 83
Im Übrigen werden Gerichtsgebühren nur unter der Voraussetzung des § 11 FamGKG fällig, das heißt
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bei unbedingter Entscheidung über die Kosten, |
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bei Beendigung des Verfahrens durch Vergleich oder Zurücknahme, |
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wenn das Verfahren sechs Monate ruht oder nicht betrieben wird, |
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wenn das Verfahren sechs Monate unterbrochen oder durch |
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anderweitige Erledigung beendet ist. |
Rz. 84
Das gilt auch für Folgesachen. Im Verbund wird nur die Gebühr, die sich aus dem Wert der Ehesache berechnet, sofort fällig. Die Gebühr aus dem Wert von Folgesachen – auch für die von Amts wegen einzuleitende Folgesache Versorgungsausgleich – wird nicht mit Antragseinreichung fällig, so dass eine vorläufige Wertfestsetzung unzulässig ist. Soweit in der Praxis zum Teil durch Auslegung des Wortlauts der §§ 9 u. 14 FamGKG versucht wird, die Fälligkeit auch auf Folgesachen zu erstrecken, wird dabei übersehen, dass der Gesetzgeber ausweislich seiner Begründung zum FGG-ReformG die Fälligkeit in § 9 FamGKG und die Vorauszahlungspflicht in § 14 FamGKG ausdrücklich nur auf die Ehesache und nicht auch auf Folgesachen erstreckt wissen wollte. Das war auch nach dem bis zum 31.8.2009 geltenden Recht bereits der Fall.
Rz. 85
In anderen als den genannten Verfahren (vgl. Rdn 80) ist daher eine vorläufige Festsetzung nur dann geboten, wenn im Verlaufe des Verfahrens Fälligkeit eintritt (siehe Rdn 83). Anderenfalls ist eine vorläufige Festsetzung nicht erforderlich und sinnlos. Es hat dann nur eine endgültige Wertfestsetzung bei Abschluss des Verfahrens zu erfolgen (siehe Rdn 90).
Rz. 86
Eine vorläufige Wertfestsetzung ist auch entbehrlich, wenn Gegenstand des Verfahrens eine bestimmte Geldsumme in EUR ist oder wenn das Gesetz einen veränderbaren Regelwert vorsieht. Grund hierfür ist, dass in diesen Fällen der Kostenbeamte die fällige Gebühr ohne Weiteres selbst berechnen und anfordern kann. Auch wenn eine vorläufige Wertfestsetzung in diesen Fällen entbehrlich ist, kann das Gericht dennoch vorläufig einen Wert festsetzen.
b) Verfahren der vorläufigen Wertfestsetzung
Rz. 87
Das Gericht setzt den vorläufigen Wert durch Beschluss fest (§ 55 Abs. 1 S. 2 FamGKG). Die vorläufige Wertfestsetzung geschieht ohne Anhörung der Beteiligten und kann jederzeit abgeändert werden (§ 55 Abs. 3 FamGKG). Zudem besteht die Möglichkeit der Beschwerde gegen die Vorauszahlungsanordnung nach § 58 FamGKG, sodass der Antragsteller hinreichend bei einer vorläufigen Wertfestsetzung geschützt ist.